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# taz.de -- Wahlkampf in Frankreich: Sarkozy im Endspurt
> Kurz vor den Wahlen kündigt Präsident Sarkozy so einiges an.
> Finanztransaktionen werden besteuert, die Mehrwertsteuer erhöht und die
> 35-Stunden-Woche abgeschafft.
Bild: Nicolas Sarkozy hat noch viel zu erledigen vor der Kandidatur.
PARIS taz | Er habe ein "Rendezvous" mit den Franzosen, das er nicht
verpassen wolle, verriet Nicolas Sarkozy am Sonntagabend im
Fernsehinterview auf allen Kanälen. Dass er jedoch für eine zweite Amtszeit
als Präsident kandidieren wird, wollte er nicht bestätigen.
Vor einer Kandidatur meint er noch einiges erledigen zu müssen. Wie
mehrfach angekündigt, will Sarkozy in Frankreich nun Ernst machen mit der
Finanztransaktionssteuer: Ab August soll auf Börsengeschäfte (Aktien und
Derivate) eine Abgabe von 0,1 Prozent erhoben werden. Eine Milliarde Euro
will Sarkozy damit einnehmen und die öffentlichen Defizite abbauen. Sarkozy
hofft, dass sich Deutschland und andere europäische Staaten dem Vorbild
Frankreichs anschließen.
In dem Fernsehinterview wartete Sarkozy vor allem mit einer Salve von
Maßnahmen auf, die die Wettbewerbsfähigkeit der französischen Wirtschaft
stärken sollen. Um die Produktionskosten zu senken, will Sarkozy die
Lohnnebenkosten reduzieren und einen Teil der Arbeitgeberbeiträge
streichen. Die entstehende Lücke in den Staatseinnahmen will er mit einer
höheren Verbrauchssteuer schließen.
Die Verbraucher bezahlen in Zukunft anstelle der Unternehmer die Zulagen,
die alle Familien mit mehr als zwei Kindern von der öffentlichen
Sozialversicherung erhalten. Dazu wird die Mehrwertsteuer ab Oktober von
19,6 auf 21,2 Prozent erhöht.
## Arbeitszeiten erhöhen oder Löhne senken
Zudem kündigte Sarkozy das Ende der 35-Stunden-Woche an. Vereinbarungen auf
Unternehmensebene sollen das Arbeitsrecht außer Kraft setzen: Die
Arbeitszeiten können erhöht oder die Löhne gesenkt werden, falls die
Beschäftigten derartigen Plänen zum Erhalt ihrer Arbeitsplätze zustimmen.
Ausdrücklich nannte Sarkozy mehrfach den früheren deutschen Bundeskanzler
Gerhard Schröder (SPD) als Vorbild seiner Reformen.
Die Opposition bezeichnet diese zusätzlichen Opfer für die Haushalte und
die Arbeitnehmer als ineffizient und sozial ungerecht. Sarkozys Vorschläge
kommen - 80 Tage vor den Präsidentschaftswahlen am 22. April - wohl zu
spät, um an der mageren Bilanz seiner Präsidentschaft Wesentliches zu
ändern.
Sie erlauben es Sarkozy aber, eine Gegenoffensive gegen den sozialistischen
Herausforderer François Hollande zu starten, ohne sich offen dem Wahlkampf
stellen zu müssen. Von einer "Schizophrenie des Kandidaten und des
Präsidenten im Kopf von Sarkozy", sprach die Sozialistin Najat Belkacem:
"Der eine möchte tun, was der andere nie machen wollte oder konnte."
Die Sprecher der Union der Präsidentenmehrheit (UMP) lobten dagegen
einstimmig die "Courage" des Präsidenten, der im Allgemeininteresse der
Nation eine "Schocktherapie" verordne, die ihm nicht nur Applaus einbringe.
Unterstützung sicherte in Paris der UMP und ihrem baldigen Kandidaten auch
CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe zu. Noch vor dem großen Auftritt von
Sarkozy hatte Gröhe versprochen, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel den
Präsidenten Sarkozy unterstützen werde und auch im Wahlkampf helfen werde.
Sie komme gern zu Sarkozys erster Wahlveranstaltung.
30 Jan 2012
## AUTOREN
Rudolf Balmer
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