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# taz.de -- G-20-Auftakt in Cannes: Kein Befindlichkeitsgipfel
> Der Streit über Griechenland dominiert den Auftakt des G-20-Gipfels.
> Merkel und Sarkozy drohen Papandreou offen mit einem Ausschluss aus der
> Eurozone.
Bild: Hatte sich das alles auch irgendwie spaßiger vorgestellt: Monsieur Le Pr…
CANNES taz | So schön hatte sich Nicolas Sarkozy seine Rolle als Gastgeber
des G-20-Gipfels vorgestellt. An der sonnigen Côte d'Azur wollte er sich
für den jüngsten Plan zur Euro-Rettung feiern lassen und sich, für den
anstehenden Wahlkampf ebenso wie für die Geschichtsbücher, dann im Palast
der Filmfestspiele in Cannes als großen Reformer der Weltfinanzen in Szene
setzen: Ernsthafte Regulierung von Groß- und Schattenbanken, Abbau von
Handelsungleichgewichten, Einführung der Finanzstransaktonssteuer, Verbot
von Nahrungsmittelspekulatuion, eine Reform des Währungssytems – darunter
wollte es Sarkozy nicht machen. Sein offizielles Motto für den Gipfel:
"Geschichte wird geschrieben in Cannes".
Das passiert nun tatsächlich, aber anders als Sarkozy es sich vorgestellt
hat. Die Eurokrise kehrte durch das zunächst angekündigte Referendum in
Griechenland mit Macht auf die Tagesordnung zurück – und in Cannes wurde
offen mit einem Ausschluss des Landes aus der Eurozone gedroht.
Es muss eine frostige Stimmung gewesen sein, als Sarkozy zusammen mit der
deutschen Kanzlerin Angela Merkel sowie Vertretern von EU, IWF und
Europäischer Zentralbank am Vorabend des eigentlichen Gipfels auf den
griechischen Premierminister Giorgos Papandreou treffen. Aus deutschen
Delegationskreisen sieht man sich zu der Aussage genötigt, es habe "kein
Gebrüll" gegeben. Aber die Aussagen und die Gesichter von Merkel und
Sarkozy im Anschluss an das Treffen am späten Mittwochabend lassen keinen
Zweifel an ihrem Ärger – und ihrer Entschlossenheit.
Das einseitig angekündigte Referendum habe die "psychologische Sitution
erheblich verändert" und zu einer "außergewöhnlich ernsten Lage" geführt,
sagte Merkel. Und während Papandreou die genaue Fragestellung ans Volk
zuvor offen gehalten hatten, machte das deutsch-französische Duo klar, was
bei der Abstimmung auf dem Spiel steht: "Im Kern geht es um nichts anderes
als um die Frage: Möchte Griechenland im Euroraum verbleiben, ja oder
nein?", sagte Merkel. Sarkozy ergänzte, man könne und wolle dem
griechischen Volk keine Vorschriften machen, aber weitere Untersützung für
das Land sei daran gekoppelt, "dass unsere Regeln eingehalten werden".
## "Verbleib in der Eurozone"?
Der mögliche Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone – bisher ein
absolutes Tabu – stand damit erstmals offen im Raum. Die Stabilität der
gemeinsamen Währung, so die klare Botschaft, sei wichtiger als die
Befindlichkeiten der Griechen. Papandreou knickte daraufhin ein: Zunächst
akzeptierte er noch am Mittwochabend die Interpretation, dass es beim
Referendum um den "Verbleib in der Eurozone" gehe und versprach, es auf
Anfang Dezember vorzuziehen. Am Donnerstag Nachmittag sagte er die
Volksabstimmung nach einer Einigung mit der Opposition dann ganz ab - was
Sarkozy mit offener Genugtuung kommentierte: "Die Politiker in Griechenland
haben unsere Botschaft verstanden." Merkel hingegen war von der Ankündigung
allein noch nicht überzeugt. "Für uns zählen Taten", sagte sie. Wichtig sei
eine schnelle Zustimmung zu den Beschlüssen des Euro-Gipfels.
Vom Tisch war die Euro-Krise mit der überraschenden Wende in Griechenland
noch nicht. Auch der offizielle Beginn des G-20-Gipfels am Donnerstag wurde
davon dominiert. "Der wichtigste Aspekt unserer Aufgabe ist es, die
Finanzkrise hier in Europa beizulegen", sagte Obama nach einem
Auftakttreffen mit Sarkozy. Vertreter von Deutschland, Frankreich, Italien
und Spanien berieten am Vormittag, wie die Eurokrise eingedämmt werden
kann, solange der Rettungsschirm EFSF noch nicht einsatzbereit ist.
Besondere Sorge machte dabei dem Vernehmen nach die Situation in Italien,
wo die Zinsen für Staatsanleihen weiter steigen. Ergebnisse wurden nicht
bekannt; aus deutschen Verhandlungskreisen hieß es zunächst nur, es gäbe
diverse Möglichkeiten, die finanzielle Feuerkraft zu erhöhen. Spekuliert
wird in Cannes über eine deutliche Aufstockung der Gelder des
Internationalen Währungsfonds, der ebenfalls an den Hilfspaketen für die
kriselnden Eurostaaten beteiligt ist.
Sarkozy begrüßte derweil die übrigen Gipfelteilnehmer in festlichem Rahmen
vor dem Palais in Cannes. Doch noch nicht einmal dabei erfüllte sich seine
Hoffnung auf stahlende Bilder: Pünktlich zum G-20-Beginn begann es im
sonnenverwöhnten Cannes zu regnen.
3 Nov 2011
## AUTOREN
Malte Kreutzfeldt
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