# taz.de -- Koalitionsstreit Eurokrise: Kurz vor der roten Linie | |
> Angela Merkel und die CDU-Führung versuchen die Skeptiker des | |
> Euro-Rettungsschirms in den eigenen Reihen einzubinden. Doch einige | |
> bleiben bei ihrem Nein. | |
Bild: Au backe! In den eigenen Reihen ist noch Überzeugungsarbeit zu leisten. | |
BERLIN taz | Die CDU-Führung versucht in der Euro-Frage Skeptiker in den | |
eigenen Reihen zu besänftigen. Im September wird der Bundestag über die | |
Ausweitung des Eurorettungsschirms EFSF und später über dessen dauerhaften | |
Nachfolger ESM abstimmen. Doch es ist unsicher, ob Bundeskanzlerin Angela | |
Merkel (CDU) bei dieser zentralen Frage das eigene Lager noch auf ihrer | |
Seite hat. Wenn 20 Parlamentarier Nein sagen, könnte sogar die | |
schwarz-gelbe Koalition kippen. Neuerdings hat auch der CDU-Konservative | |
Wolfgang Bosbach bekundet, dass er dem Paket so nicht zustimmen kann. Der | |
Druck wächst. | |
Die Strategie des Merkel-Lagers ist klar: Man öffnet Ventile, um die | |
Kritiker einzubinden. So verkündete CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe am | |
Montag, dass eine Europa-Kommission installiert wird, in der neben | |
Finanzminister Wolfgang Schäuble auch ESM-Skeptiker wie Michael Fuchs und | |
Philipp Mißfelder präsent sind. Am Dienstag will Merkel der Fraktion auf | |
einer Sondersitzung ihre Euro-Politik erklären. Und auch auf dem | |
CDU-Parteitag im November, auf dem eigentlich nur über Bildung debattiert | |
werden sollte, will man sich nun mit dem Euro befassen. All dies soll den | |
Eindruck zerstreuen, dass Merkel einsame Beschlüsse fällt und Partei und | |
Fraktion nur noch Akklamationsorgane sind. | |
Genau diesen Eindruck haben manche Parlamentarier. Der sächsische CDU-Mann | |
Manfred Kolbe bemängelt, dass die Beschlüsse wieder einmal unter Zeitmangel | |
"durchgepeitscht" würden. Um die Probleme in Ruhe zu besprechen, verlangt | |
er einen Sonderparteitag der Union. Doch den will Merkel nicht. Die | |
Kanzlerin setzt lieber auf Regionalkonferenzen, bei denen sie in der | |
Vergangenheit erfolgreich die Basis auf ihre Seite zog. | |
## Die meisten zweifeln folgenlos | |
Veronika Bellmann, CDU-Bundestagsabgeordnete aus Sachsen, wird Merkels | |
Kommunikationsoffensive indes nicht beeindrucken. Sie wird sich bei der | |
Abstimmung über die Erweiterung des EFSF enthalten. Zu einem Ja unter Druck | |
will sie sich nicht durchringen: "Ich halte die ständige Ausweitung der | |
Aufgaben des Fonds für fragwürdig." Die Skeptiker argwöhnen, dass per | |
Rettungsschirm stabile Staaten wie Deutschland mehr und mehr das | |
finanzielle Risiko der ärmeren Euro-Mitglieder übernehmen müssen. | |
Doch es gibt nicht viele, die sich heute schon zu einem klaren Nein | |
bekennen. Die meisten zweifeln folgenlos. So hält der FDP-Abgeordnete | |
Oliver Luksic Anleihenkäufe durch den Rettungsfonds (EFSF) für | |
"ordnungspolitisch nicht sauber". Allerdings will er der Ausweitung des | |
EFSF schweren Herzens zustimmen. Man müsse überschuldeten Staaten wir | |
Griechenland weiterhin Geld leihen, um den Bruch der Eurozone zu | |
