# taz.de -- CDU setzt in Mitte Extremismusklausel durch: Extreme Mitte | |
> Im Bezirk Berlin-Mitte soll nur noch gefördert werden, wer Treue zur | |
> Verfassung bekundet. Bisher hatte der Bezirk dies abgelehnt. | |
Bild: Die findet das extrem toll: Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (… | |
Wer nicht bereit ist, seine Treue zur Verfassung schriftlich zu bekunden, | |
soll künftig im Bezirk Mitte keine bezirklichen Fördergelder mehr erhalten. | |
Organisationen, Personen und Vereine, die im Verfassungsschutzbericht | |
auftauchen, werden komplett von der bezirklichen Förderung ausgeschlossen. | |
Die Vereinbarung, die SPD und CDU über die künftige Zusammenarbeit im | |
Bezirk getroffen haben, enthalte eine entsprechende Klausel, sagte der | |
Vizechef der CDU in Mitte, Volker Liepelt, der taz. | |
Die sogenannte Extremismusklausel hatte Bundesfamilienministerin Kristina | |
Schröder (CDU) im Februar eingeführt. Organisationen, die sich mit | |
staatlichen Fördergeldern gegen Rechtsextremismus und für Demokratie und | |
Toleranz engagieren, sollten zunächst selbst eine Erklärung unterzeichnen, | |
in der sie bestätigen, sich "zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung | |
der Bundesrepublik Deutschland bekennen und eine den Zielen des | |
Grundgesetzes förderliche Arbeit gewährleisten" - und die ihrer Partner | |
gleich mit. | |
Nicht nur bei den Betroffenen kam Schröders Idee nicht gut an. Bei | |
Verfassungsrechtlern und Sozialdemokraten, aber auch dem liberalen | |
Koalitionspartner FDP und in der CDU selbst erntete der "Gesinnungs-Check" | |
Kritik. Der FDP-Innenpolitiker Stefan Rupperet etwa sprach ebenso wie der | |
Brandenburger Innenminister Dietmar Woidke (SPD) von einem "Klima des | |
Misstrauens", die rot-rote Berliner Landesregierung lehnte die Anwendung | |
der Klausel ab. | |
Auch der bisher rot-rot-grün dominierte Bezirk Mitte hatte so verfahren. | |
Mitte sei "ein bunter und lebendiger Bezirk", in dem "Menschen aus mehr als | |
140 Nationen" lebten, schrieb die Bezirksstadträtin für Jugend, Schule und | |
Sport, Petra Schrader (Linkspartei), in einem zweiseitigen Brief an | |
Ministerin Schröder: "Mit der Einforderung des Bekenntnisses zur | |
freiheitlich-demokratischen Grundordnung" unterstelle diese "das | |
Vorhandensein antidemokratischer Haltungen" bei Förderungsnehmern. Die | |
Erfahrungen bewiesen, "dass es einer solchen Erklärung nicht bedarf". | |
Das Umschwenken der Sozialdemokraten in Sachen Extremismusklausel erklärt | |
Frank Boermann vom Kreisvorstand der SPD in Mitte als "Kompromisse, wie sie | |
in solchen Vereinbarungen getroffen werden müssen. Wenn wir alleine | |
regieren könnten, würden wir das sicher anders machen." Dafür habe man in | |
Bereichen wie Integration und Stadtentwicklung "deutlich SPD-Politik | |
durchsetzen können". | |
Der bisherige und zukünftige SPD-Bezirksbürgermeister Christian Hanke war | |
2009 in die Kritik geraten, als sich herausstellte, dass der Bezirk einen | |
türkischen Kulturverein in Wedding finanziell gefördert hatte, der mit den | |
ultranationalistischen "Grauen Wölfen" in Verbindung gebracht wurde und | |
dessen Vorsitzender Isreal als "faschistischen Staat" bezeichnet hatte. | |
Im Wahlprogramm der CDU Mitte ist im Zusammenhang mit dem Förderungsstopp | |
denn auch explizit und ausschließlich von "verfassungsfeindlichen | |
Zuwandererorganisationen" die Rede, die "nicht wie in der Vergangenheit aus | |
einer falsch verstandenen Toleranz heraus auch noch mit staatlichen Geldern | |
unterstützt werden" dürften. Der taz gegenüber betonte Mittes Vize-CDU-Chef | |
Carsten Spallek allerdings, es gehe in der neuen Regelung um alle | |
Organisationen, "unabhängig von ethnischen Hintergründen oder davon, ob sie | |
dem linken oder rechten Spektrum zugehören". Die Erklärung, die die | |
Förderungsnehmer künftig unterschreiben müssten, solle "vom Rechtsamt | |
ausgearbeitet werden", so Spallek: "Dass, wie in der Vergangenheit | |
geschehen, Mittelempfänger mit verfassungsfeindlichen Organisationen | |
kooperieren oder antisemitische Hetze betreiben, können wir als CDU nicht | |
akzeptieren." Zudem dürfe eine solche Erklärung "kein Problem" für | |
Projektpartner sein, so Spallek: "Denn die sind ja natürlich | |
verfassungstreu und stehen auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen | |
Grundordnung." | |
Für Bianca Klose von der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus Berlin | |
(MBR) ist die in Mitte getroffene Vereinbarung trotzdem "weder aus | |
demokratiepolitischer noch aus juristischer Sicht ein geeignetes | |
Instrument". Bisher habe Berlin geschlossen der Klausel widersprochen. "Ich | |
hoffe, dass der Beschluss in Mitte nicht wegweisend für Berlin wird", so | |
Klose. | |
Die rot-schwarzen Kooperationspartner in Neukölln jedenfalls haben "keine | |
derartigen Vereinbarungen getroffen", so Neuköllns SPD-Chef Fritz | |
Felgentreu zur taz. Und ob die CDU die Idee aus Mitte in die | |
Koalitionsverhandlungen auf Landesebene tragen will, wollte sie der taz | |
nicht verraten. | |
18 Oct 2011 | |
## AUTOREN | |
Alke Wierth | |
Konrad Litschko | |
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