# taz.de -- Schifffahrt um Grönland: Furcht vor Costa-Katastrophe im Eis | |
> Dänemarks Seefahrtsbehörde fordert eine Verschärfung der Bestimmungen für | |
> Arktis-Kreuzfahrten: Nur noch eisverstärkte Schiffe sollen fahren, stets | |
> im Konvoi. | |
Bild: Die Sorge dreht sich besonders um diesen Eisfjord nahe der Stadt Ilulissa… | |
STOCKHOLM taz | Zuletzt manövrierte sie sich im August vergangenen Jahres | |
mühsam zwischen den Eisbergen im grönländischen Ilulissat-Eisfjord | |
hindurch: Die "Costa Deliziosa" ist noch ein paar Meter länger als die nun | |
vor der Insel Giglio auf Grund liegende "Costa Concordia" der gleichen | |
Kreuzfahrtreederei. Im Internet findet man Beschreibungen der damaligen | |
Passagiere, die mit Schaudern die aufregende Fahrt schildern. Einige | |
fühlten sich an die Kreuzschifffahrt mit der "Titanic" erinnert. | |
Die dänische Seefahrtbehörde Søfartsstyrelsen hält diesen Vergleich für | |
alles andere als übertrieben. Der stetig zunehmende | |
Kreuzfahrtschiffsverkehr um Grönland und in den arktischen Gewässern ist | |
ihr schon lange ein Dorn im Auge, zu gefährlich seien die vielen | |
Eisschollen. Sie drängt deshalb bei der internationalen | |
UN-Seefahrtorganisation IMO auf neue Vorschriften. | |
Bei einem Treffen am vergangenen Mittwoch hatte die dänische Regierung vor | |
allem zwei Forderungen für ein künftiges Regelwerk: Schiffe sollen nur noch | |
mit eisverstärktem Rumpf in diesen Gewässern fahren dürfen. Zudem sollen | |
sie nicht mehr allein unterwegs sein. Mindestens ein weiteres Schiff habe | |
sich in unmittelbarer Nähe aufzuhalten, um schnell vor Ort zu sein, falls | |
Hilfe erforderlich wird. Auf diesen Routen befänden sich diese Schiffe | |
"weit weg von Rettungsmöglichkeiten", argumentiert Per Sønderstrup, | |
Abteilungsleiter bei Søfartsstyrelsen. Es könne mehrere Tage dauern, bis | |
Rettungsmannschaften kämen. | |
Auch Henrik Kudsk vom dänischen Militärkommando auf Grönland warnt vor | |
einem Tourismus, der immer weiter nach Norden in gefährliche Gewässer | |
vorstößt. Experten werfen den Reedereien mangelnden Respekt vor arktischen | |
Verhältnissen vor, wenn mal wieder ein Schiff in Seenot gerät. Wie etwa das | |
Kreuzfahrtschiff "Clipper Adventurer", das vor anderthalb Jahren auf einer | |
Klippe an der nördlichen Küste vor Kanada auf Grund lief: Die 118 | |
Passagiere mussten von einem Eisbrecher evakuiert werden. Für ein Schiff | |
mit mehreren tausend Passagieren hätte es nicht genug Rettungskapazitäten | |
gegeben. | |
## Ein Leck reicht, um in Seenot zu geraten | |
Hans Otto Holmegaard Kristensen von Dänemarks Technischer Universität DTU | |
rät ebenfalls von solchen Touren ab. Die schiere Größe der Schiffe dürfe | |
nicht darüber hinwegtäuschen, wie schnell sie durch ein einziges Leck im | |
Rumpf in Seenot geraten könnten. Deren Rumpf und auch die Schraube seien | |
durchweg nicht auf Kollisionen mit Eisschollen ausgelegt, die je nach Alter | |
hart wie Granit sein könnten. Eine weitere Schwachstelle seien die recht | |
unzuverlässigen Seekarten in diesem Gebiet. | |
Grönlands Selbstverwaltungsregierung hingegen lehnt allzu weitgehende | |
Sicherheitsvorschriften ab. Sie könnten möglicherweise abträglich für das | |
profitable Geschäft mit dem Kreuzfahrttourismus sein, heißt es dort. Setzt | |
sich die dänische Seesicherheitsbehörde durch, könnten Verschärfungen | |
frühestens 2014 wirksam werden. Dann nämlich sollen die neuen IMO-Regeln | |
für Arktisgewässer in Kraft treten. | |
6 Feb 2012 | |
## AUTOREN | |
Reinhard Wolff | |
Reinhard Wolff | |
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Schiff | |
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