| # taz.de -- Kommentar Euro-Rettung: Lasst endlich das EU-Parlament ran! | |
| > Zahlreiche Abgeordnete im Deutschen Bundestag wollen den | |
| > EU-Rettungsschirm nicht mittragen - haben aber keine Alternativen parat. | |
| > Und das genau ist das Problem. | |
| Bekommt Griechenland Ende des Monats nicht die nächste Kreditrate aus dem | |
| Europäischen Rettungsschirm, steht es vor dem Bankrott. Für den Euro und | |
| für Deutschland hätte diese Staatspleite unabsehbare Folgen. Die | |
| Diskussionen im Deutschen Bundestag sind also verständlich. | |
| Aber sie sind auch kontraproduktiv. Denn sie schwächen die Eurozone | |
| zusätzlich. Das Schicksal Griechenlands lässt sich nicht von dem der | |
| übrigen Euroländer trennen. Bricht Athen zusammen, droht auch Portugal oder | |
| Italien die Zahlungsunfähigkeit. Gleichzeitig hätten viele europäische | |
| Banken ein riesiges Loch in ihrer Bilanz, denn sie bekämen die Milliarden, | |
| die sie in den vergangenen Jahren für griechische Staatsanleihen ausgegeben | |
| haben, nicht mehr zurück. Eine Panikreaktion an den Börsen wäre dann nicht | |
| unwahrscheinlich. | |
| Auch die deutsche Wirtschaft litte schwer, wenn die Griechen, die bisher so | |
| gerne deutsche Mercedes und BMW gekauft haben, sich das definitiv nicht | |
| mehr leisten können. Die Exporte in das produktionsschwache Land fielen | |
| weitgehend weg. | |
| Natürlich ehrt es den Bundestag, wenn er sein Haushaltsrecht nicht abgeben | |
| will. Auch dass das Risiko für weitere Hilfszahlungen an Griechenland | |
| einigen Abgeordneten zu hoch vorkommt, ist nachvollziehbar. Zudem steckt es | |
| in den deutschen Politikerknochen, dass die Geldpolitik unabhängig sein und | |
| bleiben muss, immerhin wurde so die deutsche D-Mark über Jahrzehnte hinweg | |
| stabil gehalten. | |
| Aber eine Blockade ist eben keine Lösung. | |
| Stattdessen sollten die deutschen Parlamentarier lieber darüber nachdenken, | |
| wie sich die demokratische Krux lösen ließe. Wenn sie die Rettungsschirme | |
| kritisieren, müssen sie Alternativen dazu entwickeln und nicht auf billigen | |
| Populismus setzen, nach dem Motto: Wer nicht brav ist, fliegt raus. | |
| Eine Alternative wäre zum Beispiel die Kontrollrechte des deutschen | |
| Bundestages an das Europäische Parlament in Brüssel zu übertragen. | |
| Schließlich sind auch die Abgeordneten dort direkt von den EU-Bürgern | |
| gewählt und haben somit demokratische Legitimität. Außerdem üben sie | |
| bereits das Haushaltsrecht für das EU-Budget aus. Es wäre also nur logisch, | |
| wenn sie diese Aufgabe auch für den Rettungsschirm übernehmen würden. | |
| Das würde die Euro-Rettung von der Dominanz nationaler Interessen befreien | |
| und die Entscheidungsprozesse beschleunigen. Denn abgesehen von den | |
| wirtschaftlichen Folgen - bricht der Euro zusammen, sind die politischen | |
| Konsequenzen noch viel weitreichender: Die Europäische Union würde in der | |
| Welt an Gewicht verlieren. Der Euro symbolisiert – auch wenn er nicht in | |
| allen Ländern verwendet wird – die Einheit und die Stärke der Gemeinschaft. | |
| Bricht dieses Verbindungsglied weg, ist die Union auch politisch tot. | |
| 6 Sep 2011 | |
| ## AUTOREN | |
| Ruth Reichstein | |
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