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# taz.de -- Stasi-Spitzel-Affäre in Brandenburg: Linkspartei fordert Hoffmanns…
> Der brandenburgische Linkspartei-Abgeordnete, Gerd-Rüdiger Hoffmann, will
> trotz Stasi-Vorwurf im Landtag bleiben. Die Fraktion fordert hingegen,
> dass er geht.
Bild: Stasi-Akten. Als Schüler soll Hoffmann bei der Stasi unterzeichnet haben.
Der Satz, der den Ausschlag gab, ist handschriftlich auf kariertem Papier
geschrieben: Gerd-Rüdiger Hoffmann verpflichte sich "zum Schutz der
Deutschen Demokratischen Republik und des Aufbaus des Sozialismus
inoffiziell mit dem Ministerium für Staatssicherheit zusammenzuarbeiten".
Der Schüler der Erweiterten Oberschule Senftenberg, der diese Zeile 1970
neun Tage vor seinem 18. Geburtstag schrieb, ist heute kulturpolitischer
Sprecher der brandenburgischen Linksfraktion. Und als Abgeordneter hatte er
bisher immer bestritten, inoffizieller Mitarbeiter der DDR-Staatssicherheit
gewesen zu sein.
Hoffmanns Selbstverpflichtungserklärung, die jetzt vom Focus veröffentlicht
wurde, gab für die Linke den Ausschlag zu einem Richtungsschwenk. Gestern
entschieden die Spitzen von Partei und Fraktion einstimmig, Hoffmann zu
empfehlen, sein Landtagsmandat niederzulegen. "Durch das Dokument ist eine
neue Situation eingetreten", sagte Linken-Chef Thomas Nord.
Lange hatten sich Nord und andere Linken-Politiker hinter Hoffmann
gestellt. Dieser hatte Kontakte zum Ministerium für Staatssicherheit nicht
bestritten, aber erklärt, er sei nie IM gewesen. "Seine Darstellung ist
unglaubwürdig geworden", sagte Nord.
Gerd-Rüdiger Hoffmann ist seit 2004 Mitglied des Brandenburgischen
Landtages. Er hatte bisher nur angegeben, als Schüler vom Ministerium für
Staatssicherheit angesprochen worden zu sein. Die
Linken-Fraktionsvorsitzende Kerstin Kaiser sagte, sie wisse seit 15 Jahren,
dass Hoffmann sich als Schüler erfolglos beim MfS beworben habe.
In dem jetzt aufgetauchten Verpflichtungsschreiben erklärte sich Hoffmann
allerdings bereit "auftragsgemäß oder aus eigener Initiative" über "alle
aus dem Bereich der EOS und allen anderen Bereichen bekannt gewordenen
Vorkommnisse" mündlich oder schriftlich zu berichten.
"Das Problem ist, dass er versucht hat, seine Rolle zu DDR-Zeiten zu
verharmlosen", sagte der SPD-Fraktionsvorsitzende Dietmar Woidke.
Linken-Chef Nord hatte zuvor zugegeben, der Fall belaste die Koalition.
Nach der Entscheidung der Linken gibt sich die SPD versöhnlich. "Die
Belastung ist dadurch aus dem Weg geräumt, dass sich die Linke klar
positioniert hat", sagte Woidke.
Nord sagte, man versuche damit klarzustellen, zu welchen Grundsätzen sich
die Fraktion verpflichtet habe: Nicht eine saubere Akte sei die Forderung,
sondern Ehrlichkeit. "Die Linke hat in letzter Sekunde die Notbremse
gezogen", sagte der Grünen-Abgeordnete Axel Vogel.
In ihrer heutigen Sitzung will die Linken-Fraktion Hoffmann mit ihrer
Entscheidung konfrontieren. Legt er sein Mandat nicht nieder, steht ein
Ausschluss aus der Fraktion zur Entscheidung. "Wir hoffen, in dieser Sache
bleibt die Linke genauso konsequent", sagte Woidke.
In einer Stellungnahme, die Hoffmann schon vor der Aufforderung über seinen
Anwalt herausgab, kündigt er an, er wolle seinen Sitz im Landtag behalten.
Er sei in einer demokratischen Wahl aufgrund seines Engagements in den
letzten 20 Jahren gewählt worden. An Zusammenhänge, die 40 Jahre
zurücklägen, könne Hoffmann sich nicht mehr konkret erinnern. Er habe aber
Akteneinsicht beantragt und werde sich "selbstkritisch mit den Materialien
auseinandersetzen".
Als Konsequenz aus der Debatte hat nun auch die Linksfraktion zugestimmt,
alle ihrer Landtagsabgeordneten freiwillig von der Stasiunterlagenbehörde
prüfen zu lassen. Für Anfang 2010 ist außerdem ein Gesetz geplant, das die
Stasiüberprüfung aller neuen Abgeordneten des Landtages vorschreibt.
24 Nov 2009
## AUTOREN
Luise Strothmann
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