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# taz.de -- Sarkozy und die Transaktionssteuer: Getöse und Gefuchtel
> Vollendet Sarkozy mit dem Einführen der Transaktionssteuer jetzt das, was
> die Globalisierungskritiker von Attac dereinst begannen? Nein. Ist aber
> nicht schlimm.
Bild: Ist Sarkozys Verkündung der Transaktionssteuer nur Symbolpolitik? Und we…
Diese Steuer sei eine gute Idee, sagte ein französischer Regierungschef im
Fernsehen. Er habe ja schon davon geredet, bevor die
Globalisierungskritiker die Kontrolle der Finanzmärkte überhaupt gefordert
hätten.
Es war ein Moment, der international wahrgenommen wurde: Mit dem
französischen Premierminister unterstützte erstmals der Regierungschef
eines großen Industrielandes die Spekulationssteuer auf Devisengeschäfte.
Attac-Aktivisten maulten prompt: Der Mann macht bloß Wahlkampf, er will
Präsident werden.
Das war vor zehn Jahren. Lionel Jospin wurde 2002 nicht Präsident, was aber
nicht an der Tobinsteuer lag. Er war ein Sozialist, dem freilich
vorgeworfen wurde, linke Politik stets anzukündigen, am Ende aber nur die
Arbeitgeber zu bedienen.
Auch Nicolas Sarkozy hat bestimmt noch einmal in die Archive geschaut,
bevor er sich am Sonntagabend im Fernsehinterview zur
Finanztransaktionssteuer von 0,1 Prozent bekannte. "Der Präsident Nicolas
Sarkozy hat entschieden, dass Frankreich Pionier sein soll und die
Machbarkeit dieser Steuer demonstrieren soll", kündigte sein Finanzminister
François Baroin schon vor ein paar Tagen an: Die Steuer als patriotisches
Fanal, immerhin.
## Braucht es Rechte, um linke Politik zu machen?
Vierzehn Jahre nachdem Ignacio Ramonet in Le Monde diplomatique (liegt
übrigens regelmäßig der taz bei) die allgemeine Besteuerung der
Finanztransaktionen forderte und die "Aktion für eine Tobinsteuer als
Bürgerhilfe" (Action pour une taxe Tobin d'aide aux citoyens - Attac) ins
Leben rief, zehn Jahre nachdem es Attac gelang, die europäische Politik mit
dieser Steuer zu beschäftigen, verkündet ausgerechnet ein konservativer
französischer Präsident den Durchbruch. So sieht es jedenfalls aus.
Braucht es eigentlich immer Rechte, um linke Politik zu machen? Das "Nixon
in China"-Prinzip, wonach nur der größte Kommunistenfresser unter den
US-Präsidenten die Beziehungen zu China normalisieren kann, nur ein Scharon
den israelischen Siedlungsbau stoppt, nur ein Schäuble die ärgsten
Steuersenkungen verhindern kann - es scheint übermächtig. An die Reihe
linker Regierungen, die ihre Wähler dagegen mit Sozialkürzungen
überraschten, braucht hier nicht erinnert zu werden.
Doch lohnt sich dann ja auch immer ein Blick auf die Details. Das heißt im
konkreten Fall: hinter die qualmenden und zischenden Fassaden, auf deren
Produktion sich Sarkozy spezialisiert hat. So gehen in der öffentlichen
Diskussion wie bei Frankreichs Staatschef offenbar die Begriffe
durcheinander. Nach allem, was vom Sonntagabend zu verstehen ist, will
Sarkozy zum August bloß die Börsenumsatzsteuer wieder einführen, die er
selbst vor einigen Jahren abgeschafft hat. Die Finanztransaktionssteuer
dagegen gilt nach gängiger Definition als das weit wirkungsvollere,
freilich deshalb schwerer durchzusetzende Instrument.
## Heiße populistische Luft
Die FDP frohlockte am Montag sogar, Sarkozys Vorstellungen ähnelten denen
der deutschen Liberalen beziehungsweise der britischen Stempelsteuer. Wenn
das stimmt, wäre schon einmal ausgemacht, dass dadurch weder
Staatseinnahmen noch Finanzmarktkontrolle zu vermehren sein werden. Einmal
ganz abgesehen davon, ob Sarkozy das Gesetz bis zu den
Präsidentschaftswahlen im Mai noch durchbringt.
Doch selbst wenn Sarkozys Verkündung Symbolpolitik pur wäre, heiße
populistische Luft, bloßes Getöse und Gefuchtel - das Gute daran ist: Das
macht nichts. "Es wird nicht danach gehen, was Sarkozy in letzter
Verzweiflung im Präsidentschaftswahlkampf verkündet", sagt zum Beispiel
Sven Giegold, heute Grünen-Abgeordneter im Europäischen Parlament, im
vorherigen Leben Gründungsmitglied von Attac Deutschland. Die
Finanzstransaktionssteuer, die Verwandte der Tobinsteuer, die Attac schon
immer forderte -, sie werde kommen, und es werde dies auf dem EU-Gipfel im
März die erste international koordinierte Einführung einer Steuer überhaupt
sein. "Dieser Zug ist nicht mehr zum Entgleisen zu bringen", sagt Giegold.
Der Nenner, auf den die EU-Staats- und Regierungschefs die Steuer am Ende
bringen werden, dürfte klein werden, kleiner als jedenfalls von Attac je
gefordert. Aber es könnte ein Gemeinschaftswerk (weniger) linker und
(vieler) rechter Regierungen werden, nicht mehr zurückzuholen.
31 Jan 2012
## AUTOREN
Ulrike Winkelmann
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