| # taz.de -- Konflikt zwischen Tuareg und Islamisten: Wüstenkrieg in Mali | |
| > Tuareg-Rebellen und Islamisten erobern Gebiete im Norden Malis. Mehr als | |
| > 80.000 Menschen sollen bereits geflohen sein. Nun kam es offensichtlich | |
| > zu einem Putsch. | |
| Bild: Jugendliche protestieren in Bamako gegen die Reaktion der Regierung auf d… | |
| BAMAKO taz | In Malis Hauptstadt ist an jeder Straßenecke zu lesen, wie es | |
| offensichtlich um den Norden des Landes bestellt ist. „Die | |
| Tuareg-Rebellion“ oder „Der Krieg im Norden“ – je nachdem, wie die | |
| Situation viele hundert Kilometer nordöstlich Bamakos gedeutet wird – füllt | |
| ganze Titelseiten. Sie hängen an den Zeitungsständern und flattern im Wind. | |
| Gesprächsthema auf der Straße sind die Kämpfe zwischen den | |
| Regierungstruppen und der Rebellenarmee des Tuareg-Volkes MNLA (Nationale | |
| Befreiungsbewegung Azawad) aber nicht. Die Gräueltaten und Fluchtbewegungen | |
| sind weit weg. | |
| Dabei spitzt sich die Lage jeden Tag weiter zu. Nach Angaben des | |
| UN-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR) sind bereits mehr als 80.000 Menschen aus | |
| dem Norden Malis in die Nachbarländer geflüchtet. Allein in Mauretanien | |
| würden jeden Tag 1.500 weitere Menschen ankommen, in Burkina Faso seien es | |
| 500. Ähnlich hoch dürfte noch einmal die Zahl der Menschen sein, die | |
| innerhalb Malis auf der Flucht sind. Anderen Schätzungen zufolge könnten es | |
| mittlerweile 200.000 Menschen sein, die ihre Heimat bereits verlassen | |
| haben. | |
| Am Dienstag äußerte sich nun auch der Sicherheitsrat der Afrikanischen | |
| Union (AU) zur Lage im Norden. Während des Treffens in Bamako sagte Jean | |
| Ping, Präsident der AU-Kommission, man sei äußerst besorgt. Gleichzeitig | |
| forderte die AU die Tuareg-Rebellen auf, ihre Waffen abzugeben und einen | |
| Dialog mit der Regierung zu suchen. Die westafrikanische | |
| Regionalorganisation Ecowas (Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft) | |
| kündigte unterdessen an, Malis Armee mit Ausrüstung und Logistik | |
| unterstützen zu wollen – und bei möglichen Gesprächen zu vermitteln. | |
| ## Seit den 90ern schwelt der Konflikt | |
| Doch ob die Tuareg-Rebellen ausgerechnet jetzt zu Gesprächen bereit sind? | |
| Heftig entfacht sind die Kämpfe zwar erst Ende Januar. „Aber die ganze | |
| Problematik ist ja keine neue“, sagt Hamidou Konaté, Direktor des privaten | |
| Rundfunksenders Radio Jamana. Es ist ein schwelender Konflikt, der Anfang | |
| der 1990er Jahre mit der Forderung nach mehr Autonomie begann. Damals ließ | |
| sich der Tuareg-Aufstand ziemlich mühelos niederschlagen. Doch heute | |
| gelingt das nicht mehr, trotz vollmundiger Ankündigungen. | |
| Denn Malis neue Rebellen sind weit besser ausgestattet als die vor 20 | |
| Jahren. Libysche Waffenbestände sind in der Sahelregion über die Grenzen | |
| gesickert, möglich ist auch, dass Teile der Einnahmen der Rebellen aus dem | |
| Drogenschmuggel stammen. Anders als in den 1990er Jahren halten sich auch | |
| radikalislamistische Kämpfer der AQMI (al-Qaida des Islamischen Maghreb) im | |
| Norden Malis auf und destabilisieren die Region zusätzlich. Malis Regierung | |
| von Präsident Amadou Toumani Touré hat AQMI vorgeworfen, die | |
| Tuareg-Rebellen zu unterstützen. | |
| Und am Dienstag meldete sich eine zweite Rebellengruppe zu Wort, die | |
| behauptete, ganz Nordostmali um die Stadt Tessalit zu kontrollieren: „Ancar | |
| Dine“ (Verteidiger des Islam) unter Führung des ehemaligen | |
| Tuareg-Rebellenführers Iyad ag Ghali. Diese Gruppe wolle ebenso wie die | |
| MNLA einen eigenen Staat im Norden Malis, allerdings einen islamischen, | |
| hieß es. | |
| „Die Gewalt, die wir dort oben erleben, hat eine ganz neue Dimension | |
| bekommen“, sagt Hamidou Konaté. „Besorgniserregend ist auch, wie unsicher | |
| die ganze Gegend geworden ist.“ Das Problem würde aber auch bei der | |
| Regierung liegen. „Sie ist zu lax und hat die ganze Entwicklung nicht | |
| kommen sehen. Ihr fehlt einfach das Gespür.“ | |
| In diesem Zustand soll Mali am 29. April auch noch einen neuen Präsidenten | |
| wählen. Gleichzeitig wird ein Referendum durchgeführt. Die Wahl ist nur der | |
| Auftakt zu einem ganzen Abstimmungsmarathon, der sich über einige Wochen | |
| hinziehen wird. Und obwohl von Bamako aus die Flüchtlinge, Rebellen und | |
| illegalen Waffen weit weg scheinen, können sich immer weniger Menschen | |
| vorstellen, dass es logistisch überhaupt möglich ist, die Wahlen | |
| durchzuziehen – von Fairness und Transparenz ganz zu schweigen. | |
| 22 Mar 2012 | |
| ## AUTOREN | |
| Katrin Gänsler | |
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