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# taz.de -- Die Kosten der Eurobonds: Das große Horrorszenario
> Das Münchener Wirtschaftsforschungsinstitut Ifo behauptet, Eurobonds
> könnten für Deutschland teuer werden – bis zu 47 Milliarden Euro
> jährlich.
Bild: Die Schätzungen des Ifo-Instituts zu den Kosten der Eurobonds sind fragw…
BERLIN taz | Wie falsch das Ifo-Institut mit seinen Einschätzungen zuweilen
liegt, zeigte sich gleich zu Beginn der Veranstaltung. Mehr als 70
Journalisten drängten sich in den Saal im Haus der Bundespressekonferenz,
um der Präsentation des Münchner Wirtschaftsforschungsinstituts zum Thema
Eurobonds beizuwohnen. Der Raum ist allerdings nur für 30 Personen
konzipiert.
"Das war wohl eine Fehlprognose", sagte der Konjunkturchef des
Ifo-Instituts, Kai Carstensen, verlegen. Er habe nicht damit gerechnet,
dass sich so viele für dieses Thema interessieren würden.
Ganz und gar nicht verlegen zeigte sich Carstensen hingegen bei der
anschließenden Präsentation seiner neuen Berechnungen. Bis zu 47 Milliarden
Euro mehr im Jahr könnten auf den deutschen Steuerzahler zukommen, falls
sich die 17 Euro-Staaten auf die Ausgabe gemeinsamer Eurobonds einigen
sollten.
Diese gemeinsame Anleihe würde Deutschland teuer zu stehen kommen, warnte
Carstensen. Er sprach von "Risikohaftung für das Ausland", die das Wachstum
und die Investitionen deutlich einschränken würden. Aus diesem Grunde
spreche er sich gegen Eurobonds aus.
Um überhaupt auf diese gehörige Summe zu kommen, legte Carstensen einen
durchschnittlichen Zinssatz aller Euro-Länder zugrunde. Der lag im Juli für
zehnjährige Staatsanleihen bei 4,6 Prozent, während er für Deutschland nur
2,6 Prozent betrug.
Würden Eurobonds eingeführt werden, falle für Deutschland dieser
Zinsvorteil von 2,0 Prozentpunkten weg. Bei einer derzeitigen
Staatsverschuldung von 2.080 Milliarden Euro würde auf die Deutschen eine
Mehrbelastung von jährlich 47 Milliarden zukommen.
## Die Rechnung geht nicht auf
Eine Summe, die viele Bundesbürger erschrecken dürfte. Doch die
Berechnungen des Ifo-Instituts weisen gleich mehrere Denkfehler auf. Es
legt erstens den Gesamtschuldenstand von Bund, Ländern und aller Kommunen
in Deutschland zugrunde. Die Bruttoneuverschuldung - und um die geht es bei
der Ausgabe von Eurobonds ja - liegt derzeit jedoch bei rund 300 Milliarden
Euro im Jahr.
Carstensen musste denn auch einräumen, dass die Summe im ersten Jahr auch
nur sechs Milliarden betrage, im zweiten Jahre kämen weitere sechs hinzu.
Erst wenn die gesamte Verschuldung auf Euro-Bonds umgestellt ist, kämen 47
Milliarden Euro zustande. Das wäre aber frühestens 2037.
Zweitens rechnete das Ifo-Institut mit dem Zinsunterschied von Ende Juli,
dem vorläufigen Höhepunkt der derzeitigen Schuldenkrise. Würde hingegen mit
dem durchschnittlichen Zinsunterschied über einen längeren Zeitraum
gerechnet, ergäben sich schon gleich sehr viel geringere Werte.
## Alles nur Annahmen
Auch da räumte Carstensen ein, dass es sich bei seinen Berechnungen ja
lediglich um "eine Annahme handele und nicht um eine Prognose".
Was Carstensens Horrorszenario aber vor allem unglaubwürdig macht: Der von
ihm zugrunde gelegte Zinsaufschlag ist unrealistisch. Der
Gesamtschuldenstand aller Euro-Länder liegt derzeit bei knapp sieben
Billionen Euro.
Würden so viele Eurobonds ausgegeben werden, könnten die Euroländer mit dem
Anleihenmarkt der USA mithalten. Schon jetzt zeichnet sich ab, dass
Eurobonds sich großer Beliebtheit erfreuen würden. Denn vor allem
asiatische Länder, die auf hohe Auslandsreserven setzen, sind angesichts
des kriselnden Dollars sehr an einer weiteren Reservewährung interessiert.
Allein deswegen könnte es sein, dass die Zinsen für Eurobonds wegen der
hohen Liquidität sogar unter den derzeitigen Stand von deutschen
Bundesanleihen sinken könnten.
17 Aug 2011
## AUTOREN
Felix Lee
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