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# taz.de -- G-20-Gipfel in Cannes: Kernthemen aufgeschoben
> In Cannes einigen sich die Staatschefs darauf, mehr IWF-Gelder für
> Eurokrisenstaaten auszugeben. Entwicklungshilfeorganisationen sind
> enttäuscht.
Bild: Anti-G20-Demonstration in Nizza.
CANNES taz | Auch der zweite und letzte Tag des G-20-Gipfels ist von der
Eurokrise dominiert worden. Die teilnehmenden Staaten einigten sich darauf,
dass der Internationale Währungsfonds (IWF) eine Schlüsselrolle bei der
Lösung spielen soll: Zum einen soll er künftig zusätzliche kurzfristige
Kredite an Mitgliedsländer vergeben können, zum anderen wird die geplante
Ausweitung des Eurorettungsfonds, der sogenannte Hebel, offenbar über ein
Sondervermögen des IWF erfolgen.
Brasilien und China kündigten an, sich an der Finanzierung zu beteiligen,
sobald Klarheit über die Umsetzung des Rettungsplans bestehe. Eine weiteres
Ergebnis der Verhandlungen war, dass Italien seine Sparbemühungen künftig
vom IWF überwachen lässt, um das Vertrauen in die Umsetzung zu erhöhen. Für
Deutschland relevant ist die Aufforderung der G 20, Länder mit einem
Exportüberschuss sollten ihre inländische Nachfrage stärken.
Wenig konkrete Ergebnisse gab es bei den ursprünglichen Kernthemen des
Gipfels. Wie im Vorfeld erwartet, verkündete die G 20 in ihrer
Abschlusserklärung, dass 29 global bedeutende Großbanken in Zukunft mehr
Eigenkapital vorhalten müssen und besser überwacht werden, um sie weniger
anfällig für Finanzkrisen zu machen. Aus Deutschland gehören laut Kanzlerin
Angela Merkel die Deutsche Bank und die Commerzbank dazu. Umgesetzt werden
sollen die neuen Kapitalregeln ab 2016. Auch die Reform des
Währungssystems, durch die die Dominanz des Dollars gebrochen werden
sollte, wird erst nach 2015 in Angriff genommen.
Genaue Zahlen über die Eigenkapitalquote nennte die Erklärung nicht; im
Vorfeld war aus der deutschen Delegation ein Aufschlag von bis zu 2,5
Prozent genannt worden. Ein noch höherer Wert von 3,5 Prozent war dennach
erst ab einer Größe vorgesehen, die derzeit keine Bank erreicht; dies soll
als Anreiz gegen weiteres Wachstum dienen. Auch für so genannte
Schattenbanken, etwa große Hedgefonds oder Versicherungen, sollen
langfristig Regeln entwickelt werden.
## Ernährung geriet in den Hintergrund
Enttäuschend verlief aus Sicht entwicklungspolitischer Organisationen die
Debatte über die Finanztransaktionssteuer. Zwar habe Bill Gates beim Gipfel
einen wegweisenden Bericht über die Notwendigkeit neuer
Finanzierungsinstrumente für Entwicklung präsentiert. Und zwischenzeitlich
hatte US-Präsident Barack Obama, einer der Gegner der Steuer, Hoffnungen
geweckt, als er seine Bereitschaft erklärte, die Finanzmärkte stärker als
bisher an den Kosten der Krise zu beteiligen.
In der Abschlusserklärung werden die "Initiativen in einigen unserer
Länder, den Finanzsektor zu besteuern", aber lediglich "zur Kenntnis
genommen". Merkel kommentierte: "Hier gibt es leider die Positionen, die
wir schon kennen. Einige sind dafür, andere sind nicht dafür." Als positiv
bewertete die Organisation Oxfam, dass mit Brasilien, Argentinien und
Südafrika weitere außereuropäische Staaten die Steuer unterstützen.
Entscheidend sei nun, mit der Einführung zu beginnen und festzulegen, dass
der Großteil der Einnahmen für Entwicklung und Klimawandel verwendet werde.
Auch beim Thema Ernährungssicherheit gab es keine konkreten Ergebnisse.
Sarkozy hatte zu Beginn der französischen G-20-Präsidentschaft angekündigt,
die Spekulation mit Nahrungsmitteln zu unterbinden, um Preissteigerungen zu
begrenzen. Doch die Abschlusserklärung verweist nun lediglich auf zuvor
ausgearbeitete Vorschläge für mehr Transparenz und Regulierung. "Unsere
Erwartungen wurden zutiefst enttäuscht", erklärte die Organisation World
Vision. Eine Initiative der G 20 gegen Steuerflucht kritisierte Oxfam als
zahnlos, weil sie weiterhin bilaterale Abkommen zulasse, die das
Bankgeheimnis schützen.
Auch die Globalisierungskritiker, die im 35 Kilometer entfernten Nizza
einen Gegengipfel veranstaltet hatten, übten scharfe Kritik an den
G-20-Staatschefs: "Sie haben die Finanzmärkte beruhigt, aber die Völker
versinken immer tiefer in der Wirtschaftskrise", sagte Sprecher Franck
Gaye.
4 Nov 2011
## AUTOREN
Malte Kreutzfeldt
## TAGS
Schwerpunkt Klimawandel
Schwerpunkt Finanzkrise
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