Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Urteil zu Videoüberwachung: Die Öffentlichkeit im Visier
> Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet heute, inwieweit die
> Videoüberwachung öffentlicher Plätze rechtens ist. Kriminalität hat sie
> jedenfalls nicht verhindert.
Bild: Sieht mehr als sie sollte: Kamera an der Reeperbahn.
HAMBURG taz | Die Videoüberwachung auf der Reeperbahn beschäftigt am
Mittwoch das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. Das Gericht will
abschließend klären, ob und inwieweit das Filmen des öffentlichen Raums
zulässig ist. In den Vorinstanzen hatte die Klägerin erreicht, dass ihre
Wohnung nicht gefilmt werden durfte, auch nicht die Hauseingänge.
2006 hatte der damalige CDU-geführte Senat zwölf Kameras auf der Reeperbahn
installiert, nachdem es dort vermehrt zu Gewalttaten gekommen war. Eine der
Kameras schwenkte immer wieder über die Fenster der Klägerin Alja R.
hinweg. Einer Bitte R.s, mit einer mechanischen Sperre zu verhindern, dass
die Kamera die Wohnung filmt, kam die Polizei nicht nach. R. klagte und
erreichte in zwei Instanzen einen Teilerfolg. R. bezweifelt jedoch, dass es
überhaupt zulässig ist, die Reeperbahn als öffentlichen Raum per Kamera zu
überwachen. Sie erreichte eine Revision, die heute verhandelt wird.
Das Oberverwaltungsgericht als Vorinstanz hatte geurteilt, es reiche nicht
aus, die Kameras ab dem zweiten Stock blind zu schalten, um die
Unverletzlichkeit der Wohnung zu garantieren. Auch die Eingänge der Häuser,
Kneipen und Geschäfte dürften nicht gefilmt werden, denn mit solchen
Aufzeichnungen ließen sich Bewegungsprofile erstellen, warnte das Gericht.
Die Videoüberwachung "öffentlicher Wege, Straßen und Plätze" ließ es jedoch
zu.
Bei der Gefahrenabwehr hat sich die Überwachung der Reeperbahn nicht
bewährt. Die Zahl der Delikte, die damit eingedämmt werden sollten, wuchs.
Im dritten Jahr nach dem Freischalten der Kameras lag sie 32 Prozent über
dem Ausgangsniveau. Polizei und Politik argumentierten deshalb gerne damit,
dass begangene Straftaten mit Hilfe der Kameras hätten aufgeklärt werden
können. Eine Videoüberwachung zur Strafverfolgung darf aber nicht durch
Landesrecht geregelt werden, sie ist Sache des Bundes.
Unterdessen hat eine Anfrage der FDP-Fraktion in der Hamburger Bürgerschaft
das Ausmaß der Videoüberwachung in der Stadt ans Licht gebracht: 8.000
Kameras überwachen die Bürger in Bussen und Bahnen und deren Haltestellen.
2.100 Kameras filmen gerade für Behörden und öffentliche Betriebe, darunter
333 an Schulen, 217 am Flughafen, 95 im Hafen, fünf im Einwohnerzentralamt
und sechs in den Bezirken.
25 Jan 2012
## AUTOREN
Gernot Knödler
## TAGS
Schwerpunkt Überwachung
Schwerpunkt Überwachung
## ARTIKEL ZUM THEMA
Videoüberwachung bei Uni-Klausur: Ein Auge zu viel
Ein Rostocker Hochschullehrer filmte bei einer Mathematikklausur, um
Schummler zu überführen. Die Überwachung ist ein klarer Verstoß gegen das
Datenschutzgesetz.
Kommentar Kameraüberwachung: Reeperbahn frei für Kameras
Die Leipziger Richter haben gut entschieden. Denn ob und mit wievielen
Kameras der Straßenraum überwacht werden soll, ist Sache der Poltitk, nicht
der Justiz.
Kommentar Videokameras: Die Einsicht des Senators
Die Videokameras haben vor Straftaten nicht abgeschreckt und stellen einen
Angriff auf die informationelle Selbstbestimmung dar.
Reeperbahn-Überwachung: Videoaugen abgeschaltet
Die Polizei stellt die ständige Videoüberwachung der Reeperbahn ein. Die
Auflagen der Gerichte waren so hoch, dass sich der Aufwand nicht mehr
gelohnt hätte.
Gutachten zur Wirksamkeit: Videoüberwachung taugt nicht
Die Hamburger Innenbehörde hat eine Wirksamkeitsanalyse zur
Kameraüberwachung auf der Reeperbahn erstellt. Das Ergebnis: Gewalttaten
sind seit der Einführung um ein Drittel gestiegen.
Videoüberwachung: Keine Polizei-Peepshow am Kiez
Oberverwaltungsgericht untersagt der Polizei, den Hauseingang einer
Reeperbahn-Anwohnerin zu filmen - denn dafür gibt es keine gesetzliche
Grundlage.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.