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# taz.de -- Kristina Schröders Herdprämie: Herkules und die Schönheit
> Familienministerin Schröder (CDU) will, dass alle Eltern für ein Jahr
> Betreuungsgeld bekommen, die ihre Kinder nicht in die Kita bringen. So
> richtig gut findet das keiner.
Bild: Familienministerin Schröder möchte mit der Herdprämie ihr konservative…
BERLIN taz | Es sei eine "schöne Aufgabe", sagte Familienministerin
Kristina Schröder (CDU) kürzlich vor Journalisten, und eine
"Herkulesaufgabe": ein Konzept für das umstrittene Betreuungsgeld. Das hat
sie nun vorgelegt: Die "Herdprämie" soll ab 2013 nicht wie geplant für zwei
Jahre ausgezahlt werden, sondern nur für das zweite Lebensjahr des Kindes.
Dann sollen alle Eltern jeden Monat 150 Euro dafür bekommen, dass sie ihr
Kind zu Hause behalten, statt es in eine Kita zu bringen. Also auch jene,
die nach der Elternzeit ein bisschen arbeiten und für die paar Stunden eine
Kinderfrau einstellen oder die Oma hüten lassen. Kristina Schröder
bezeichnet das als "kulturkämpferische Komponente".
Wo das Schöne in der Aufgabe liegt, das der Republik zu vermitteln, bleibt
allein der Deutung der Ministerin vorbehalten. Herkulisch ist die Aufgabe
auf jeden Fall. Denn die Ministerin muss nicht nur zwischen CSU und FDP
vermitteln. Die Bayernpartei will die Herdprämie unbedingt - schließlich
geht es für sie um ein familienpolitisches Leitbild, das mehr und mehr
wegbricht: Die Kindlein gehören zur Mutter und nicht in die Kita, und die
Mutti ist zu Hause sowieso besser aufgehoben als im Büro.
Die Liberalen wollen lieber kein Geld ausgeben. Wir warten mal ab, was der
Finanzminister sagt, dimmte FDP-Generalsekretär Christian Lindner das Thema
am Montag erst mal runter.
Und pflichtgemäß kräht die Opposition: "unsinnige Maßnahme", "absurd" und
"weg damit". Als "falschen Anreiz" bezeichnen auch einige Gutachten das
Modell. So sieht die Rechtswissenschaftlerin Margarete Schuler-Harms darin
"eine Rückkehr zu einem überholten Modell der Familienförderung": "Das
Betreuungsgeld zementiert die ökonomische Abhängigkeit der Frau vom
Ehepartner." Grund: Die Frau hockt dann in der Minijob-Falle und kommt da
auch nicht mehr raus.
Selbst in ihrer eigenen Partei ist man nicht unbedingt glücklich über die
neue Schröder-Idee. Maria Böhmer, Chefin der CDU-Frauen-Union, sagt, die
Frauen könnten das Geld auch nutzen, um damit ihre Rentenansprüche
aufzubessern oder es in eine Pflegeversicherung zu stecken.
Ganz schön verworren, eine echte Herkulesaufgabe eben. Aber wieso
eigentlich das ganze Geschrei? Einerseits gibt es die Herdprämie noch gar
nicht, sie soll ja erst 2013 kommen. Andererseits gibt es sie aber doch,
nämlich in Bayern, Thüringen, Sachsen und Baden-Württemberg. In Bayern
heißt sie "Erziehungshilfe", in Thüringen "Erziehungsgeld". In Thüringen
bekommen es alle Eltern, unabhängig davon, ob sie arbeiten oder nicht und
wie viel sie verdienen.
## Geld für den Kita-Ausbau
Und was hat das gebracht? Nicht viel, sagt Patrick Kurth, Generalsekretär
der Thüringer Landes-FDP: "Es entscheiden sich vor allem diejenigen dafür,
die sowieso zu Hause sind, ob aus arbeitsmarktpolitischen oder aus
kulturellen Gründen", sagt der Vater einer Tochter - also
Hartz-IV-EmpfängerInnen und MigrantInnen.
Doch gerade die sollten ihre Kinder besser in eine Kita bringen, findet
Kurth: "Dort lernen die Kinder Sozial- und Sprachkompetenz." Ginge es nach
ihm, meint Kurth, sollte man die zwei Milliarden Euro, die für das
Betreuungsgeld eingeplant sind, lieber zusätzlich in den Kita-Ausbau
stecken.
Kristina Schröder wird sich wohl noch eine Weile ihrer "schönen Aufgabe"
widmen müssen, Union und FDP bei diesem Thema zusammenzubringen. Sie wird
außerdem noch an ein paar Details feilen müssen. Denn bislang ist unklar,
wie wenige Stunden Mütter (vielleicht auch Väter?) überhaupt arbeiten
dürfen, um die 150 Euro zu bekommen.
## Wahlmöglichkeiten
Unklar ist auch, ob Eltern, die nach dem Mutterschutz Teilzeit arbeiten und
dadurch zwei Jahre lang Teilelterngeld bekommen, keinen Anspruch auf das
Betreuungsgeld haben oder ob sie es "oben drauf" bekommen. Das sei "noch
nicht präsent", erklärte eine Ministeriumssprecherin.
Sie plädiere für Wahlmöglichkeiten, betont Kristina Schröder immer wieder.
Jetzt hat sie mal die Wahl: zwischen "kulturkämpferischer Komponente" oder
vielleicht doch "weg damit". Könnte sein, dass ihr die Wahl abgenommen
wird: Im Haushaltsentwurf 2012 deutet momentan nichts darauf hin, wie 2013
das Betreuungsgeld bezahlt werden könnte.
10 Oct 2011
## AUTOREN
Simone Schmollack
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