# taz.de -- Kommentar Wahlen Frankreich: Punktsieg für den Sozialisten | |
> François Hollande träumt von Größerem für Frankreich und Europa. Er wirbt | |
> für soziale Gerechtigkeit, auch wenn die Mittel für große Reformen | |
> fehlen. | |
Vielleicht ist der Job des Präsidentschaftskandidaten doch ein paar Nummern | |
zu groß für den Ex-Parteichef der Sozialisten? Viele, auch viele Linke, | |
haben sich das in der letzten Zeit gefragt. Mit dem gestrigen Auftakt | |
seiner Präsidentschaftskampagne in Le Bourget aber gewann François Hollande | |
die Skeptiker im eigenen Lager für sich. Dieser Mann ist jovial, | |
sympathisch und witzig – das wusste man längst. Jetzt zeigte er, dass er | |
auch über Biss und Courage verfügt. Womöglich ist er also gar nicht so | |
kleinkariert, wie es ihm seine Gegner gern nachsagen. | |
Denn offenbar träumt auch Hollande von Größerem für Frankreich und Europa. | |
Dabei schwelgt er nicht (nur), wie andere Kandidaten, in nostalgischen | |
Erinnerungen vergangener Grandeur. Frankreichs revolutionäre Seele, sagt | |
Hollande, strebe nach Gleichheit. Tatsächlich kann der Slogan von der | |
Egalité in diesen Krisenzeiten und in diesem Land eine enorme Schlagkraft | |
entwickeln. Zumindest dann, wenn der Slogan zum Programm wird, also von den | |
Sozialisten wieder zur Maxime des politischen Handelns erhoben wird. | |
Die Opfer der Krise werden im Präsidentschaftswahlkampf von diversen | |
Rächern der Enterbten umworben. Auch die Rechtspopulistin Marine Le Pen | |
biedert sich in geradezu unverschämter Weise dem Proletariat als neue | |
(Wort-)Führerin der französischen Arbeiter an. Sie aber verheißt mit ihrem | |
fremdenfeindlichen Nationalismus nur neue Ungleichheit, neuen Hass und | |
neuen Neid. | |
Der Kampf für Gleichheit, Gleichberechtigung und faire Chancen erlaubt es | |
dagegen dem Sozialisten, für soziale Gerechtigkeit zu werben, auch wenn die | |
Kassen des Staates leer sind, also die Mittel für große Reformen fehlen. | |
Hollande hat zum Start seiner Kampagne in Le Bourget der mächtigen | |
Finanzwelt, die er als seinen "wahren Gegner" bezeichnet, eine | |
Kriegserklärung vor die Füße geworfen. In aller Deutlichkeit hat er sich | |
damit von Sarkozy, dem Busenfreund der Milliardäre, abgegrenzt. Falls die | |
Umverteilung tatsächlich auf Kosten der bisher Privilegierten gehen soll, | |
wie dies Hollande verspricht, würde das die existierenden Machtverhältnisse | |
umkrempeln. Es bleibt also abzuwarten, ob der Mann aus der Corrèze als | |
Präsident das Format seiner Kandidatenträume hat. | |
23 Jan 2012 | |
## AUTOREN | |
Rudolf Balmer | |
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