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# taz.de -- Novelle zum Stasi-Unterlagengesetz: Ausweitung der Einsichtzone
> Der Bundestag soll die 8. Novelle zum Stasi-Unterlagengesetz
> verabschieden. Es geht um Aktenzugang. Aber auch darum, 47 Ex-Stasi-Leute
> versetzen zu können.
Bild: Stasi-Opfer arbeiten mit Stasi-Tätern zusammen? Unzumutbar, findet Behö…
BERLIN taz | An diesem Freitag will der Bundestag mit seiner schwarz-gelben
Mehrheit die bis zuletzt heftig umstrittene 8. Novelle zum
Stasi-Unterlagengesetz verabschieden. Nach Auffassung der Koalition ist
diese Fortschreibung bis 2019 nötig, weil Ende 2011 das Recht
aufAakteneinsicht der Stasi-Opfer erlischt, es aber weiterhin ein starkes
Interesse an den Akten gäbe. Dies zeige die immer noch hohe Zahl der
Anträge auf Akteneinsicht.
Mit Ausnahme der Linkspartei, die nach zwanzig Jahren im Interesse des
Rechtsfriedens eine Verlängerung der Frist ablehnt, stimmten Rot und Grün
im Prinzip zu. Der Streit entzündete sich an einer Reihe neu
hinzugekommener Bestimmungen.
Am spektakulärsten ist jene Bestimmung der Novelle, die es erlauben soll,
die 47 ehemaligen Stasi-Leute, die seit 1990 in der Stasi-Unterlagenbehörde
als Experten arbeiten, in andere Bundesbehörden bei gleich bleibenden
Bezügen zu versetzen. Die Koalition folgt damit der Argumentation des neuen
Behördenleiters Roland Jahn, der es für unzumutbar hält, dass Stasi-Opfer
mit Stasi-Tätern in der Behörde zu tun bekommen.
Politisch wird von der Opposition gegen diese Regelung geltend gemacht, sie
ließe außer Acht, dass die Stasi-Leute zwanzig Jahre lang loyal gearbeitet
und viele von ihnen ihre damaligen Auffassungen revidiert hätten.
Juristisch wird insbesondere von der SPD beanstandet, dass die
47er-Regelung als Einzelfall- Gesetz zu werten sei. Damit widerspräche sie
dem Grundgesetz, das diesen Typ von Gesetzen ausdrücklich verbietet.
## Konkrete Verdachtsmomente für eine Prüfung
Die Novelle setzt die Möglichkeit von Gruppen-Überprüfungen für Beamte und
Soldaten in "leitenden Funktionen" voraus. Dies wird damit begründet, dass
in einer Reihe von Berufsbereichen und Bundesländern, vor allem in
Brandenburg, nur eine unzureichende Überprüfung stattgefunden habe.
Hiergegen argumentiert die Opposition mit dem Hinwis, dass dann die Zahl
der ohne Anlass zu Überprüfenden ins Uferlose anwachsen und ein
Generalverdacht ausgesprochen würde. Zudem stünden schließlich die
Kontrollen und deren Ergebnisse in keinem Verhältnis.
Grüne und SPD forderten, dass konkrete Verdachtsmomente für eine
Überprüfung vorliegen müssten. Dem gegenüber wandte die Koalition ein, dass
man in diesem Fall oft unzuverlässigen Presseberichten trauen müsse.
In der Sachverständigen-Anhörung zur Novelle im Juni dieses Jahres waren
von den juristischen Experten die gesetzlichen Regelungen zum Vergleich
herangezogen worden, die die Verjährung von Straftaten und die
Tilgungsfristen aus den Strafregistern regeln. Dabei kamen die Experten zu
dem Ergebnis, dass die Frist für die Kenntlichmachung von Inoffiziellen
Stasi-Mitarbeitern durch Akteneinsicht nach der neuen Novelle bei weitem
die im Strafrecht festgelegten Fristen übersteige. Auch sei es fraglich,
welchen Nutzen für die "Aufarbeitung" nach so langer Zeit die Akteneinsicht
noch erbringe.
Letztere Argumente haben die Diskussion über die Novelle in den neuen
Bundesländern stark beeinflusst. So argumentiert etwa die Linkspartei, das
Gesetz diene nicht der Aufarbeitung der SED-Diktatur, sondern der
"Vergeltung".
30 Sep 2011
## AUTOREN
Christian Semler
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