# taz.de -- Murdoch-Sohn legt Posten nieder: Rückzug auf Raten | |
> James Murdoch, zur Zeit des Hacking-Skandals Chef von Papas britischer | |
> Zeitungsholding, legt dort ein paar Aufsichtsratsjobs nieder. Eine | |
> Gutwetteraktion. | |
Bild: Muss wegen des Hacking-Skandals Posten abgeben: Murdoch-Sohn James. | |
Die Nachricht platzte pünktlich zur Mittagspause in die Leveson-Inquiry | |
über Ethik in der britischen Presse und den Telefon-Hacking-Skandal bei | |
Rupert Murdochs im Juli eingestellten Boulevardblatt News of the World: | |
Murdoch-Sohn James sitzt nicht mehr im Board of Directors, der | |
angelsächsischen Form des Aufsichtsrats, der Murdoch-Blätter Sun sowie der | |
Times und der Sunday Times. Er bleibt aber Aufsichtratschef (Chairman) der | |
übergeordneten Zeitungsholding News International. | |
James Murdoch (39), der als Kronprinz von Vater Rupert (81) gilt, war im | |
April zum Chief Operating Officer von Murdochs internationalem | |
Medienunternehmen News Corporation aufgestiegen, damit sitzt er derzeit auf | |
dem dritthöchsten Chefsessel des Konzerns. Trotz des am Mittwoch im | |
Londoner Firmenregisters („Companies House“) gemeldeten Ausscheidens aus | |
den Gremien der direkten Verlagsunternehmen der Sun (News Group Newspapers, | |
hierzu gehörte früher auch die News of the World) und der Times-Gruppe | |
(Times Newspapers Ltd.) werde James Murdoch jetzt keinesfalls den | |
britischen Zeitungen den Rücken kehren, heißt es in einem Statement von | |
News International (NI): „Er tritt bei N.I. von nichts zurück, sondern | |
bleibt Chairman.“ | |
Ein Rücktritt würde Murdoch junior auch nichts nutzen: Erst am 10. November | |
hatte er zum zweiten Mal vor dem Medienausschuss des britischen Parlaments | |
Rede und Antwort über seine Rolle während des Hacking-Skandals aussagen | |
müssen und dabei keine gute Figur gemacht. | |
Auch vor der Kommission des Lordrichters Brian Leveson, die Empfehlungen | |
für eine neue britische Presseordnung und -regulierung erarbeite soll, wird | |
James Murdoch auftreten müssen. Ob er dann seine bisherige | |
Verteidigungstrategie, er habe von nichts gewusst, nichts mitbekommen und | |
wichtige Informationen seien ihm bis zu diesem Sommer vorenthalten worden, | |
aufrechterhalten kann, wird sich zeigen. | |
## Übernahmeträume gescheitert | |
Zumal der Sohn stellvertretend für den Vater in der nächste Woche einen | |
ganz anderen Ritt zu absolvieren hat: Am 29. Novmber ist Hauptversammlung | |
bei BSkyB, dem erfolgreichsten und größten Pay-TV-Sender der Murdochs. | |
James übernahm hier 2007 vom Vater den Vorstandsvorsitz, und eigentlich | |
wollte sich der Familienkonzern News Corp in diesem Jahr die komplette | |
Aktienmehrheit an BSkyB sichern. Zwar haben die Murdochs über komplizierte | |
Stimmrechtsverteilungen auch heute schon das Sagen, doch gehören ihnen | |
bislang nur knapp 40 Prozent an BSkyB, zu dessen Töchtern auch der Ableger | |
Sky Deutschland zählt. | |
Wegen der britischen Medienkonzentrationsgesetze und seines großen | |
Einflusses im Pressemarkt auf der Insel hätte Murdoch allerdings eine | |
Sondergenehmigung der britischen Regierung gebraucht. Die erschien zunächst | |
nur Formsache, zumal die Murdoch-Blätter nach längerer Labour-Unterstützung | |
bei den vergangenen Wahlen wieder für die jetzt regierenden Konservativen | |
getrommelt hatten. | |
Doch nach dem Hacking-Sandal und peinlichen Fragen nach dem Einfluss von | |
Vater und Sohn Murdoch auf die britische Politik rückte der bereits sicher | |
geglaubte Deal in weite Ferne. Und die Murdochs zogen ihren Antrag auf die | |
Sondergenehmigung zur BSkyB-Übernahme wieder zurück. Vor allem die | |
Aktionäre und Investoren, die sich schon aufs sicher gelaubte Geld gefreut | |
hatten, wollen nun am 29. November James Murdoch als Vorstandschef stürzen. | |
23 Nov 2011 | |
## AUTOREN | |
Steffen Grimberg | |
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