| # taz.de -- Das Krisenglossar Teil 4: Die Schuldenspirale | |
| > Wie gerät ein Land in die Schuldenspirale – und wo führt diese Spirale | |
| > eigentlich hin? Die taz stellt die wichtigsten Vokabeln aus der | |
| > Finanzkrise vor. | |
| Bild: Schneckenhaus: Das Spiralenprinzip kann Staaten in Schuldennöte bringen. | |
| Staaten geht es wie ganz normalen Menschen: Wer sich Geld leiht, muss dafür | |
| Zinsen zahlen. Bedrohlich können Schulden dann werden, wenn der Schuldner, | |
| sei es ein Staat oder eine Privatperson, die damit verbundenen | |
| Zinszahlungen nicht mehr ohne weiteres leisten kann. Sobald der Schuldner | |
| neue Schulden aufnehmen muss, um die Zinsen alter Schulden zu bezahlen, | |
| sprechen Finanzexperten von einer Schuldenfalle bzw. Schuldenspirale. | |
| Leiht sich ein Schuldner Geld, um die Zinsen alter Schulden bezahlen zu | |
| können, steigt so seine Gesamtverschuldung. Damit verbunden steigt seine | |
| gesamte Zinslast noch weiter an. Hat ein Staat eine kritische Schuldensumme | |
| erreicht, kann er die Zinsen für alte Schulden durch aktuelle Einnahmen | |
| (zum Beispiel aus Steuern) nicht mehr vollständig zahlen. Seine alten | |
| Schulden tilgen kann er erst recht nicht. Und so bleibt ihm nichts anderes | |
| übrig, als sich wieder neues Geld zu leihen. | |
| Die Schuldenspirale gleicht dem Aufbau eines Schneckenhauses. Mit jeder | |
| Umdrehung um ihr Zentrum vergrößert sich der Kanal des Gehäuses. Mit jedem | |
| Tag, an dem ein Schuldner alte Zinsen bezahlen und dafür neue Kredite | |
| aufnehmen muss, wird auch seine gesamte Zinslast größer. Die Schnecke | |
| wächst, die (Schulden-)Spirale zieht größere Kreise. | |
| „Irgendwann kommt der Punkt, an dem die vom Staat erwirtschafteten | |
| Überschüsse zu großen Teilen nur noch für Zinszahlungen genutzt werden“, | |
| erklärt Dr. Kerstin Bernoth, Finanzexpertin vom Deutschen Institut für | |
| Wirtschaftsforschung (DIW). Für einen Staat hat das drastische Folgen. | |
| Durch die hohen Zinsbelastungen hat er kein Geld mehr übrig, um in die | |
| eigene Wirtschaft zu investieren. Das hemmt das Wachstum – die Firmen | |
| stellen keine neuen Mitarbeiter ein und halten sich mit Ausgaben zurück. | |
| Viele Menschen überlegen sich zweimal, ob sie ihr Geld ausgeben oder lieber | |
| sparen. Mögliche Folge: Die Nachfrage stockt, die Firmen verdienen weniger | |
| und entlassen Mitarbeiter. | |
| Zugleich sind potenzielle Geldverleiher an den Finanzmärkten beunruhigt. | |
| Sie sehen, dass der Staat sich immer schwerer tut, geliehenes Geld bzw. die | |
| fälligen Zinsen zurück zu zahlen. Für neue Kredite verlangen die | |
| Kreditgeber deshalb Risikoaufschläge. Das heißt für den Schuldnerstaat, | |
| dass er noch höhere Zinsen für neue Kredite akzeptieren muss. | |
| ## Staaten in der Zwickmühle | |
| Aus diesem Schneckenhaus auszubrechen ist schwierig. „In dieser Situation | |
| helfen einem Staat nur zwei Dinge: Radikaler Schuldenabbau und ein | |
| kräftiges Wachstum“, sagt Finanzexpertin Kerstin Bernoth. Entweder müsse | |
| das Wirtschaftswachstum eines Staates größer sein als der Zinssatz auf | |
| seine Staatsschulden. Oder der Staat müsse die Neuverschuldung abbauen und | |
| sogar Budgetüberschüsse erwirtschaften. | |
| Zur selben Zeit sei aber ein stabiles Wirtschaftsklima nötig. „Der Staat | |
| muss den Firmen Anreize geben zu investieren, ihnen also zum Beispiel | |
| günstige Finanzierungsmöglichkeiten wie Kredite, Förderprogramme oder | |
| Start-Up-Gelder zur Verfügung stellen“, sagt Bernoth. | |
| Die Staaten sind also in der Zwickmühle: Einerseits müssen sie drastisch | |
| sparen, um zu verhindern, dass ihre Schulden und damit die Zinsbelastungen | |
| in den Himmel wachsen. Andererseits müssen sie erreichen, dass es ihren | |
| Unternehmen gut geht und diese viele Steuern zahlen. Dafür sind | |
| Konjunkturprogramme nötig – und neue Schulden. | |
| 7 Nov 2011 | |
| ## AUTOREN | |
| Jakob Schulz | |
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