# taz.de -- Maskulinisten-Seite im Netz: WikiMannia vor dem Aus | |
> Gleichstellungsorientierte Männer werden im Internet als „lila Pudel“ | |
> beschimpft, Frauen als „Hardcore-Feministin“. Damit könnte bald Schluss | |
> sein. | |
Bild: Die Maskulinisten-Seite Wikimannia steht vor dem Aus | |
BERLIN taz | Männer wie den Sozialwissenschaftler und Geschlechterforscher | |
Thomas Gesterkamp bezeichnet das Internetportal „WikiMannia“ als „lila | |
Pudel“, der sich auf „Femi-Nazitreffen“ rumtreibe, und den | |
gleichstellungsorientierten Soziologen Andreas Kemper als „Denunziant und | |
Profeminist“. Frauen wie die beiden Mitarbeiterinnen der Links-Fraktion im | |
Bundestag Kerstin Wolter und Alexandra Wischnewski dürfen sich | |
„männerhassendes Duo“ nennen lassen, die Autorin dieses Textes gilt den | |
Autoren der Seite als „Hardcore-Feministin“ und „eloquente Zelotin eines | |
Feminismus, die überall nur noch (männliche) Feinde wittert“. | |
Was vor ein paar Jahren noch für [1][Aufregung und Angriff sorgte], wird | |
mittlerweile kaum noch wahrgenommen und bestenfalls belächelt. Mehr noch: | |
Wer bei „Wikimannia“ auftaucht, dürfte sich von der Seite, die sich selbst | |
als „Antithese zur feministischen Opfer- und Hassideologie“ bezeichnet, im | |
Grunde geadelt fühlen – Mitten ins Schwarze getroffen. | |
Damit könnte es bald vorbei sein, die Seite steht eigenen Aussagen zufolge | |
vor dem Aus. „WikiMannia wird sterben! Die WikiMannia-Redaktion wird zum | |
Jahresende ihre Arbeit einstellen“, heißt es auf der Startseite des | |
Portals, das so wie viele andere Seiten von Spenden lebt. 10.000 Euro wären | |
bis Ende des Jahres nötig gewesen, um „eine Vollzeitkraft auf Hartz | |
IV-Niveau“ zu finanzieren, wie es auf der Homepage heißt. Zusammengekommen | |
sind bis zur Veröffentlichung dieses Textes 4.735,56 Euro. | |
Das Portal, das sich selbst als „Wissens-Datenbank über | |
Benachteiligungen von Jungen und Männern, sowie Bevorzugungen von | |
Maiden und Frauen“ bezeichnet und Objektivität suggeriert, gleichzeitig | |
aber „auf einen neutralen Standpunkt“ verzichtet, dürfte nicht großartig | |
fehlen im Betrieb der Geschlechterforschung und -kritik. Denn mit | |
sachlicher Kritik nahm es das Portal (bewusst) nicht so ernst. Eher | |
arbeitet es mit Hasstiraden und Angriffen gegen gleichstellungsorientierte | |
Politik und Texte. Deswegen will „WikiMannia“ auch „eine feminismusfreie | |
Ergänzung zum Informationsangebot des Internets“ sein und sieht sich | |
als „die Antithese zur feministischen Opfer- und Hassideologie“. | |
## Maskulinisten fühlen sich gegenüber Frauen benachteiligt | |
Wer beim Googeln zufällig auf die Seite gerät – und das kann leicht | |
passieren, weil die Macher*innen ihre Seite so optimiert haben, dass sie | |
bei der Google-Suche mitunter weit oben platziert ist – muss sehr genau | |
hinsehen. Rein optisch mutet „WikiMannia“ professionell und eben ein wenig | |
wie Wikipedia an. Wer die Einträge genauer liest, darf sich indes wundern: | |
Da ist viel von „Ideologie“ die Rede, von „Männerhasserinnen“, | |
„Propaganda“. „Nieder mit dem Feminismus, nieder mit dem Genderismus“ w… | |
gerufen. Selbst feministische Kritiker*innen dürfte so viel Aktionismus | |
verwundern. | |
Die Einträge beziehen sich häufig auf Einzelpersonen, die den Autor*innen | |
„negativ“ auffallen: Femist*innen, profeministische Männer, Transpersonen, | |
kurz Menschen, die für eine moderne Gleichstellungspolitik stehen. Sie | |
sammeln Material über ihre „Protagonist*innen“, reichern die Einträge an | |
und verunglimpfen jene, über sie schreiben. So manche Betroffene wissen, | |
was daraus werden kann. Der feministische Publizist und | |
Rechtsextremismusforscher Andreas Kemper muss vielen Menschen erklären, | |
dass „WikiMannia“ nicht Wikipedia ist. Auch die Autorin dieses Textes | |
musste in der Vergangenheit häufig richtigstellen, dass es sich bei den | |
„WikiMannia“-Eintragungen nicht um sachliche, sondern um teilweise | |
diffamierende Aussagen handelt. | |
Warum hetzen die Macher*innen gegen alles Feministische? Die Autor*innen | |
der Seite, mehrheitlich Männer, sehen im gleichstellungsorientierten | |
Handeln einen Angriff gegen sich selbst. Häufig fühlen sie sich in ihrer | |
Männlichkeit herabgesetzt, von Frauen und feministischen Erfolgen in der | |
Gesellschaft vernachlässigt. Es heißt, diese [2][sogenannte | |
Maskulinisten-Szene], wie diese Männer auch genannt werden und die sich | |
insbesondere im Netz formieren, zählt nicht mehr als etwa 1.000 Mitglieder. | |
Doch die sind stark genug, um mit verbalen Angriffen die Demokratie und | |
gleichstellungsorientierte Projekte zu stören. Auch das ist kein Zufall: | |
Maskulinisten sind häufig eng mit der rechten Szene verbunden, wie der | |
Rechtspopulismusforscher Kemper weiß, der dazu Bücher verfasst hat. | |
Vom Netz wird die Seite trotz der Ankündigung vermutlich nicht gehen. Die | |
Macher*innen beteuern zwar, dass es vorerst keine neuen Artikel geben | |
werde. Aber einen „Tod auf Raten“, den sie ankündigen, werden sie ganz | |
sicher nicht auf sich sitzen lassen. | |
17 Dec 2019 | |
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## AUTOREN | |
Simone Schmollack | |
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