# taz.de -- Streit zwischen Ägypten und den USA: Das Ende einer guten Beziehung | |
> 19 US-Bürger sollen in Ägypten vor Gericht. Die USA drohen daher mit | |
> Kürzungen der Finanzhilfe. Nun will Ägypten erst recht nicht mehr | |
> nachgeben. | |
Bild: Ihr Verhältnis ist gerade etwas angespannt: Mohammend Kamel Amr, Außenm… | |
BERLIN taz | Das harsche Vorgehen der ägyptischen Behörden gegen | |
Mitarbeiter von ausländischen Nichtregierungsorganisationen und Stiftungen | |
hat zu einem heftigen Streit zwischen Washington und Kairo geführt. | |
Vertreter des US-Kongresses und des Weißen Hauses haben bereits mit einer | |
Kürzung der US-Hilfe an Ägypten gedroht. Im Gegenzug hat eine Delegation | |
aus Kairo abrupt ein Treffen mit Abgeordneten in Washington abgesagt. Die | |
US-Regierung unterstützt das Land am Nil jährlich mit 1,3 Milliarden Dollar | |
Militärhilfe und 250 Millionen Dollar Wirtschaftshilfe. | |
Das ägyptische Justizministerium hatte am Montag die Anklage gegen 43 | |
Mitarbeiter ausländischer Organisationen veröffentlicht. Ihnen wird unter | |
anderem vorgeworfen, sie hätten die Sicherheit des Landes gefährdet. | |
Betroffen sind neben der [1][Konrad-Adenauer-Stiftung] vor allem vier | |
US-amerikanische Organisationen: das National Democratic Institute, das | |
International Republican Institute (IRI), Freedom House und das | |
International Center for Journalists (ICJ). | |
19 US-Bürger sollen vor Gericht. Von diesen halten sich ägyptischen Angaben | |
zufolge noch sechs in Kairo auf, vier davon haben sich in die US-Botschaft | |
in Kairo abgesetzt. Einer von ihnen ist der Leiter des IRI in Ägypten, Sam | |
LaHood, Sohn des amerikanischen Transportministers. | |
Wie die Washington Post berichtete, organisierten NDI und IRI Kurse über | |
Basisorganisation, politische Kampagnen und den Ablauf demokratischer | |
Wahlen. Freedom House trainierte junge Aktivisten und beteiligte sich an | |
internationalen Austauschprogrammen, während ICJ sich um | |
Journalistenausbildung und Kurse über die Arbeitsweise freier Presse | |
kümmerte. Die Zentralen dieser Organisationen in Washington bekommen unter | |
anderem Gelder von der US-Regierung. | |
Die ägyptischen Behörden werfen den NGOs vor, ohne Genehmigung gearbeitet | |
und ausländische Gelder erhalten zu haben. In einer Stellungnahme des | |
Weißen Hauses hieß es, die betroffenen Personen hätten "nichts falsch" | |
gemacht. Sie hätten nur Ägypten bei dem Übergang zur Demokratie | |
unterstützt. | |
## Drohendes "Desaster" | |
Das Weiße Haus warnte zudem vor Konsequenzen, falls die US-Bürger | |
tatsächlich vor Gericht gestellt würden. In einer Stellungnahme von drei | |
US-Senatoren, die von einem drohenden "Desaster" sprachen, hieß es: "Die | |
gegenwärtige Krise mit der ägyptischen Regierung ist derart eskaliert, dass | |
sie jetzt unsere langjährige Partnerschaft bedroht." | |
Bereits am vergangenen Wochenende hatte US-Außenministerin Hillary Clinton | |
am Rande der Sicherheitskonferenz in München ihren ägyptischen Amtskollegen | |
Mohammed Kamel Amr nachdrücklich aufgefordert, die Anklagen fallen zu | |
lassen und den Betroffenen die Ausreise zu ermöglichen. Die Anklage wurde | |
trotzdem erhoben. | |
Laut Ahram Online gab es zwar zunächst Bemühungen, die Angelegenheit | |
außergerichtlich zu regeln, doch nach den US-Drohungen waren diese vom | |
Tisch. Amr Roshdy, Sprecher des Außenministeriums, sagte, diese Initiativen | |
seien durch die "direkten und wiederholten Drohungen aus Washington mit der | |
Kürzung der Militärhilfe erstickt" worden. | |
In dem im Dezember verabschiedeten US-Haushalt für 2012 wurde ungeachtet | |
von Einwänden der US-Regierung festgehalten, dass die Militärhilfe für | |
Ägypten künftig an Bedingungen geknüpft ist. Diese beinhalten freie und | |
faire Wahlen, eine Politik, die Meinungs-, Organisations- und | |
Religionsfreiheit umsetzt sowie ordentliche Gerichtsverfahren. | |
Bei dem harten Kurs gegenüber den NGOs und Stiftungen soll laut Washington | |
Post die Ministerin für Planung und Internationale Zusammenarbeit, Faiza | |
Abu al-Naga, eine führende Rolle gespielt haben. Sie hat ihr Amt bereits | |
seit 2001 inne, hatte demnach damals gute Beziehungen zu Präsident Husni | |
Mubarak und soll heute gute Kontakte zum Chef des herrschenden Militärrats, | |
Hussein Tantawi, unterhalten. | |
## Die Feinde aus dem Ausland | |
In diesem Zusammenhang ist es auffällig, dass der Militärrat nach fast | |
allen großen Protesten und Auseinandersetzungen in Kairo in nicht näher | |
bezeichneten ausländischen Kräften die Urheber sieht. Es überrascht daher | |
wenig, dass bei der Überprüfung der Registrierung und Finanzierung der NGOs | |
durch die Justiz zunächst Gruppen im Visier standen, die den revolutionären | |
Protest auf dem Tahrirplatz angeführt hatten. | |
Die Bewegung konnte die ihr gegenüber erhobenen Anschuldigungen illegaler | |
ausländischer Finanzierung zwar widerlegen. Doch die Mitarbeiter | |
ägyptischer NGOs, die noch nicht vor Gericht stehen, haben nicht die | |
politische Rückendeckung der US-Regierung oder der Bundesregierung wie im | |
Fall der Konrad-Adenauer-Stiftung. | |
10 Feb 2012 | |
## LINKS | |
[1] /Bundestag-gegen-aegyptische-Justizbehoerden/!87411/ | |
## AUTOREN | |
Beate Seel | |
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