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# taz.de -- Bundestag debattiert Euro-Rettung: Brüderle nennt Gabriel "Sirtaki…
> Der Bundestag diskutiert in erster Lesung den Gesetzentwurf der Koalition
> zum Euro-Rettungsschirm. Klare Ablehnung gibt es nur auf Seiten der
> Linken.
Bild: Rainer Brüderle hält die "Wundertüte Eurobonds" für gescheitert.
BERLIN rtr/afp/dpa | Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts
und der Haushaltsdebatte am Mittwoch hat im Bundestag am Donnerstag die
Beratung über die geplante Ausweitung des Euro-Rettungsschirms EFSF
begonnen. In erster Lesung diskutieren die Abgeordneten über den
Gesetzentwurf der Koalition, der Ende September endgültig verabschiedet
werden soll. Umstritten ist vor allem die Beteiligung des Parlaments bei
künftigen Milliardenhilfen für marode Euro-Staaten.
Zum Auftakt der Debatte hat Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU)
für den erweiterten Rettungsschirm als Bollwerk zur Verteidigung des Euros
geworben. Die gemeinsame Währung müsse stabilisiert und verteidigt werden.
Damit werde Schuldenländern wie Griechenland Zeit verschafft, um wieder
wettbewerbsfähig zu werden. "Die Lösung der Strukturprobleme können wir
ihnen nicht ersparen." Mit mehr Kompetenzen für den EFSF sollten die
Ansteckungsgefahren, die von Griechenland ausgingen, auf die gesamte
Euro-Zone eingedämmt werden. In Athen sei die Lage ernst, betonte Schäuble.
Im Anschluss warf der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel der Regierung von
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) vor, mit populistischen Äußerungen
Partner und Märkte in der Euro-Krise verunsichert zu haben. Im Bundestag
sagte Gabriel: "Jeder weiß, dass es keine einfachen Lösungen gibt."
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble warf Gabriel "kurzfristige und dumme
Parolen" vor. Die europäische Zentralbank (EZB) sei von der Regierung
beschädigt worden und "vom Stabilitätsanker zur europäischen Bad Bank
geworden". Die EZB sei längst Bestandteil der Krise. Die Regierung habe den
Ankauf von Schuldtiteln zunächst abgelehnt und später befürwortet.
"Merkel-Bonds gibt es längst", sagte Gabriel. Deutschland hafte bereits mit
rund 200 Milliarden Euro.
Nach den Vertretern von Union und SPD kamen die Vertreter der kleineren
Fraktionen zum Wort. Zunächst war dies FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle,
der in der Euro-Schuldenkrise Griechenland endgültig am Scheideweg sieht.
Europa dürfe sich nicht die Zukunft verbauen lassen, nur weil ein Land
geltende Verträge breche. "Wenn sie (die Griechen) es nicht einhalten,
gibt's kein Geld", sagte Brüderle zu den unterbrochenen Verhandlungen
zwischen der griechischen Regierung und den Geldgebern aus Europa und
Internationalem Währungsfonds (IWF). Der SPD hielt Brüderle vor, die von
den Sozialdemokraten geforderte "Wundertüte Eurobonds" sei nach dem
Karlsruher Verfassungsgerichtsurteil endgültig gescheitert. Brüderle griff
die Europa-Politik von SPD-Chef Sigmar Gabriel an, den er "Sirtaki-Siggi"
nannte.
## Linke lehnen den Euro-Rettungsschirm ab
Der Linke-Vorsitzende Klaus Ernst hat ein Nein seiner Partei zur
Erweiterung des Euro-Rettungsschirms angekündigt. "Gerettet werden nur
Banken, Versicherungen und Hedgefonds", sagte Ernst. Die Bundesregierung
sei der Krise nicht gewachsen, die Vorlage zur Euro-Rettung ein "Fass ohne
Boden". Weiter meinte Ernst, der deutsche Exportüberschuss habe einen Berg
von Schulden bei den Partnern ausgelöst und sei deshalb für die Krise
mitverantwortlich. Höhere Löhne und höhere Renten in Deutschland würden
auch diese Überschüsse reduzieren. Die Regierung dagegen stütze weiter die
Banken, die für die Krise verantwortlich seien. Notwendig sei eine
Euro-Bank für öffentliche Anleihen. "Sonst laufen wir wie die Schoßhunde
hinter den Finanzmärkten hinterher."
Der Grünen-Fraktionsvorsitzende Jürgen Trittin hat im Kampf gegen die
Schuldenkrise eine Stärkung europäischer Institutionen gefordert. "Das ist
die Botschaft von Karlsruhe", so Trittin. Solange es eine ausreichende
Kontrollfunktionen auf europäischer Ebene aber nicht gebe, müsse der
Bundestag diese Kontrollrechte haben. Nach Ansicht des
Grünen-Fraktionschefs ist eine Europäische Wirtschaftsregierung sinnvoll.
Dafür sei aber eine europäische Vertragsänderung notwendig, die eine
Vereinheitlichung von Steuer- und Wirtschaftspolitik ebenso beinhalten
müsse wie die Anpassung von Sozialstandards. Trittin warf der
Bundesregierung vor, die Europäische Zentralbank EZB zum Aufkauf von
Staatsanleihen genötigt zu haben. "Das ist die Verantwortung von
Bundeskanzlerin Angela Merkel", sagte Trittin. Die Kanzlerin habe die
"Unabhängigkeit der EZB auf schäbige Weise beschränkt".
## Erweiterter Handlungsspielraum
Der Gesetzentwurf der Bundesregierung sieht eine Aufstockung des deutschen
Anteils an den im Notfall übernommenen Kreditbürgschaften für angeschlagene
Euro-Partner auf 211 von bislang 123 Milliarden Euro vor. Einer
Vereinbarung der Staats- und Regierungschefs zufolge erhöhen die
Euro-Länder ihre Garantien auf 780 Milliarden Euro von bislang 440
Milliarden Euro. Außerdem wird der Instrumentenkasten des EFSF für
strauchelnde Länder erweitert. Künftig soll der Fonds Staatsanleihen von
Krisenländern am Markt oder direkt bei den Staaten kaufen, Banken stützen
und Kreditlinien für krisengefährdete Staaten eröffnen können.
SPD und Grüne haben ihre Zustimmung bereits angekündigt. Unklar ist aber,
ob die Koalition auf die Mehrheit der Sitze im Bundestag – die sogenannte
Kanzlermehrheit – bauen kann. Am Mittwoch hatte das
Bundesverfassungsgericht die Griechenlandhilfe und den Euro-Rettungsschirm
gebilligt. Künftige Hilfen koppelten die Richter jedoch an die Vorgabe,
dass der Haushaltsausschuss des Bundestages jedem Schritt zustimmen muss.
8 Sep 2011
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