# taz.de -- Zuverdienerrolle in Deutschland: Hausfrauen sind richtig teuer | |
> Bei einer Diskussion der SPD-Fraktion zum Thema Gleichstellung wird die | |
> Subvention der Hausfrauenehe in Frage gestellt. Die Fachwelt applaudiert. | |
Bild: Dem Gatten zu Haus gratis den Rücken frei halten: Ganz schön teuer. | |
BERLIN taz | Die herkömmliche Hausfrauenehe, in der die Gattin nicht oder | |
wenig arbeitet, ist schön billig - für Männer. Für die Gesellschaft und | |
einen Großteil der Frauen ist sie hingegen teuer. Das war eine der | |
Erkenntnisse, die eine Diskussion der SPD-Fraktion am Montagabend zum Thema | |
Gleichstellung brachte. | |
Die Veranstaltung "Zukunftsdialog Rolle(n) vorwärts" machte deutlich, wie | |
sehr die Zuverdienerrolle in Deutschland monetär zementiert ist. Ein Mann | |
profitiert nicht nur vom Ehegattensplitting, das ihm eine schöne | |
Steuerersparnis bringt. Bei einem Einkommen von 5.000 Euro seien es | |
monatlich 473 Euro, rechnete Finanzberaterin Heide Härtel-Herrmann vor. | |
Er profitiert jedoch auch, weil die Gesellschaft die Kosten für die | |
Mitversicherung seiner Frau in der Krankenkasse zahlt und die | |
Rentenversicherung die Witwenrente subventioniert, die seine Frau nach | |
seinem Tod erhält. Nur deshalb kann das Paar es sich leisten, dass die Frau | |
dem Gatten zu Haus gratis den Rücken frei hält. Jede dieser Frauen koste | |
die Gesellschaft 536.844 Euro, so Härtel-Herrmann, und sagt: "Ich finde, | |
das geht nicht." | |
Wird die Ehe geschieden, was bei einem guten Drittel aller Ehen der Fall | |
ist, trägt die Kosten für das bisherige Modell vor allem die Frau. Das neue | |
Unterhaltsrecht begrenzt die Zahlungen des Exmannes. Sie dagegen rutscht | |
vor allem im Rentenalter in die Armut: Der Gender Pension Gap, der Abstand | |
der Frauenrente zur Männerrente, beträgt in Deutschland sage und schreibe | |
59,6 Prozentpunkte. | |
## "Die Frauen kassieren vergiftete Geschenke" | |
Dina Frommert von der Rentenversicherung Bund alarmierte dabei vor allem, | |
dass sich diese Differenz auch bei den jüngeren Frauen nicht ändert. Auch | |
diese setzen wegen der Erziehung von Kindern etwa zehn Jahre beruflich aus | |
und arbeiten danach oft in Teilzeit. Die von Arbeitsministerin Ursula von | |
der Leyen geplante "Zuschussrente" für Frauen, deren Rente nicht reicht, | |
zementiere dieses Modell, so Härtel-Herrmann: "Die Frauen kassieren | |
vergiftete Geschenke." | |
"Wir müssen weg vom Reparaturbetrieb", befand Christel Humme, | |
gleichstellungspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion. "Wir müssen die | |
Frauen im Beruf halten." Dafür soll es etwa einen Rechtsanspruch auf einen | |
Vollzeitarbeitsplatz geben, wenn eine Mutter eine Weile Teilzeit gearbeitet | |
hat. Wichtig sei auch die Erhöhung der Niedriglöhne, die Frauen oft | |
bezögen. Dafür müssten die Minijobs reformiert und ein Mindestlohn | |
eingeführt werden. | |
Die Frauenpolitik müsse sich vor allem an einem konsistenten Leitbild | |
ausrichten, waren sich die DiskutantInnen einig. Frauen erst gut | |
auszubilden und ihnen dann eine Karriere als unentgeltliche Heimarbeiterin | |
zu subventionieren, sei das Gegenteil von konsistent. | |
Dass die heutige Bundesregierung daran etwas ändern wird, ist | |
unwahrscheinlich. Zwar hat ein ExpertInnengremium im Januar einen | |
ambitionierten "Ersten Gleichstellungsbericht" erarbeitet, in dem als | |
Leitbild formuliert wird, dass Frauen und Männer vor allem "für sich selbst | |
sorgen" können müssten. Doch dieses egalitäre Bild hat die Bundesregierung | |
in ihrem Kommentar zum Bericht sogleich wieder einkassiert, weil sie | |
anstrebt, "Kindererziehung und Altenpflege neben und nicht nachrangig zur | |
Erwerbsarbeit zu stellen" - es grüßt die soeben beschlossene Herdprämie. | |
8 Nov 2011 | |
## AUTOREN | |
Heide Oestreich | |
## TAGS | |
Frauenquote | |
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