| # taz.de -- Forscher über Männerbewegung: „Maskulinisten dominieren nur im … | |
| > Geschlechterforscher Thomas Gesterkamp fordert eine Männerpolitik gegen | |
| > „ruinöse männliche Lebensentwürfe“, die private Enttäuschungen erzeug… | |
| Bild: Änderungsbedarf: In Kitas arbeiten bisher nur wenige Männer als Erziehe… | |
| taz: Herr Gesterkamp, in der Politik sind Männer überrepräsentiert. Wozu | |
| braucht man da Männerpolitik, wie es Ihr neuer Sammelband fordert? | |
| Thomas Gesterkamp: Männerpolitik ist notwendig, weil es in bestimmten | |
| Lebenslagen auch männliche Benachteiligung gibt. Dass Männer zum Beispiel | |
| fünfeinhalb Jahre früher sterben als Frauen liegt nicht nur an biologischen | |
| Ursachen, sondern auch an ihrem Rollenbild. Es hat was mit einem ruinösen | |
| männlichen Lebensentwurf zu tun. | |
| Wie erklärt man jemandem, der das männliche Leistungsprinzip aus vollem | |
| Herzen bejaht, dass er Männerpolitik braucht? | |
| In einem solchen Lebensverlauf gibt es auch Enttäuschungen. Zu Hause der | |
| ewige Zaungast zu sein, bedeutet, dass Väter auch später ein schlechteres | |
| Verhältnis zu den Kindern haben als die Mütter. Natürlich sprechen sie | |
| darüber nicht gern. Dass da im Moment eine neue Väterlichkeit mit mehr | |
| weiblichen Elementen entdeckt wird, ist sehr bereichernd. | |
| Wie finden Sie die aktuelle Männerpolitik von Bundesfamilienministerin | |
| Kristina Schröder? | |
| Davon sieht man bisher wenig. Der erste Gleichstellungsbericht des | |
| Ministeriums etwa hat fast alle Männerthemen konsequent ausgeklammert. Da | |
| werden dann die Minijobs kritisiert – zu Recht. Aber die Frauen kommen aus | |
| den Minijobs nicht heraus, wenn man nicht auch etwas an den ausufernden | |
| Arbeitszeiten der Männer ändert. | |
| Schröder hat das Referat Männerpolitik eingerichtet. | |
| Ja, aber weil sie ihr Profil mit Männerpolitik schärfen wollte und dagegen | |
| die Frauenpolitik vernachlässigt, hat sie sich viel Kritik eingehandelt. | |
| Man sollte aber das Referat nicht mit Schröder identifizieren. Die Kampagne | |
| für mehr Männer in Kitas etwa halte ich für gut. | |
| Die Frauen haben allerdings Angst, dass ihren Projekten damit das Wasser | |
| abgegraben wird. Realistisch? | |
| Teilweise. Natürlich werden die Budgets nicht größer. Aber die | |
| geschlechterdialogisch orientierten Männerprojekte arbeiten ja mit den | |
| Frauen zusammen, das kann man nicht gegeneinander stellen. Ich habe den | |
| Eindruck, dass das Bild der Männerbewegung im Moment von den Antifeministen | |
| verzerrt wird, die Frauen und deren Projekte aggressiv angreifen. Das ist | |
| aber nicht die Mehrheit der Männerbewegung und prägt auch nicht die | |
| Männerpolitik. | |
| Warum hört man von den Antifeministen so viel und von den Profeministen so | |
| wenig? | |
| Die Maskulinisten dominieren eigentlich nur im Netz. Und sie versuchen, in | |
| konservativen Medien Einfluss zu nehmen. Das Bundesforum Männer, das sich | |
| von ihnen distanziert hat, müsste sich deutlicher zu Wort melden. Doch die | |
| Frauenpolitik bereitet den Antifeministen auch manchmal den Boden: Das | |
| Düsseldorfer Frauenministerium hat sich zwar in Emanzipationsministerium | |
| umbenannt, was ja gut klingt. Aber als ich die Staatssekretärin fragte, wen | |
| sie damit meint, sagte sie „Frauen, Schwule und Lesben“. Ihr kamen die | |
| Männer gar nicht in den Sinn. Bestenfalls werden Männer dann „mitgemeint“. | |
| Das provoziert natürlich Gegenwehr, wenn Männer Opfererfahrungen machen, | |
| die politisch nicht vorkommen. | |
| Im Moment haben alle Mitleid mit den armen Jungs in der Schule. Soll man | |
| mit ihnen mehr toben und Diktate über Fußball schreiben? | |
| Man sollte die Wünsche der Kinder natürlich ernst nehmen. Aber ich würde | |
| dann versuchen, ihre Rollenmodelle eher zu erweitern als auf Fußball und | |
| Prinzessinnen zu verengen. Deshalb finde ich „Gender Mainstreaming“ | |
| sinnvoll: Man guckt, welchem Geschlecht man wo mehr Freiheiten verschaffen | |
| kann. Das ist doch ein guter Plan für emanzipierte Geschlechterpolitik. | |
| 24 May 2012 | |
| ## AUTOREN | |
| Heide Oestreich | |
| ## TAGS | |
| Feminismus | |
| Schwerpunkt Gender und Sexualitäten | |
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