# taz.de -- Familienkonzept der SPD: Einmal Hartz-Kind, immer Hartz-Kind | |
> Das neue Familienkonzept der SPD ist gut, aber nicht gut genug, | |
> kritisieren Familienverbände und Gewerkschaften. Vorschläge für | |
> Verbesserungen gibt es zahlreiche. | |
Bild: Das neue Kindergeld der SPD soll auf Hartz IV angerechnet werden - Sozial… | |
BERLIN taz | Das neue familienpolitische Konzept der SPD [1]["Familienland | |
Deutschland"] ist zu begrüßen, es geht aber nicht weit genug. So lassen | |
sich die Reaktionen von Familienverbänden, Gewerkschaften und anderer | |
Oppositionsparteien auf das Papier zusammenfassen, das künftig | |
familienpolitische Leitlinie der SPD sein soll. | |
Jetzt sind die Sozialdemokraten in der Opposition. Aber wenn sie regieren, | |
wollen sie unter anderem einen Rechtsanspruch für jedes Kind in einer Kita | |
und später in einer Ganztagsschule durchsetzen, mehr Teilzeit für Frauen | |
und Männer ermöglichen und arme Familien finanziell stärker fördern. Dazu | |
sollen beispielsweise das Kindergeld in Höhe von 184 Euro pro Kind und der | |
Kinderzuschlag in Höhe von 140 Euro, den Geringverdienende auf Antrag | |
erhalten, zusammengelegt werden. Für Reiche soll der Kinderfreibetrag | |
begrenzt werden. Das ursprüngliche Kindergeld sollen die aber weiter | |
bekommen. | |
"Das Konzept ist ein Schritt in die richtige Richtung, hin zu einer | |
allgemeinen Kindergrundsicherung", sagt Barbara König, Geschäftsführerin | |
des Zukunftsforums Familie: "Aber das reicht noch nicht." Königs Verein | |
plädiert für eine monatliche Kindergrundsicherung in Höhe von 502 Euro für | |
jedes Kind. Die sollen auch jene Familien bekommen, die Hartz IV beziehen. | |
Doch genau das passiert mit dem SPD-Vorschlag, der unter Federführung von | |
Parteivize Manuela Schwesig entstanden ist, nicht. Das "neue Kindergeld" | |
soll auf Hartz IV angerechnet werden, SozialgeldbezieherInnen gehen also | |
leer aus. Lediglich GeringverdienerInnen können je nach Einkommen bis zu | |
324 Euro monatlich bekommen. | |
## Förderung vom Kopf auf die Füße gestellt | |
Das kritisieren auch die Grünen. "SozialgeldbezieherInnen werden lapidar | |
mit einem Satz abgehandelt", sagt Katja Dörner, familienpolitische | |
Sprecherin der Grünen-Fraktion im Bundestag. Grundsätzlich gehe die SPD | |
aber in die richtige Richtung. "Förderung für Kinder und Familien wird vom | |
Kopf auf die Füße gestellt", sagt Katja Dörner. | |
Auch die Linkspartei findet das Konzept "in der Zielrichtung" gut. Um Armut | |
aber wirksam zu begegnen, sollten Ganztagskitas "elternbeitragsfrei" sowie | |
unabhängig vom Erwerbs- oder Aufenthaltsstatus ihrer Eltern zugänglich | |
sein, sagt Cornelia Möhring, frauenpolitische Sprecherin der Fraktion. | |
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) fordert seit Längerem, den | |
Kinderzuschlag auszuweiten: auf 200 Euro für Kinder bis fünf Jahre und auf | |
272 Euro für Kinder ab 14 Jahre. Damit würden mehr Kinder aus Hartz IV | |
"herausgeholt". | |
Rund zwei Millionen Minderjährige leben derzeit von Hartz IV, jedes siebte | |
Kind lebt auf Hartz-IV-Niveau. Das "neue Kindergeld" der SPD kostet nach | |
Rechnungen der Partei jährlich 2 Milliarden Euro. | |
Familienministerin Kristina Schröder (CDU) kritisiert erwartungsgemäß die | |
SPD-Reformpläne. Den Kinderfreibetrag zu begrenzen sei mit dem Grundgesetz | |
nicht vereinbar, sagt sie. Das weist die SPD zurück: Der Steuerfreibetrag | |
unter anderem für Betreuungs- oder Ausbildungsaufwand sei nicht mehr | |
begründbar. Es mangele nicht mehr so stark an öffentlicher Kinderbetreuung, | |
sagt Fraktionsvize Dagmar Zieger. Ebenso könnten die Kinderbetreuungskosten | |
inzwischen steuerlich geltend gemacht werden. | |
Aber auch die Grünen sehen beim SPD-Konzept "verfassungsrechtliche | |
Bedenken" und planen ein eigenes Konzept für eine Kindergrundsicherung. | |
3 Oct 2011 | |
## LINKS | |
[1] /Mehr-Rechte-fuer-Familien/!79018/ | |
## AUTOREN | |
Simone Schmollack | |
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