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# taz.de -- Murdoch erneut vor Medienausschuss: Unglaubwürdige Verteidigungstr…
> Der für die "News of The World" verantwortliche Konzernvorstand James
> Murdoch bleibt bei seiner Version: Er habe vom Ausmaß des Hackingskandals
> nichts geahnt.
Bild: James Murdoch: blasse Vorstellung vor dem Medienausschuss.
"Mr Murdoch, Sie sind der erste Mafiaboss der Geschichte, dem nicht klar
ist, dass er einer kriminellen Vereinigung vorsteht!" Der Vorwurf des
britischen Labourabgeordneten Tom Watson saß. Doch James Murdoch konnte bei
seinem zweiten Auftritt vor dem Medienausschuss des britischen Parlaments
ohnehin kaum noch blasser werden.
Mit angespannter Miene trug der zeitweilige Chef der britischen Zeitungen
des Konzerns noch einmal seine Verteidigungslinie vor, nach der er bis vor
Kurzem nichts davon gewusst habe, dass das Telefon- und Computerhacking bei
der News of the World (NoW) kein bedauerlicher Einzelfall war.
Dies hatte James Murdoch bereits bei einer ersten Ausschusssitzung am 7.
Juli getan, damals noch in Begleitung seines Vaters Rupert. Weil danach
zwei leitende Manager der mittlerweile eingestellten NoW, Exchefredakteur
Colin Myler und Justiziar Tom Crone, dieser Darstellung fundamental
widersprachen, musste James Murdoch nochmal ran - dieses Mal allein.
Konkret geht es dabei um ein Treffen, bei dem James Murdoch die Summe für
eine außergerichtliche Einigung mit dem Fußballmanager Gordon Taylor in
Höhe von bis zu 500.000 Pfund autorisierte. Dies sei geschehen, weil Myler
und Crone ihm klar dargelegt hätten, dass "wir den Prozess vor Gericht
verlieren würden und es besser wäre zu zahlen", so Murdoch.
Taylor gehörte zu den Hacking-Opfern, deren Zahl derzeit auf 5.800
geschätzt wird. James Murdoch will davon erst nach seiner Juli-Aussage vor
dem Ausschuss Kenntnis bekommen haben. Genauso wie von dem Umstand, dass
Telefonhacking bei der NoW zum Alltagsgeschäft gehörte - und eben nicht nur
der schon 2007 dafür abgeurteilte Klatschreporter für Geschichten aus dem
Königshaus, Clive Goodman, dafür verantwortlich war.
## Enorm hohes Schweigegeld
Myler und Crone beharren dagegen darauf, James Murdoch eingeweiht zu haben,
dass es deutlich mehr Fälle und betroffene Journalisten gibt - denn das
ging bereits 2008 aus einem Schreiben des juristischen Beraters von
Murdochs britischer Zeitungsholding hervor. Doch auch gestern beteuerte
James Murdoch weiter, ihm seien aus dem Schreiben von Kronanwalt Michael
Silverleaf "keine Details vorgelegt oder berichtet worden". Der enorm hohen
Schweigegeldsumme habe er dennoch zugestimmt, weil sonst entsprechende
Gerichtskosten angefallen wären.
Nicht nur die Labourabgeordneten im Ausschuss fanden das wenig glaubwürdig:
Da ist ein Zeitungsjustiziar, der laut Murdoch selbst nur gerade einmal
10.000-Pfund-Zahlungen ohne Zustimmung von ganz oben autorisieren durfte.
Doch Crone rief plötzlich astronomische Summen auf. - Wieso sich James
nicht wenigstens da für die konkreten Details interessiert habe, wollte der
konservative Abgeordnete Damian Collins wissen. Und ein Labourkollege
spottete, auch einem Großmanager wie James Murdoch hätte zumindest klar
sein müssen, dass Fußballboss Taylor "kein Mitglied der Königsfamilie ist"
- und daher das Beuteschema der NoW für jeden erkennbar weiter gefasst war.
Tom Watson konfrontierte Murdoch auch mit der Aussage des früheren
NoW-Reporters Neville Thurlbeck, der in einer E-Mail zugegeben hatte, dass
mehrere Journalisten mit den Hackingaktivitäten zusammenhängen. Danach habe
Chefredakteur Myler Thurlbeck klar gesagt, er werde James Murdoch davon
informieren müssen, aber versuchen, den Job seines Mitarbeiters zu retten.
Klar ist damit zumindest eins: Entweder Myler und Crone haben vor dem
Parlamentsausschuss gelogen. Oder James Murdoch. Den fragte ein anderer
Labourmann, ob es nicht "seine Inkompetenz beweise", dass er seinen
Mitarbeitern "nicht mal die offensichtlichsten Fragen" gestellt habe.
Immerhin darauf fand James Murdoch im Medienausschuss des britischen
Parlaments eine glaubwürdige Antwort: Er sagte: "Nein."
10 Nov 2011
## AUTOREN
Steffen Grimberg
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