# taz.de -- Guido Westerwelle: Minister auf Abruf | |
> Es ist unwahrscheinlich, dass sich Außenminister Westerwelle noch lange | |
> im Amt halten kann. Die Führung der FDP jedenfalls geht deutlich auf | |
> Distanz zum einstigen Chef. | |
Bild: Parteiinsider setzen nicht mehr auf ihn: Guido Westerwelle. | |
Die Tage von Guido Westerwelle als deutscher Außenminister scheinen | |
gezählt. Wie schlecht es um ihn bestellt ist, dokumentierte am Sonntag die | |
Nachrichtenagentur dpa. Per Eilmeldung verbreitete sie, was vor Kurzem noch | |
als Selbstverständlichkeit nicht der Rede wert gewesen wäre: "FDP-Spitze | |
gegen Westerwelles Ablösung". Besser hätte der rasante Machtverfall des | |
einst starken Mann der Freidemokraten nicht auf den Punkt gebracht werden | |
können. | |
Anlass der aktuellen Turbulenzen um Westerwelle ist dessen Haltung zum | |
Umbruch in Libyen. Nach der Einnahme von Tripolis hatte er einen Teil des | |
Erfolges der libyschen Rebellen gegen Muammar al-Gaddafi auch für sich und | |
die von ihm vertretene Sanktionspolitik reklamiert, das militärische | |
Engagement der Nato hingegen mit keinem Wort gewürdigt. | |
Die Führung der FDP war daraufhin öffentlich auf Distanz gegangen. "Unser | |
tiefer Respekt und unsere Dankbarkeit gelten auch unseren Verbündeten, die | |
Gaddafis Mordeinheiten entscheidend in den Arm gefallen sind", düpierte der | |
FDP-Vorsitzende Philipp Rösler seinen Vorgänger. | |
Intern soll Rösler noch deutlicher geworden sein und Westerwelles | |
Rechtfertigung der deutschen Enthaltung im UNO-Sicherheitsrat | |
unmissverständlich als fehl am Platz bezeichnet haben. Während sich | |
führende FDP-Politiker wie Generalsekretär Christian Lindner hinter den | |
Kulissen eindringlich bemühten, Westerwelle zu einem eindeutigen Nato-Lob | |
zu bewegen, kursierten in Parteikreisen bereits Gerüchte, der glücklose | |
Außenminister könne noch vor den anstehenden Landtagswahlen in | |
Mecklenburg-Vorpommern und Berlin im September abgelöst werden. Bereits am | |
Donnerstag hatten die beiden Altliberalen Gerhart Baum und Hans-Artur | |
Bauckhage seinen Rücktritt gefordert. | |
## Versteckte Kapitulationserklärung | |
Der Druck auf ihn wurde so groß, dass sich der zur Rechthaberei neigende | |
Westerwelle am Wochenende schweren Herzens zu einer Kurskorrektur gezwungen | |
sah. Seine Kapitulationserklärung versteckte er in einem Gastbeitrag in der | |
Welt am Sonntag. | |
Vom Gedenken an den Mauerbau über die Schuldenkrise, den steigenden | |
Meeresspiegel und globale Terrornetzwerke bis zu "Global Governance" grast | |
Westerwelle in dem ganzseitigen Text alles ab, womit man sich als | |
Außenminister so beschäftigt - um mittendrin, scheinbar beiläufig, jene | |
zwei kleinen Sätze zu schreiben, die die FDP-Spitze von ihm verlangt hatte: | |
"Wir sind froh, dass es den Libyern auch mithilfe des internationalen | |
Militäreinsatzes gelungen ist, das Gaddafi-Regime zu stürzen. Wir haben | |
Respekt für das, was unsere Partner zur Erfüllung von Resolution 1973 des | |
UN-Sicherheitsrates geleistet haben." | |
Damit hat Westerwelle wohl vorerst seinen Kopf gerettet. Mit seiner | |
Anerkennung des Libyen-Einsatzes der Nato habe er "spät, aber nicht zu | |
spät" eingelenkt, heißt es aus der Parteiführung. "Ein Ablösungswille" sei | |
deshalb nun nicht mehr vorhanden. | |
Doch aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Der innerparteiliche Unmut über | |
Westerwelle ist weiterhin groß. Denn auch nach seinem Abtritt als | |
FDP-Vorsitzender auf dem Rostocker Parteitag im Mai ist es ihm nicht | |
gelungen, aus dem Stimmungstief herauszufinden.Wenn man ihm eine Wette | |
anböte, dass der derzeitige Außenminister nicht mehr das Ende der | |
Legislaturperiode erlebt, würde er nicht dagegenhalten, sagt ein | |
Parteiinsider. Das sei nur noch eine Frage des konkreten Zeitpunktes. | |
28 Aug 2011 | |
## AUTOREN | |
Pascal Beucker | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Kritik am Bundesaußenminister: Alles auf Guido | |
Beim Thema Auswärtiges Amt geht es in der Haushaltsdebatte des Bundestags | |
normalerweise eher zurückhaltend zu. Diesmal nicht. Ziel der Aggression: | |
Guido Westerwelle. | |
Klausurtagung der FDP-Bundestagsfraktion: Das Ende der Diskussion | |
Die FDP will nichts davon wissen, dass der Stuhl von Westerwelle wackelt. | |
Vor der Klausurtagung der Bundestagsfraktion erklärt Parteichef Rösler die | |
Debatte für beendet. | |
FDP-Politiker erwägt Vertrauensfrage: Westerwelle will es wissen | |
Guido Westerwelle kämpft um sein Amt: Auf der Klausurtagung der FDP will | |
der Außenminister offenbar die Vertrauensfrage stellen. Doch Namen von | |
Nachfolgern kursieren bereits. | |
Ist Guido Westerwelle am Ende?: Narziss am Abgrund | |
Der Außenminister verweigert sich bei der Wertung des Libyen-Einsatzes | |
jeder Selbstkritik. Fehler einzuräumen fällt ihm schwer. Es ist das Drama | |
eines klugen Egozentrikers. | |
Kommentar Guido Westerwelle: Ein langer Abschied | |
Die Versicherungen der FDP-Führung, dass sie an Westerwelle festhält, | |
klingen fast wie Nachrufe. Denn er kann nicht bleiben, weil er aus Fehlern | |
nicht lernt. | |
Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch? | |
Guido Westerwelle hat ausnahmsweise was richtig gemacht - und steht nicht | |
dazu. | |
FDP stellt sich hinter Westerwelle: Kein "Ablösungswille" mehr vorhanden | |
Seine Äußerungen zum Libyen-Einsatz der Nato hatten für Unmut gesorgt - | |
auch in der eigenen Partei. Außenminister Westerwelles späte | |
Respektbezeugung hat ihm nun vorerst den Kopf gerettet. | |
Kommentar Deutschland und Libyen: Die Stunde der Selbstgerechten | |
Nicht Westerwelle allein, nein, die gesamte deutsche Politik war damals | |
angesichts der Ereignisse in Libyen überfordert. Und das gilt auch für | |
Claudia Roth von den Grünen. | |
Libyen nach Gaddafi: Westerwelle will wieder mitspielen | |
Außenminister Guido Westerwelle sieht Deutschland in einer Schlüsselrolle | |
bei der wirtschaftlichen Entwicklung Libyens. Muammar al-Gaddafi will | |
unerkannt durch Tripolis gelaufen sein. |