# taz.de -- Abstimmungen in Koalitionsfraktionen: Mehrheit für Euro-Hilfen wac… | |
> Die schwarz-gelbe Regierung muss um die Koalitionsmehrheit bei der | |
> Abstimmung über den Euro-Rettungsschirm bangen. Bei Voten in der Unions- | |
> und FDP-Fraktion gab es diverse Nein-Stimmen. | |
Bild: Was nun? Die Probeabstimmung über den Eurorettungsschirm lief wohl nicht… | |
BERLIN dapd/dpa | Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) muss weiter um eine | |
eigene Mehrheit der schwarz-gelben Koalition für die umstrittene Ausweitung | |
des Euro-Rettungsschirms EFSF fürchten. Zwar stimmten beide | |
Regierungsfraktionen am Montagabend in Berlin für die Einbringung des | |
Gesetzentwurfs zur EFSF-Reform. Allerdings gab es in der Union nach | |
Fraktionsangaben zwölf Nein-Stimmen und sieben Enthaltungen. Bei den | |
Liberalen stimmten zwei Abgeordnete dagegen, vier enthielten sich. Damit | |
ist derzeit eine eigene Mehrheit von Schwarz-Gelb bei der Abstimmung des | |
Bundestages Ende September weiter offen. Die Kanzlerin zeigte gleichwohl | |
zuversichtlich, dass ihre Koalition die Reform aus eigener Kraft | |
durchsetzen könne. Insgesamt gilt die Zustimmung des Bundestages durch ein | |
Ja von SPD und Grünen aber als sicher. Die schwarz-gelbe Koalition hat eine | |
Mehrheit von 19 Stimmen im Bundestag. Der Parlamentarische Geschäftsführer | |
der Unions-Fraktion, Peter Altmaier (CDU), sagte am Rande der Sitzung, es | |
sei "ganz natürlich", dass es bei einer Einbringung auch abweichende | |
Stimmen gebe. Am Ende werde die Koalition aber eine Mehrheit haben. | |
Der EFSF-Fonds soll neue Instrumente erhalten und mit einem auf 780 | |
Milliarden Euro aufgestockten Garantierahmen schlagkräftiger werden. | |
Deutschland schultert davon 211 Milliarden Euro - notfalls bis zu 253 | |
Milliarden Euro, wenn ein klammes Euro-Land als Bürge ausfällt. | |
Bei der Abstimmung über die Eurorettung könne Bundeskanzlerin Angela Merkel | |
(CDU) von den Sozialdemokraten keinen Blankoscheck für die Unterstützung | |
der schwankenden Koalitionsmehrheit erwarten, sagte SPD-Generalsekretärin | |
Andrea Nahles am Dienstag. Nahles sagte, die Abstimmung über die | |
Eurorettung sei eine Zerreißprobe für die Koalition. Die SPD habe Merkel | |
zwar angeboten, auch schwierige Entscheidungen mitzutragen. Sie werde die | |
Regierung in dieser Frage aber nicht bedingungslos unterstützen. "Wir | |
brauchen eine Finanztransaktionssteuer und einen Mix aus Investitionen und | |
Sparbemühungen in den von der Krise betroffenen Ländern", forderte Nahles | |
in der "Passauer Neuen Presse". | |
## Merkel steht zu Griechenland | |
Merkel sprach sich unterdessen für einen Verbleib Griechenlands in der | |
Eurozone aus, mahnte aber gleichzeitig deutliche Sparanstrengungen an. Die | |
CDU-Vorsitzende sagte in der Sitzung der Unions-Fraktion nach Angaben von | |
Teilnehmern, wenn Griechenland die an das Land gestellten Sparanforderungen | |
nicht erfülle, werde es keine Mittel geben, weder aus dem laufenden noch | |
aus einem möglichen neuen Hilfspaket. | |
Vor einem Treffen am Abend in Berlin mit EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy | |
machte Merkel aber deutlich, dass sie zu Griechenland steht. Sie halte es | |
für politisch geboten, alle Länder, die in der Eurozone sind, auch drin zu | |
lassen. Sie befasse sich aber auch nicht mit dieser Möglichkeit, "weil das | |
dann einen Dominoeffekt einleiten könnte, der außerordentlich gefährlich | |
für unser Währungssystem wäre", betonte Merkel in einer Pressekonferenz in | |
der CDU-Parteizentrale. Das Land müsse aber das umsetzen, was es im | |
Frühsommer versprochen habe. | |
Auch Van Rompuy wies Forderungen nach einem Austritt Griechenlands aus der | |
Eurozone als wenig sinnvoll zurück. "Das würde mehr Probleme schaffen als | |
Lösungen bieten", sagte er am Montagmorgen im belgischen Sender Radio 1. | |
Europa müsse allerdings den Druck auf die Schuldenstaaten verstärken, damit | |
diese ihre selbst gesteckten Ziele auch tatsächlich erreichten. | |
Zum mangelnden Sparwillen in Rom sagte die Kanzlerin den Angaben zufolge, | |
es sei "keine gute Sache", dass der Anschein erweckt werde, dass | |
Versprechen nicht eingehalten werden. Finanzminister Wolfgang Schäuble | |
(CDU) rief die Unionsabgeordneten zur Geschlossenheit auf. Er pochte erneut | |
auf weitere Reformen in der EU mit dem Ziel der politischen Union. Die | |
Märkte würden erst dann dauerhaft zur Ruhe kommen, wenn es durchgreifende | |
Reformen in Europa gebe. | |
## Meinungsverschiedenheiten | |
An diesem Dienstag berät Schäuble mit seiner finnischen Kollegin Jutta | |
Urpilainen sowie dem Niederländer Jan Kees de Jager über das zweite | |
Hilfspaket für Athen. Finnland pocht auf Zusatz-Garantien und blockiert das | |
Paket. Aus Regierungskreisen in Helsinki verlautete, der finnischen | |
Ministerpräsident Jyrki Katainen werde über den Streit kommende Woche auch | |
mit Merkel beraten. Berlin lehnt Sonderregeln einzelner Euro-Partner | |
zulasten der anderer Länder ab. | |
Wegen Meinungsverschiedenheiten hatten Vertreter der sogenannten Troika aus | |
EU, EZB und IWF die Prüfung der Sparmaßnahmen Griechenlands am vergangenen | |
Donnerstag ausgesetzt. Es hatte unterschiedliche Auffassungen zu den | |
Defizitzahlen Athens und darüber gegeben, wie mit dem Etatdefizit | |
umgegangen werden soll. Mehrere deutsche Politiker hatten daraufhin | |
öffentlich über einen möglichen Austritt des hoch verschuldeten Landes aus | |
der Eurozone nachgedacht. | |
Das Kabinett hatte am vergangenen Mittwoch eine Formulierungshilfe für ein | |
Gesetz zur Stärkung des EFSF beschlossen, über das die Koalitionsfraktionen | |
am Montag abstimmte. Der Bundestag will am 29. September über den | |
erweiterten Euro-Rettungsschirm abschließend befinden, der Bundesrat | |
voraussichtlich in einer Sondersitzung am 30. September. Die erste Lesung | |
im Bundestag ist für Donnerstag geplant. Am Mittwoch wird das | |
Verfassungsgericht ein Urteil zum Rettungsschirm sprechen. | |
6 Sep 2011 | |
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