verhindern. "Das ist ein notwendiger Kompromiss", so Luksic. | |
Das sieht FDP-Mann Heinz-Peter Haustein kritischer. "Die Anleihenkäufe | |
lösen das griechische Schuldenproblem nicht, sondern schieben es nur | |
hinaus", sagte Haustein. Aber auch er wird Merkel unterstützen: "Ich will | |
die Koalition nicht zu Fall bringen." | |
So ist das überzeugendste Argument des Merkel-Lagers letztlich kein | |
inhaltliches. Eine Abstimmungsniederlage im Bundestag könnte das Ende der | |
Regierung bedeuten. Das diszipliniert. Denn Neuwahlen sind vor allem für | |
die FDP derzeit keine erfreuliche Aussicht. | |
22 Aug 2011 | |
## AUTOREN | |
H. Koch | |
S. Reinecke | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Abstimmungen in Koalitionsfraktionen: Mehrheit für Euro-Hilfen wackelt | |
Die schwarz-gelbe Regierung muss um die Koalitionsmehrheit bei der | |
Abstimmung über den Euro-Rettungsschirm bangen. Bei Voten in der Unions- | |
und FDP-Fraktion gab es diverse Nein-Stimmen. | |
Kabinettsbeschluss zum Rettungsschirm: Der steinige Weg zur Euro-Rettung | |
Mehr Spielraum für den Euro-Rettungsfonds - aber mehr Einfluss für das | |
Parlament. Zwar hat das Kabinett die Reform gebilligt, zentrale Fragen aber | |
bleiben unbeantwortet. | |
Hilfe für Europa: Bundestag lehnt Blankoscheck ab | |
Wie lässt sich der Bundestag an der Euro-Rettung beteiligen? Experten von | |
CDU und Grünen reden von "Gratwanderung". Und kommen zu sehr ähnlichen | |
Lösungen. | |
Diskussion um Euro-Hilfen: Bundestag will im Spiel bleiben | |
Über Milliardenkredite zur Eurorettung muss auch künftig im Parlament | |
debattiert werden. Könnten aber die Abgeordneten im Ernstfall ein "Nein" | |
durchsetzen? | |
Debatte um Euro-Rettung: Hessen droht mit Vermittlungsausschuss | |
Die Rettungsmaßnahmen für den Euro sind weitreichend. Sie müssen besser | |
parlamentarisch legitimiert werden, fordert Hessens Justizminister Jörg-Uwe | |
Hahn. | |
CDU-Finanzexperte über die Eurokrise: "Eurobonds verlängern Schuldenparty" | |
Einheitliche Euro-Anleihen nehmen den Spardruck von Regierungen, sagt | |
Klaus-Peter Flosbach. Und erwartet von seiner Fraktion ein klares Nein zu | |
Eurobonds. | |
Knatsch in der schwarz-gelben Koalition: Rote Linie Eurobonds | |
Nach der Sommerpause muss Kanzlerin Merkel nicht nur in Europa kämpfen – | |
auch in den eigenen Reihen muss sie sich durchsetzen. Doch die Zahl der | |
Neinsager ist in der Sommerpause gewachsen. | |
Finanzkrise: Regierung sagt Nein zu Eurobonds | |
Das Finanzministerium rechnet mit Mehrkosten von bis zu 25 Milliarden Euro | |
nach zehn Jahren – wenn die Eurobonds eingeführt werden. Die | |
Bundesregierung ist dagegen. | |
Die Kosten der Eurobonds: Das große Horrorszenario | |
Das Münchener Wirtschaftsforschungsinstitut Ifo behauptet, Eurobonds | |
könnten für Deutschland teuer werden – bis zu 47 Milliarden Euro jährlich. | |
Regierung streitet über Euro-Rettung: Der Bonds steht im Raum | |
Rettungspakete reichen nicht mehr, die Bundesregierung erwägt Eurobonds als | |
Krisenlösung – obwohl Finanzminister Schäuble sie offiziell ausschließt. |