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# taz.de -- Das Krisenglossar Teil 3: Der Internationale Währungsfonds
> Es ist noch nicht lange her, dass der IWF mit seinem schlechten Image zu
> kämpfen hatte. Jetzt gilt er als einer der wichtigsten internationalen
> Player. Dank der Krise.
Bild: Wo geht's lang? IWF-Präsidentin Christine Lagarde.
Wenn es einen Gewinner der Euro-Krise gibt, so ist das der Internationale
Währungsfonds, kurz IWF. Noch vor wenigen Jahren hatte der als Hüter der
Weltfinanzordnung und Nothelfer für Länder mit Zahlungsschwierigkeiten 1944
gegründete Fonds viel Respekt verspielt.
Es war ihm weder gelungen, die großen Krisen rechtzeitig vorherzusagen.
Noch schaffte er es, zu ihrer Lösung beizutragen. Das Problem dabei war
spätestens seit 1990 im wahrsten Sinne des Wortes grundsätzlich. Denn
damals erhob der IWF den "Konsens von Washington" zu seinem Prinzip, der
einem neoliberalen Dogma folgte: Kredite an notleidende Staaten wurden nur
unter der Auflage umfangreicher Privatisierungen, der Liberalisierung der
Märkte und des Rückzugs der Politik vergeben.
Dass es dafür eine Mehrheit gab, war vor allem der Konstruktion des Fonds
zu verdanken: Die Stimmrechte der 187 Mitgliedstaaten beruhen auf einem
Quotensystem, das die alten Wirtschaftsmächte bevorzugt. Als Folge der
einseitigen Politik suchten immer mehr Länder nach Alternativen.
Erst als sich 2007 die US-amerikanischen Subprime- und Banken-Krise zu
einer globalen Finanzkrise ausweitete und zugleich Dominique Strauss-Kahn
die Führung übernahm, gelang es dem IWF, sich neu zu positionieren. Mit dem
umtriebigen französischen Sozialisten an der Spitze bot er sich als
informeller Exekutivarm der neu entstandenen G20 an.
## Flexible Kreditlinie
Schließlich brauchten die Regierungschefs der wichtigsten Industrie- und
Schwellenländer eine globale Institution, die ihre Politik begleitete.
Zugleich revidierte der IWF zumindest in Teilen seine strikte Linie. Zu den
Strukturanpassungsauflagen, die er im Gegenzug für Kredite beispielsweise
von der Ukraine verlangte, gehörten plötzlich auch höhere Sozialausgaben.
Außerdem führte der Fonds eine Flexible Kreditlinie ein, die unverschuldet
in den Sog der Krise geratene Mitgliedsstaaten zur Verfügung steht. Diese
Gelder sind nicht an Reformprogramme geknüpft. Die G20 beschlossen zudem
2009, die IWF-Mittel von 400 auf 750 Milliarden US-Dollar aufzustocken -
das ist allerdings bisher bei weitem nicht umgesetzt.
Innerhalb des IWF brachte Strauss-Kahn die Reform der Stimmrechte voran:
Künftig sollen so viele Anteile von den alten Industrieländern zu
Schwellenländern wie Brasilien, Russland, China und Indien verschoben
werden, dass diese insgesamt ein leichtes Stimmübergewicht bekommen.
Inzwischen gilt der IWF auch unter Strauss-Kahns Nachfolgerin Christine
Lagarde als einer der wichtigsten Player in der internationalen Politik. Er
ist an den Rettungspaketen für die verschuldeten Euro-Länder beteiligt,
seine Experten gehören zur so genannten Troika, die regelmäßig
kontrollieren, ob die Auflagen für die Milliardenkredite auch erfüllt
werden. Hierbei allerdings stellen die betroffenen Länder fest, dass sich
Strauss-Kahns antineoliberaler Kurs offenbar nicht verfestigt hat. Die
IWF-Vertreter gelten stets als diejenigen, die die härtesten Reformen
fordern.
## Italien lässt sich auch überwachen
Und der Einfluss des Fonds soll weiter ausgebaut werden. Neben
Griechenland, Irland und Portugal lässt sich nun auch Italien von den
IWF-Kontrolleuren bei der Umsetzung seiner Sparprogramme überwachen - in
der Hoffnung, dass das mehr Vertrauen auf den Finanzmärkten schafft.
Im Gespräch ist auch, Euro-Ländern in akuten Zahlungsschwierigkeiten
schnelleren Zugriff auf Hilfen zu verschaffen. In Cannes empfahlen die G20,
die Flexible Kreditlinie mit einer Liquiditätslinie zu ergänzen. Über diese
soll jedes Mitgliedsland die Möglichkeit haben, kurzfristig für bis zu
sechs Monate bis zu 500 Prozent seines Kapitalanteils als Kredit zu
bekommen. Für Italien beispielsweise wären damit Hilfen in Höhe von bis zu
45 Milliarden Euro denkbar, für Spanien bis zu 23 Milliarden.
Ein ungelöstes Problem ist allerdings die begrenzte Finanzausstattung des
IWF. Deshalb diskutieren vor allem die großen Schwellenländer, ob der Fonds
eine Zweckgesellschaft gründen soll, über die er eigene Anleihen ausgeben
könnte.
Das Interesse von China und Co ist ein doppeltes: Einerseits könnten so
Milliarden beschafft werden, mit denen verschuldeten Ländern geholfen und
somit das Finanzsystem stabilisiert werden kann. Andererseits böten ihnen
IWF-Anleihen eine interessante Möglichkeit, die eigenen
Billionen-Überschüsse anzulegen, die deutlich sicherer wäre als die direkte
Kreditvergabe an Italien, Spanien und Co.
4 Nov 2011
## AUTOREN
Beate Willms
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Schwerpunkt Finanzkrise
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