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# taz.de -- US-Journalist über Murdoch: "Aura der Unbesiegbarkeit ist futsch"
> Nach dem Skandal in Großbritannien wird nun auch in den USA gegen Rupert
> Murdoch ermittelt. "Demokraten werden ihn jagen", sagt US-Journalist
> Craig Aaron.
Bild: Auch in den USA wird gegen den Medienmogul demonstriert.
taz: Herr Aaron, schwappt der Telefon-Hacking-Skandal um Rupert Murdoch und
seinen Konzern News Corp. jetzt von Großbritannien in die USA über?
Craig Aaron: Es gibt Anfangsermittlungen, ob Murdochs Sonntagszeitung News
of the World diese "Taktik" auch in den USA angewendet hat. Das FBI prüft
derzeit, ob News Corp. die Mobiltelefone der Familien von Opfern der
Anschläge am 11. September 2001 gehackt hat.
Stehen andere Aspekte von Murdochs Medien-Empire auch auf dem Prüfstand?
Allerdings. Diese Aura der Unbesiegbarkeit, die Murdoch in der
Vergangenheit umgab, ist futsch. Der Skandal in Großbritannien hat die
Stimmung hier nachhaltig verändert. Auch in den USA sind bereits jede Menge
unappetitlicher Details über seine Geschäftspraktiken bekannt geworden, zum
Beispiel dass ein News Corp.-Unternehmen die Computer von Konkurrenten
ausgespäht hat, um sich bei Einzelhandelsanzeigen Vorteile zu verschaffen.
Das war Industriespionage, und Murdoch hat rund 650 Millionen Dollar
ausgeben müssen, um sich außergerichtlich zu einigen und das Problem aus
der Welt zu schaffen. Außerdem hat die Justizbehörde eine Untersuchung in
Sachen News Corp. gestartet und soll bereits Aussage-Erzwingungsanträge
gegen Mitarbeiter von Murdoch Boulevardblatt New York Post und bei anderen
ihm gehörenden Medien vorbereiten.
Was bleibt noch zu tun?
Wir haben seit Jahren eine weitreichende Untersuchung durch den US-Congress
mit Blick auf News Corp. gefordert. Außerdem will die Medienbehörde, die
Federal Communications Commission (FCC), noch in diesem Jahr eine
Überprüfung der Medienkonzentrationsvorschriften vornehmen. Sie soll
feststellen, ob die bestehenden Regeln tatsächlich noch geeignet sind, wie
vorgesehen Vielfalt und lokalen Wettbewerb zu garantieren. News Corp. hat
in den letzten 20 Jahren sehr erfolgreich versucht, diese Regeln
aufzuweichen. Es ist dem Konzern gelungen, die Grenzen, wie viel ein und
demselben Unternehmen gehören darf, immer weiter zu fassen. Dabei wurde
einem hochrangigen FCC-Mann dann auch schon mal bedeutet, wenn er gegen
News Corp. entscheide, bekäme er nicht mal mehr einen Job als Hundefänger
in Washington. Aber das ist jetzt vorbei.
Wie geht es in den USA mit den ach so guten Beziehungen zwischen Murdoch
und vielen Politikern weiter?
Mehr und mehr Menschen in den USA stellen jetzt die gleichen Fragen wie in
Großbritannien - nämlich wie gefährlich es ist, wenn sich zu viel
Medienmacht auf nur eine Handvoll Leute verteilt. Für erfolgreiches
Lobbying bei der Regierung war der News Corp. in Washington nichts zu
teuer. Über Jahre haben die FCC, aber auch der Kongress, für Murdochs
Unternehmen eine Extrawurst nach der anderen gebraten. Wie in
Großbritannien enthüllen die Fälle, die aktuell in den USA untersucht
werde, wie eng die Kontakte zwischen Murdochs Führungspersonal und
hochrangigen Regierungskreisen wirklich waren.
Und das ist der eigentliche Skandal: Wie ein Krake hat News Corp. seine
Kontakte auf allen Regierungsebenen. Das Unternehmen, aber auch Murdoch
persönlich haben Millionenbeträge an Politiker gespendet - 85 Prozent des
Geldes ging natürlich an die Republikaner. Im vergangenen Jahr hat News
Corp. allein der Republican Governors Association eine Million Dollar
gespendet. Allerdings bleibt die Frage, ob es auch hier ein besonders
aufsehenerregendes Detail - wie den Fall der ermordeten Minny Dowler in
England - gibt, das die Menschen noch mal richtig wachrüttelt und die
Prozesse auslöst, wie wir sie im Moment in Großbritannien haben.
Spielt es in den USA dabei eine Rolle, dass bald Wahlen sind? Sehen die
Demokraten hier eine Chance, Medienpolitik zum Thema zu machen und Murdoch
in die Schranken zu weisen?
Die Demokraten lassen nie eine gute Gelegenheit aus. Für die Politiker, die
schon immer gegen Murdoch eingestellt waren, ist das auf jeden Fall eine
Chance. Richtig interessant wird es aber bei den Republikanern: Früher oder
später waren ja alle republikanischen Präsidentschaftskandidaten mit
Ausnahme von Mitt Romney auf der Gehaltsliste von Fox News, die meisten als
Kommentatoren.
Es ist auch längst kein Geheimnis mehr, dass Fox News wie eine Abteilung
der Republikanischen Partei funktioniert. Allerdings hat News Corp. immer
beiden Seiten Geld gegeben, deswegen hatten auch viele Politiker von den
Demokraten Hemmungen, gegen Fox vorzugehen. Wer etwas gegen Fox sagte,
bekam es mit einem ziemlich aggressiven Murdoch zu tun. Deshalb hatten auch
Demokraten Angst, ihm in die Quere zu kommen. Es ist zwar noch völlig
unklar, wer jetzt die Klappe aufmacht, sicher ist aber: Viele Politiker
haben vor Rupert Murdoch und seinem Empire deutlich weniger Angst als noch
vor kurzem.
Lassen sich diese neuen politische Konstellationen mit denen in
Großbritannien vergleichen?
In den USA werden vor allem die Demokraten Jagd auf Murdoch machen, nicht
die Republikaner. In London sind auch die Tories angefixt - das ist schon
etwas anderes. Außerdem gibt es in den USA nicht diese Tradition
öffentlicher Anhörungen wie in Großbritannien, wo die Murdochs vor einen
Parlamentsausschuss richtig hart befragt werden. Wir würden uns freuen,
wenn genauso etwas auch bei uns stattfinden würde - in einem richtig harten
Hearing im Kongress zum Beispiel. Denn wir sind überzeugt, dass die Zeit
reif ist, sich einzugestehen, welche schlimmen Schäden Murdoch in den
vergangenen Jahrzehnten im US-Mediensystem angerichtet hat.
Aus dem Englischen Steffen Grimberg
5 Sep 2011
## AUTOREN
Paul Hockenos
## TAGS
Murdoch
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