# taz.de -- Gemüsebratling als Seelenretter: Aufessen oder streicheln? | |
> Ist es menschlich, Fleisch von Tieren zu essen? Hilal Sezgin, Christian | |
> Rätsch und Antoine Goetschel debattieren über das Verhältnis zwischen | |
> Mensch und Tier. | |
Bild: 700 Kilogramm schwerer Gemüsebratling fürs Seelenheil. | |
Ran an die Buletten - ein Satz, der vielleicht in Zukunft aus der deutschen | |
Alltagssprache verschwinden könnte. Die Zukunft, sie gehört womöglich dem | |
Getreidebratling. Immer mehr Menschen wenden sich von den Fleischtöpfen ab, | |
ernähren sich vegetarisch oder gar vegan. Für manchen war es einfach ein | |
Fleischskandal zu viel, andere wollen das Klima retten und folgen dem | |
Prinzip Vernunft - und einige argumentieren prinzipiell: Sie finden es | |
schlicht unmoralisch, Tiere zu töten, um sie zu verspeisen. | |
Vorbei sind jedenfalls die Zeiten, in denen Vegetarier nicht ernst genommen | |
wurden. Die Debatten um bewussten Konsum, bewusste Ernährung und die | |
Verantwortung der KonsumentInnnen sind längst in der Mitte der Gesellschaft | |
angekommen - im Rahmen des tazlabs wollen wir diskutieren, ob der Verzicht | |
auf Fleisch ein zivilisatorischer Fortschritt ist oder es sich dabei | |
womöglich nur um einen vorübergehenden Ausdruck bürgerlichen | |
Mittelklasse-Lifestyles handelt. | |
Die Journalistin und Autorin Hilal Sezgin ("Landleben - Von einer, die | |
rauszog") ist überzeugte Vegetarierin - nie käme ihr der Gedanke, aus einem | |
ihrer Tiere Gulasch zu machen. Sezgin, die seit Jahren auf einem Bauernhof | |
nahe Lüneburg lebt, sagt: "An freien Tieren sieht man, wie intelligent, | |
kreativ und eigenwillig sie an ihre Umwelt herangehen. Dummerweise erleben | |
diejenigen, die Tiere am skrupellosesten benutzen, diese nie in Freiheit. | |
Das muss sich ändern." | |
## Neues Verhältnis zwischen Mensch und Tier | |
Antoine Goetschels neuestes Buch "Tiere klagen an" will eine neue Sicht auf | |
das Verhältnis zwischen Mensch und Tier ermöglichen. Der weltweit führende | |
Tieranwalt wird auch auf dem tazlab aufzeigen, dass Tiere in unserer | |
Gesellschaft die vielfältigsten Funktionen übernehmen müssen: Sie ersetzen | |
Familienmitglieder, landen auf unserem täglichen Speiseplan oder werden in | |
Labors für Tierversuche eingesetzt. | |
Christian Rätsch wiederum hat einen völlig anderen Blick auf die Dinge. Der | |
Hamburger Ethnopharmakologe, der unter anderem ein Standardwerk über | |
psychoaktive Pflanzen verfasste und als Kenner des Schamanismus gilt, sagt: | |
"Wenn jemand einen Unterschied zwischen Tieren und Pflanzen macht, dann | |
verhöhnt er das Wunder des Lebens." Schamanen jedenfalls, so berichtete | |
Rätsch unlängst in einem taz-Interview, "essen alle Fleisch". | |
Der Verzehr eines Gemüsebratlings hätte dieser Logik folgend zwar einen | |
Sättigungs-, nicht jedoch einen moralischen Wert. Andererseits verfügen | |
Sojapflanzen nun mal nicht über ein zentrales Nervensystem und empfinden | |
weder Schmerz noch Todesangst. | |
Fleisch oder nicht - diese Frage wird mittlerweile beim Mittagessen in der | |
Kantine und abends unter Freunden ganz alltäglich diskutiert. Im Rahmen des | |
tazlabs "Das gute Leben - Es gibt Alternativen" wollen wir der Debatte zu | |
einer attrakiven Reiseflughöhe verhelfen. | |
7 Feb 2012 | |
## AUTOREN | |
Martin Reichert | |
## TAGS | |
tazlab 2012: „Das gute Leben“ | |
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