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# taz.de -- Nagelbombenanschlag von 2004: Kölner Terror steht vor Aufklärung
> Mitglieder des "Nationalsozialistischen Untergrunds" sind wohl die
> Urheber eines Nagelbombenanschlags aus dem Jahr 2004. Eine weitere
> Bluttat wird untersucht.
Bild: Ein Polizist sichert am 9. Juni 2004 in Köln die Spuren der Explosion .
KÖLN taz | Kaum einer hatte mehr mit der Aufklärung des
Nagelbomben-Attentats in Köln gerechnet. Doch jetzt scheinen die
Verantwortlichen für den blutigen Anschlag festzustehen.
Auch diese Tat geht offenkundig auf das Konto der Zwickauer
Rechtsterroristenzelle "Nationalsozialistischer Untergrund". Das legen
jedenfalls die DVDs nahe, die die Ermittler in den Trümmern des Wohnhauses
der Gruppe in Zwickau fanden.
Am Nachmittag des 9. Juni 2004 explodierte in der belebten Keupstraße im
Kölner Stadtteil Mülheim eine mit Nägeln gefüllte Bombe und verletzte 22
Menschen türkischer Herkunft, vier davon schwer. Als mutmaßliche Täter
identifizierte die Polizei zwei unbekannte Männer im Alter 25 und 35
Jahren, die die selbst gebaute Bombe auf einem Fahrrad deponiert und per
Fernsteuerung gezündet haben sollen. Eine Überwachungskameras hatte sie
gefilmt.
Doch die Fahndung nach den beiden blieb erfolglos - bis zum Wochenende. Nun
scheint festzustehen, dass es sich um Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt
handelt. Nicht nur die damaligen Phantombilder weisen große Ähnlichkeiten
auf. Vor allem spricht der von ihnen hinterlassene 15-minütige Film dafür:
Er zeigt auf einem Foto die Nagelbombe vor ihrer Explosion.
## "In alle Richtungen" ermittelt
Dass die Tat jetzt vor der Aufklärung steht, erfreut Yildirim Özcan. Vor
seinem Friseurladen explodierte die Bombe. "Die Polizei hat sich nur auf
meinen Laden fixiert, über Schutzgelderpressungen nachgedacht", sagt er.
Jetzt stehe endlich der wahre Hintergrund fest. Die Keupstraße ist
mehrheitlich von Menschen türkischer und kurdischer Herkunft bewohnt und
gilt mit ihren Dönerbuden, Bäckereien und Restaurants als beliebte
Multikulti-Meile.
Die Polizei ermittelte nach der Tat "in alle Richtungen", befand jedoch,
nichts weise auf ein fremdenfeindliches oder terroristisches Motiv hin.
Einen Tag nach dem Anschlag verkündete Bundesinnenminister Otto Schily
(SPD), die Erkenntnisse der Sicherheitsbehörden deuteten "auf ein
kriminelles Milieu" hin. Der türkische Botschafter Ali Irtemcelik sprach
hingegen von einer "terroristischen Tat" - und lag damit offenkundig
besser.
Wieder aufgerollt werden soll jetzt auch ein anderer ungeklärter Fall: der
Anschlag auf die Düsseldorfer S-Bahn-Station Wehrhahn am 27. Juli 2000. Bei
der Detonation eines selbst gefertigten und in einem Mülleimer deponierten
Sprengsatzes wurden damals zehn Menschen verletzt, einige davon schwer.
Eine junge Frau verlor ihr ungeborenes Baby.
Bei den Opfern handelte es sich um Kontingentflüchtlinge aus der ehemaligen
Sowjetunion, die sich auf dem Weg zu einer Sprachschule befanden. Sechs der
Opfer waren jüdischen Glaubens. Der Anschlag löste eine bundesweite Debatte
über die Gefahr von rechts aus. Die Düsseldorfer Staatsanwaltschaft
ermittelte zunächst "gezielt und vorrangig in Richtung ausländerfeindlich
beziehungsweise antisemitisch motivierte Tat".
## Anschlag in Düsseldorf
Doch nachdem umfangreiche Ermittlungen in der Düsseldorfer Neonazi-Szene
kein Ergebnis brachten, neigte sie später der Spekulation zu, die
Russenmafia könnte dahinter stecken. Das sei "sicherlich eine Theorie, die
man nicht einfach von der Hand weisen kann", sagte ein Jahr später der
Sprecher der Düsseldorfer Staatsanwaltschaft, Johannes Mocken. Auch dem
damaligen Oberbürgermeister Joachim Erwin (CDU) lag die Mafiatheorie
"gefühlsmäßig am nächsten".
Gegen einen rechten Anschlag spräche, erläuterte Mocken seinerzeit der taz,
dass sich niemand dazu bekannt hätte. Das stehe im Widerspruch zum
Bekenntniseifer der Rechten. Eine Einzeltäterschaft sei ebenfalls nicht
sehr wahrscheinlich.
Alle Ermittlungen verliefen im Sande. Ohne Erfolg blieb auch die Suche nach
zwei Männern, die Zeugen zum Zeitpunkt der Bombenexplosion in unmittelbarer
Nähe zum Tatort gesehen hatten. Die damals erstellten Phantombilder sollen
jetzt mit Fotos von Mundlos und Böhnhardt verglichen werden.
13 Nov 2011
## AUTOREN
Pascal Beucker
Pascal Beucker
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Schwerpunkt Rechter Terror
Schwerpunkt Rassismus
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