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# taz.de -- Frauenquote? Nein danke!: Unauffällig Chefinnen verhindern
> Mit dem neuen Gesetz von Ministerin Schröder dürfen Firmen ihre
> Quotenregeln selbst machen. So können Frauen weiter von Chefposten
> ferngehalten werden. Wir erklären, wie.
Bild: Selbstbewusste, unbescheidene Frau? Schwierig. Muss man zu nehmen wissen.…
1. Betonen Sie öffentlich, dass Sie Frauenförderung ganz großschreiben.
Legen Sie sich ein Work-Life-Balance-Programm zu. Das geht leichter, als
Sie dachten: Frauen dürfen bei Ihnen Teilzeit arbeiten - und schon sind Sie
familienfreundlich und können sich vielleicht sogar ein entsprechendes
Zertifikat abholen. Diese Frauen kommen für einen Aufstieg natürlich nicht
mehr infrage, da muss man sich schon entscheiden.
Dann richten Sie ein Mentoringprogramm ein: Ältere Führungspersonen treffen
sich mit jungen Damen zum Essen und geben wohlfeile Tipps. Wenns mit der
Beförderung trotzdem nicht klappt, ist das natürlich sehr ärgerlich.
2. Augen auf bei der Bewerberauswahl!
Wenn Sie einen Posten ausschreiben, dann formulieren Sie die Anforderungen
möglichst eng und genau. Viele Frauen liegen dann mit ihrer Qualifikation
leider haarscharf daneben.
Falls Sie trotz langen Suchens leider keine Frau für diese Stelle gefunden
haben, können Sie dies natürlich erst spät mitteilen. Dass die
Gleichstellungsbeauftragte, so vorhanden, dann keine Gelegenheit mehr hat,
selbst noch mal zu suchen, ergibt sich unerfreulicherweise aus Ihrer
Gewissenhaftigkeit.
3. Nutzen Sie die natürliche Zurückhaltung der Frau!
Wenn Sie eine Frau zum Vorstellungsgespräch einladen müssen, dann achten
Sie auf ihr Auftreten. Ist es etwa zu bescheiden? Nicht, dass die Arme bei
Ihnen im Betrieb untergeht.
Plaudern Sie, um eine lockere Atmosphäre herzustellen, länger über den
Erfolg der Firma und die tollen Möglichkeiten, die man dort hat. Falls die
Bewerberin so höflich ist, Sie nicht zu unterbrechen, um für sich Werbung
zu machen, ist sie zu schüchtern für den Job.
Achten Sie darauf, ob die Frau die neun Punkte herunterspielt, die sie für
den Job qualifizieren, und stattdessen auf dem einen herumreitet, der ihr
fehlt. Fragen Sie nicht nach den neun Qualifikationen, das muss die Frau
schon selbst betonen. Männer können das doch auch!
4. Allgemeine Abwehr von weiblichen Führungskräften
Untersuchen Sie, ob die Bewerberin beim ersten Wind schon umfällt: Seien
Sie aggressiv: "Warum um Himmels willen sollen wir Sie einstellen? Sie
haben doch nichts zu bieten." So sieben Sie junge Talente ohne
Sozialkompentenz aus. Tritt eine Frau anders auf, als Sie erwartet haben,
nämlich forsch und selbstbewusst, müssen die Alarmglocken klingeln: Wollen
Sie einen so schwierigen Charakter in der Abteilung haben?
Denken Sie auch an die Kunden: Würden die wirklich diese (oder eine) Frau
akzeptieren?
Machen Sie neumodischen Quatsch nicht mit: keine Präsentation oder gar ein
Konfliktgespräch als Aufnahmetest. Da schneiden Frauen oft besser ab als im
Gespräch, in dem Männer gern ihren allgemeinen Durchblick präsentieren.
Wenn Frauen schnell zum Punkt kommen und konkret Lösungen anbieten:
Bedenken Sie, dass das für eine Führungsaufgabe irrelevant ist. Hat diese
Frau den großen Überblick, den es für den Chefposten braucht?
Unterschätzen Sie keinesfalls Qualifikationen, die eher Menschen ohne
Familienpflichten vorweisen können: Auslandsaufenthalte, lange
Publikationsliste, Kongresse. Leider sind Frauen da ja oft schwächer
bestückt.
5. Der Nahkampf I:
Isolieren im Job
Haben Sie so einen Fremdkörper in Ihrem Führungsteam, dann müssen Sie vor
allem die anderen Männer bei Laune halten: Loben Sie alle Leistungen ihrer
männlichen Kollegen. Erwähnen Sie die der Frau nicht. Nicht, dass die sich
was einbildet.
