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# taz.de -- Griechenlands drohende Insolvenz: Hoffen auf die Katastrophe
> Ängstlich blicken Brüsseler Diplomaten auf die Abstimmungen in den
> nationalen Parlamenten. Viele Skeptiker hoffen auf ein Nein aus
> Deutschland oder Finnland.
Bild: Zwischen Hoffen und Bangen: EU-Ratspräsident Herman van Rompuy.
BRÜSSEL taz | In EU-Kreisen macht sich Unmut breit über die fehlende
Reformbereitschaft in Griechenland. Gleichzeitig fürchten die Diplomaten
weitere Komplikationen für den EU-Rettungsschirm, wie bei der
Parlamentsentscheidung in Deutschland.
Sollte die nächste Kreditrate Ende des Monats nicht an Griechenland
ausgezahlt werden, könnte Athen seine bisherigen Verpflichtungen nicht mehr
bezahlen und müsste quasi Insolvenz anmelden. "Das hätte für die gesamte
Eurozone katastrophale Folgen", sagt der Wirtschaftsexperte Matthieu
Méaulle von der Stiftung der europäischen Sozialdemokraten FEPS.
Und weiter: "Wir riskieren eine Vertrauenskrise, die der Bankenkrise von
2008 gleichen würde. Finanzschwache Länder wie Spanien, Italien und
Portugal hätten über Nacht größte Schwierigkeiten, bezahlbare Kredite am
Markt zu bekommen und müssten ebenfalls mit einer Pleite rechnen."
Aber die Kettenreaktion würde sich nicht nur auf diese Länder beschränken:
Deutsche und französische Banken haben in der Vergangenheit eifrig
griechische Staatsanleihen gekauft. Schon Ende 2010 hatten deutsche
Institute Anleihen in Höhe von 8,8 Milliarden Euro in den Büchern. Dieses
Geld würden die Griechen zumindest vorerst nicht zurückzahlen können. Die
Banken müssten große Löcher stopfen und dafür höchstwahrscheinlich auch
wieder auf staatliche Hilfe zurückgreifen.
In Griechenland selbst dagegen würde ein Bankrott eventuell für
Erleichterung sorgen. Die Regierung könnte die Währung abwerten und Geld
drucken. Die Importe würden zwar teurer und die Gehälter niedriger, aber
Griechenland könnte gewinnbringender exportieren und auch die Schuldenlast
würde geringer.
Der Chefökonom der europäischen Denkfabrik CEPS, Daniel Gros, plädiert
schon seit langem für eine "geordnete Insolvenz" Griechenlands. Er kann
sich nicht vorstellen, dass die griechische Bevölkerung den von Europa
verordneten Sparkurs noch lange mitträgt.
## Wasser auf die Mühlen der Skeptiker
Denn trotz radikaler Kürzungen sieht es in Griechenland nicht gut aus: Die
bisherigen Sparanstrengungen reichen offenbar nicht, um die von den
Europäern gesteckten Sparziele zu erreichen. Eigentlich sollte die
Neuverschuldung bis Ende des Jahres auf 7,6 Prozent des
Bruttoinlandsprodukts sinken. Die Regierung in Athen sagt nun rund 10
Prozent voraus. Gleichzeitig befürchtet sie, dass die Wirtschaft im Land um
mindestens fünf Prozent schrumpft.
Die Europäer sind dementsprechend unzufrieden. Offiziell will das in
Brüssel zwar niemand sagen, aber dass es bei dem Kontrollbesuch in Athen
von Experten aus der Europäischen Kommission, der Zentralbank und des IWF
in der vergangenen Woche Meinungsverschiedenheiten gab, leugnet auch
niemand mehr. Überstürzt war die Troika aus Athen abgereist. Sie will erst
Mitte des Monats zurückkehren. Bis dahin, hieß es, müsse die griechische
Regierung noch einiges an "technischer Nacharbeit" leisten.
Denn in vielen Bereichen hinken sie den Vorgaben aus Brüssel hinterher. Das
gilt insbesondere für die Privatisierung von Staatseigentum. Bis Ende des
Jahres soll die Regierung mit Verkäufen fünf Milliarden Euro einnehmen und
bis 2015 noch einmal weitere 45 Milliarden. Bisher hat es Athen auf 400
Millionen Euro gebracht. Auch die Verschlankung des Beamtenapparats geht
nur sehr schleppend voran.
Diese Nachrichten gießen Wasser auf die Mühlen der Skeptiker. In Helsinki
wird das Rettungspaket für die Griechen noch blockiert. Die finnische
Regierung verlangt von den Griechen ein Pfand in Form von Bargeld für die
Kredite - eine Forderung, die die Griechen unmöglich erfüllen können.
7 Sep 2011
## AUTOREN
Ruth Reichstein
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