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# taz.de -- Ausschreitungen in Mali: Mit Knüppeln gegen die Tuareg
> Nach Niederlagen der Armee gegen Rebellen in der Wüste kommt es zu
> schweren Ausschreitungen. Augenzeugen berichten von regelrechten
> Pogromen.
Bild: Zahlreiche Tuareg in Mali sind auf der Flucht.
BERLIN taz | "Wir sind die letzten Tuareg und Araber in Bamako", schreibt
am Donnerstag ein Bewohner der malischen Hauptstadt. "Es sind ungefähr
dreißig. Ich weiß nicht, ob wir hier rauskommen." Ein Akademiker berichtet:
"Alles, was wir gemeinsam wieder aufgebaut haben, ist dabei, in Stücke zu
zerfallen. Ich bin in Niamey (Hauptstadt des Nachbarlandes Niger) mit der
Familie. Die Angehörigen sind schon über die Grenze nach Mauretanien
gegangen."
Regelrechte Pogrome, so Berichte von Augenzeugen, die der taz vorliegen,
sind in Mali gegen die Angehörigen der Tuareg-Minderheit im Gange. In der
Garnisonsstadt Kati 15 Kilometer außerhalb der Hauptstadt Bamako wurden am
Mittwoch Häuser angezündet, in denen Tuareg leben, darunter eine Apotheke.
Unter den Opfern der Übergriffe sei auch Malis ehemalige
Handwerksministerin Zakietou Walet Halatine und der Schriftsteller Ibrahim
Ag Youssouf. Ihr Haus sei angezündet worden, berichtet die Tuareg-Webseite
"Toumast". Gestern wurde die Ausweitung der Unruhen auf Bamako erwartet.
Jugendliche hätten sich mit Knüppeln und Macheten versammelt, berichteten
die Augenzeugen. Zahlreiche Tuareg sind bereits auf der Flucht.
Urheber der Ausschreitungen sind Angehörige von Regierungstruppen, die in
den letzten Wochen von der neuen Tuareg-Rebellenarmee MNLA (Nationale
Befreiungsfront Azawad) angegriffen worden waren. Die MNLA, die auch von
ehemaligen Gaddafi-Söldnern und radikalen Islamisten unterstützt werden
soll, hat in den vergangenen Wochen mehrere Städte nahe Malis Grenzen zu
Niger und Mauretanien überrannt und zahlreiche Soldaten getötet.
Wütende Ehefrauen von Soldaten gingen jetzt auf die Straße. Einerseits
warfen sie der Regierung vor, die Truppe im Stich zu lassen, und
andererseits den Angehörigen nordmalischer Minderheiten, mit den Rebellen
unter einer Decke zu stecken. Ursprünglich wollten sie von Kati bis Bamako
marschieren und vor dem Präsidentenpalast demonstrieren. Dann hielt die
Armee sie auf, und die Protestierenden verübten Gewalt.
Die MNLA sagt ihrerseits, die Regierung tue nichts zum Schutz der Tuareg.
Die jüngsten Pogrome seien "von der politischen Klasse in Bamako
orchestriert, um die Öffentlichkeit von der Unfähigkeit der Machthaber
abzulenken", erklärte die Rebellenbewegung am Mittwoch.
Staatspräsident Amadou Tounamin Touré hat zu einem Ende der Gewalt
aufgerufen. "Verwechselt nicht friedliche Bürger mit Menschen, die sich ins
Abseits gestellt haben", sagte er in einer Ansprache am Mittwochabend. Die
Rebellen wollten Malis nationale Einheit zerstören. Niemand solle dem
Vorschub leisten.
2 Feb 2012
## AUTOREN
Dominic Johnson
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