# taz.de -- Militär in Ägypten: Büros von NGOs gestürmt | |
> Ägyptische Behörden durchsuchen die Räume von 17 ägyptischen und | |
> ausländischen Organisationen. Der Vorwurf: Illegale Finanzierung aus dem | |
> Ausland. | |
Bild: Protest gegen das ägyptische Militär im Dezember in Kairo. | |
KAIRO/BERLIN afp/taz | In der ägyptischen Hauptstadt Kairo haben Vertreter | |
von Justiz und Polizei am Donnerstag die Büros zahlreicher | |
Nichtregierungsorganisationen (NGO) durchsucht. Die Einsätze fanden nach | |
offiziellen Angaben in den Räumen von insgesamt 17 ägyptischen und | |
ausländischen Organisationen statt. Grund für die Durchsuchungen waren den | |
Behörden zufolge Ermittlungen wegen des Verdachts illegaler "Finanzierung | |
aus dem Ausland". | |
Nach Angaben von NGO-Vertretern und aus Justizkreisen waren unter anderem | |
zwei US-Organisationen betroffen. Eine Vertreterin der | |
Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch in Ägypten, Heba Morajef, | |
sagte, die Büros des National Democratic Institute (NDI) seien durchsucht | |
worden. Aus Justizkreisen verlautete, bei der anderen US-Organisation | |
handle es sich um das International Republican Institute (IRI). Ein | |
Journalist der Nachrichtenagentur AFP beobachtete, dass der Zugang zu den | |
Räumen des NDI in Kairo von Sicherheitskräften gesperrt war. Aus dem | |
Gebäude kamen Männer mit Kartons voller Dokumente. Nach einem Bericht der | |
Website Bikyamasr war unter anderem auch die deutsche | |
Konrad-Adenauer-Stiftung betroffen. | |
Nach Angaben des Kairoer Instituts für Menschenrechtsstudien (CIHRS) nahm | |
die Staatsanwaltschaft Ermittlungen gegen die Mitarbeiter der | |
Organisationen auf, während die Polizei Unterlagen und Computer | |
durchsuchte. Die Mitarbeiter würden in ihren Büros festgehalten und dürften | |
nicht telefonieren oder ihre Laptops benutzen, wie die Website bikyamasr | |
berichtete. In einer Stellungnahme des CIHRS hieß es, die Maßnahme sei Teil | |
einer Kampagne der regierenden "Militärjunta" gegen die Zivilgesellschaft | |
und Menschenrechtsgruppen in Ägypten. "Das Stürmen der NGO-Büros ist ein | |
beispielloser Schritt in der jüngeren Geschichte ägyptischer NGOs," hieß es | |
weiter. | |
Ahmed Seif al-Islam, Anwalt und Leiter des Hisham Mubarak Instituts für | |
Recht, sagte, das Militär führe seit Monaten eine harte Kampagne gegen | |
zivilgesellschaftliche Organisationen, "um die freie Rede in der | |
ägyptischen Gesellschaft zu eliminieren". Auch im Internet erfolgten die | |
Reaktionen promt. "Während der Mubarak-Ära hat sich die Regierung nie | |
getraut, so etwas zu tun," schrieb etwa der bekannte Menschenrechtsaktivist | |
Negad El-Bourai auf Twitter. | |
Nach einem ägyptischen Gesetz aus dem Jahr 2002 müssen NGOs sich beim | |
Ministerium für soziale Solidarität registrieren, ehe sie ausländische | |
Gelder beziehen können. Im Oktober gab Justizminister Mohammed Abdel Aziz | |
El-Guindy bekannt, er habe zwei Richter damit beauftragt, Vorwürfen | |
nachzugehen, dass einige Organisationen Geld aus dem Ausland erhalten. | |
Solche Anschuldigungen waren nach dem Sturz Mubaraks aufgetaucht, um | |
Gruppen wie die 6. April Bewegung zu diskreditieren. Diese Organisation | |
sowie einige andere konnten die Vorwürfe inzwischen entkräften. | |
Mitte Dezember veröffentlichten die Richter eine Erklärung, nach der über | |
300 von 35.000 zivilgesellschaftlichen Organisationen in den vergangenen | |
sechs Jahren ausländische Gelder erhalten hätten. Zu diesen NGOs gehören | |
beispielsweise auch islamische Vereinigungen. | |
In einem bereits zuvor veröffentlichten Untersuchungsbericht der Richter | |
hatte es geheißen, die salafistische Vereinigung Ansar El-Sonna habe 30 | |
Millionen Dollar aus Qatar und 19 Millionen Dollar aus Kuwait erhalten. | |
Diese Summen seien am 12. Februar, einen Tag nach dem Sturz von Mubarak, | |
von dem damaligen Minister für soziale Solidarität gebilligt worden. Ansar | |
al Sunna erklärte dazu, das Geld sei nicht für politische, sondern für | |
soziale Zwecke bestimmt gewesen. Nach Angaben von ahram online unterstützte | |
USAID amerikanische NGOs in Ägypten mit insgesamt 11 Millionen Dollar. Aus | |
dem Bericht ging nicht hervor, an welche ägyptischen NGOs die restlichen | |
4,25 Millionen Dollar von USAID gingen. | |
29 Dec 2011 | |
## AUTOREN | |
Beate Seel | |
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