# taz.de -- Forscher über Männerrechtler: "Sie arbeiten gegen Männer" | |
> Antifeministen versuchen, Geschlechterpolitik mit Hassparolen zu | |
> torpedieren. Ihre Polemiken finden sich auch im Mainstream. Ein Gespräch | |
> über Gender-Freiheit. | |
Bild: Weltbild der Männerrechtler: Frauen haben Spaß während Männer schufte… | |
taz: Herr Rosenbrock, die antifeministischen Männerrechtler sind ein paar | |
Querulanten, die einen Hass auf Frauen haben. Warum interessieren Sie sich | |
dafür? | |
Hinrich Rosenbrock: Organisiert sind tatsächlich nur ein paar hundert, zum | |
Beispiel bei "agens" oder "Manndat". Aber ihre Argumentationen wirken in | |
weniger extreme Strömungen hinein. Mit ihren Hassparolen erschweren sie | |
sachliche Debatten über Geschlechterfragen. Teilweise tauchen ihre | |
Botschaften auch in der Mainstreampresse auf, im Spiegel oder in der FAZ. | |
Wie sieht der Antifeminismus dieser Gruppen aus? | |
Sie sehen den Feminismus als ein in sich geschlossenes Ideologiemodell, das | |
auf Männerhass beruht. Die vielen Strömungen innerhalb des Feminismus, | |
dessen Zusammenarbeit mit Männern und auch die Ansätze einer | |
emanzipatorischen Männerpolitik sehen sie nicht. Zudem gehen diese Leute | |
davon aus, dass der Feminismus allmächtig sei. Gerichte, Politik, Medien: | |
alles sei vom Feminismus unterwandert. | |
Wie kommt man angesichts der zahlenmäßigen Machtverhältnisse auf diese | |
Idee? | |
Zum einen sind da oft persönliche Schlüsselerlebnisse, etwa im Zuge einer | |
Scheidung, bei denen der Mann das Gefühl bekommen hat, am kürzeren Hebel zu | |
sitzen. Zum anderen können viele dieser Männer nicht unterscheiden: Frauen | |
treten öffentlich in Erscheinung, was in manchen Bereichen eine Neuerung | |
ist. Aber das heißt nicht zugleich, dass Frauen dort dominieren, geschweige | |
denn lediglich Interessen von Frauen vertreten. | |
Geht es auch um Argumente? | |
Es gibt wiederkehrende Themen: Die Feministinnen würden die | |
23-Prozent-Lohnlücke in die Welt setzen, etwa. Real sei die nur 8 Prozent | |
groß. Dabei sind die 8 Prozent nur der unerklärbare Rest der Lohnlücke. | |
Aber "erklärbar", etwa durch Teilzeitarbeit, heißt ja nicht, dass es keine | |
Diskriminierung ist, wenn man keinen Kitaplatz findet und deshalb Teilzeit | |
arbeitet. Beim Sorgerecht verschweigen sie, dass bei 80 Prozent der | |
Scheidungen ein gemeinsames Sorgerecht vereinbart wird. Sie zählen nur die | |
seltenen Fälle, in denen die Väter die Alleinsorge haben und behaupten, | |
dass in allen anderen Fällen die Frau das Sagen habe. | |
Eigentlich müsste den Männerrechtlern Gender Mainstreaming gefallen, weil | |
es auch Benachteiligungen von Männern benennt. Was ist da los? | |
In der Praxis hat Gender Mainstreaming oft Frauenpolitik zur Folge, weil | |
Frauen nun mal öfter benachteiligt sind. Da fühlen sich die Männerrechtler | |
dann übervorteilt. Sie sehen Gender Mainstreaming auch als Versuch, | |
angeblich natürliche Geschlechterrollen abzuschaffen. Das Wort | |
Umerziehungsprogramm fällt dann. Dabei meint Gender eigentlich die Freiheit | |
der Wahl, also gerade die Möglichkeit, sein Leben frei von geschlechtlichen | |
Zwangsnormen zu entwickeln. Wer nur die traditionelle Männerrolle | |
propagiert, arbeitet auch gegen die Mehrheit der Männer, die mehr Freiheit | |
durchaus zu schätzen wissen. | |
Sie sagen, es gäbe Überschneidungen mit Rechtsextremen. Könnten die | |
Männerrechtler nach rechts abdriften? | |
Es gibt einzelne personelle Überschneidungen. Leute, die in beiden | |
Gruppierungen auftauchen. Männerrechtler geben Interviews in der Jungen | |
Freiheit oder verlinken auf rechte Seiten wie "Free Gender". Die hat | |
dieselbe Adresse wie ein NPD-Kreisverband Thüringen. Man könnte also von | |
Bündnispolitik sprechen. | |
Bedient Frauenministerin Kristina Schröder die Männerrechtler, wenn sie den | |
Feminismus kritisiert und Jungenpolitik hervorhebt? | |
Grundsätzlich nicht. Die Perspektive auf die Jungen ist eine sinnvolle | |
Erweiterung der Politik. Aber es gab ein Interview im Spiegel, da fühlten | |
sich die Männerrechtler gestärkt: Auf einer Maskulinisten-Webseite hieß es: | |
"This is what a Masculist looks like" - mit einem Bild von Schröder. Sie | |
hatte mehr Diktate über Fußball statt über Ponys gefordert. Als könnten | |
Diktate nur Stereotype verhandeln. Was ist mit Frauenfußball? | |
Sie selbst werden nun bei den Männerrechtlern in die Kategorie "lila Pudel" | |
für profeministische Männer fallen. Zudem könnte es Klageversuche geben. | |
Sind Sie gewappnet? | |
Lila Pudel heiße ich jetzt schon. Für alles andere habe ich eine | |
Rechtsschutzversicherung. | |
19 Jan 2012 | |
## AUTOREN | |
Heide Oestreich | |
Heide Oestreich | |
## TAGS | |
Feminismus | |
Schwerpunkt Gender und Sexualitäten | |
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