Eine Frau verhält sich oft anders als Männer. So werden Sie sicher bald zu
dem Urteil kommen: Fachlich ist sie ja super, menschlich allerdings, "na
ja, da muss man sie zu nehmen wissen". "Spezieller Charakter" tuts auch.
Teilen Sie das zur Vorsicht in Chefrunden mit.
6. Der Nahkampf II:
Isolieren nach dem Job
Geschäfte und Karrieren werden abends an der Bar gemacht. Wenn Frauen da
etwas Besseres vorhaben, können Sie denen auch nicht helfen. Man muss auch
mal ein längeres Gespräch über Fußball und Autos führen dürfen. Natürlich
spricht man bei diesen Themen eher die Männer an. Aber schließlich wollen
Sie sich nicht verbiegen, nur weil die Frau dabei sitzt.
Ab einem gewissen Alkoholpegel können Sie den Humor der Frau testen.
Natürlich werden da auch Herrenwitze gemacht. Ist eine Frau da humorlos,
ist das natürlich ein Schwachpunkt.
Auch wirksam: Gehen Sie zum Teambuilding in die Sauna. Oder bergsteigen.
Oder wärmen Sie Ihre Biwak-Erfahrungen aus der Zeit bei der Bundeswehr
wieder auf mit einem entsprechenden Ausflug, an dem dann wohl eher die
Männer teilnehmen. Das muss die Frau abkönnen, so ist es eben im
Topmanagement.
7. Der Nahkampf III:
Psychologische Kriegsführung
Achten Sie immer auf den Testosteron-Überschuss im Büro: Sprüche und Witze,
immer schön an der Frau vorbei. Nur weil die selbst auf den Mund gefallen
ist, grollt sie jetzt? Also wirklich: Derartige schlechte Laune ist echt
kein Führungsmerkmal.
Apropos: Dass Wutausbrüche bei Männern die Autorität nähren, bei Frauen
dagegen als Hysterie verbucht wird, ist einfach so. Kann man schon bei
Tieren beobachten, das Imponiergehabe der Männchen. Wenn die Frau sich in
Ihrem Büro deshalb nicht so wohlfühlt - was soll man da machen? Bald
bekommt sie Kinder, und danach werden ja ohnehin die Karten neu gemischt.
8. Einfach warten:
Das Eigentor kommt bestimmt
Die Schwangerschaft ist natürlich ein Riesenproblem. Sicher wird jede
Mutter verstehen, dass man ihr da nicht monatelang den Stuhl warmhalten
kann. Wer unterbricht, muss einfach damit rechnen, hinterher umgesetzt zu
werden. Und dass man mit kleinen Kindern für eine Karriere zunächst nicht
geeignet ist, liegt ja wohl wirklich auch auf der Hand. Da muss man die
Frauen auch ein bisschen vor sich selbst schützen.
Leider beharren diese Frauen dann auch darauf, ihre Kinder pünktlich
abholen zu wollen. So kann man natürlich keine Karriere machen - wenn man
den Job so leicht nimmt.
9. Frauen loswerden:
Da ist die Tür
Da Frauen ja auch nicht so mit ihren Arbeitsergebnissen prahlen, werden sie
natürlich auch leicht übersehen: selbst schuld. Und so ist es kein Wunder,
wenn die Abteilung umstrukturiert wird und ein Job wegfällt, es dann eher
der der Frau ist. Die ist ja sowieso schon halb zu Hause.
Falls Entlassungen anstehen: Treffen Sie eine faire Sozialauswahl. Den
Vater einer vierköpfigen Familie müssen Sie halten. Die Frau, deren Mann
doch auch einen guten Job hat, dagegen nicht. Das wird ja wohl jeder
verstehen.
10. Die Exitstrategie: Lassen Sie das Gedöns hinter sich
Wenn Sie sich dies alles ersparen wollen: Heuern Sie gleich in einem
Unternehmen an, das auf dem Gleichstellungsindex ganz hinten steht, zum
Beispiel Metro, Henkel oder Fresenius. Das sind beispielsweise DAX-Firmen,
die sich dezidiert gegen jegliche Zielzahl oder Quote ausgesprochen haben.
Da werden Sie mit dem Frauengedöns also gar nicht erst belästigt.
6 Dec 2011
## AUTOREN
Heide Oestreich
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