# taz.de -- Medien in Australien: Murdoch zum Gesinnungs-TÜV | |
> Rupert Murdoch hat nicht nur in Großbritannien Probleme. In Australien | |
> lässt die Regierung unter Premierministerin Julia Gillard die Macht der | |
> Medien untersuchen. | |
Bild: Hat die Schnauze voll: Australiens Premierministerin Julia Gillard. | |
CANBERRA taz | Tiefer kann man kaum noch fallen: In den Meinungsumfragen | |
ist die australische Premierministerin Julia Gillard in einem Loch. Was | |
Gillard zu schaffen macht und ihre Zukunft an der Spitze bedroht, ist die | |
ununterbrochene Kampagne der Medien gegen sie und ihre Regierung. In erster | |
Linie News Limited, der australische Arm der von Rupert Murdoch | |
kontrollierten News Corporation, hat ihr den Kampf angesagt. News ist ein | |
mächtiger Gegner: Die Gruppe kontrolliert 70 Prozent der australischen | |
Druckmedien, in vier Großstädten dominieren Murdoch-Blätter den | |
Tageszeitungsmarkt. | |
Seit Monaten agieren News-Zeitungen aggressiv gegen Pläne Canberras, eine | |
Klimasteuer einzuführen. Die Blätter aus dem News-Konzern warnen fast | |
täglich, eine CO2-Abgabe werde das Land "ruinieren", die Rohstoffindustrie | |
werde zusammenbrechen, Massenarbeitslosigkeit sei die Folge. Dabei scheint | |
keine Rolle zu spielen, dass solche Weltuntergangsszenarien nicht einmal | |
ansatzweise der Realität entsprechen. | |
Im Gegenteil: Laut den Regierungsplänen sollen sogar die | |
emissionsintensivsten Industrien wie Aluminium- und Stahlhersteller | |
großzügig für die vergleichsweise geringen Mehrkosten entschädigt werden, | |
die ihnen durch die Abgabe entstehen. Zwar gibt es bisher keine Beweise | |
dafür, dass News auch in Australien Politiker und Prominente abhört. | |
Kritiker meinen aber, die Rohstoffindustrie und von ihr finanzierte | |
Interessengruppen würden mit den Murdoch-Medien kooperieren, um die | |
Klimaabgabe zu verhindern. Überraschend wäre das nicht. | |
Auch Kevin Rudd fiel im letzten Jahr in den Meinungsumfragen - nach einer | |
aggressiven Kampagne der Bergbaukonzerne und der News-Medien gegen Pläne | |
für eine Erhöhung der Steuern auf hohe Rohstoffgewinne. Die Laborpartei | |
ersetzte Rudd darauf mit Julia Gillard. | |
## Propaganda statt kritischer Berichterstattung | |
Kolumnisten der Murdoch-Presse nutzen jede Gelegenheit, um im Duett mit der | |
konservativen Opposition im Parlament die hauchdünne rot-grüne | |
Koalitionsregierung zu schwächen, die Gillard nach den Wahlen im November | |
2010 aushandeln konnte. Damals hatte der Chefredakteur der einzigen | |
landesweit vertriebenen Tageszeitung, The Australian, offen erklärt, es sei | |
sein Ziel, die Regierungskoalition zu zerstören. In den meisten | |
Murdoch-Blättern hat Propaganda eine kritische, ausgewogene | |
Berichterstattung ersetzt. | |
Doch jetzt hat Canberra genug. Eine Untersuchungskommission soll die | |
Konzentration in den australischen Medien unter die Lupe nehmen. Gefordert | |
wurde die Analyse von den Grünen, die seit Jahren im Schussfeld der | |
News-Journalisten stehen. Grünen-Chef Bob Brown nennt die Murdoch-Presse | |
"Hass-Medien", die sich "einen Regimewechsel auf die Fahne geschrieben" | |
hätten. Für Brown scheint klar, dass ein Aufbrechen der Murdoch-Dominanz | |
kaum möglich sein werde. Vielmehr gehe es um die Frage, "wie man mit mehr | |
Meinungsvielfalt dem Informationsbedürfnis des Volkes und der Demokratie | |
dienen kann". | |
Laut Telekommunikationsminister Stephen Conroy will die Regierung | |
sicherstellen, dass die Meinungsmacher ihre Macht nicht auch im immer | |
wichtiger werdenden Online-Bereich konzentrieren können. Er wolle nicht | |
ausschließen, dass Verleger mit starker Präsenz im Internet einen | |
"Charaktertest" bestehen müssen, wie dies in Australien von | |
Mehrheitsbesitzern privater Fernsehsender verlangt werde. Wie im kaum | |
kontrollierbaren Internet eine solche Bedingung durchgesetzt werden kann, | |
konnte Conroy nicht sagen. | |
Je nachdem wie sich die Situation um den Abhörskandal in Großbritannien | |
entwickelt, könnte es die Murdoch-Familie ohnehin schwer haben, einen | |
"Charaktertest" zu bestehen. James Murdoch, Sohn und potenzieller | |
Nachfolger von Rupert, muss sich in London erneut einer parlamentarischen | |
Untersuchung stellen. Kritiker werfen ihm vor, im Zusammenhang mit dem | |
Abhörskandal Falschaussagen gemacht zu haben. | |
28 Sep 2011 | |
## AUTOREN | |
Urs Wälterlin | |
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