# taz.de -- Politisches Asyl für Homosexuelle: „Ein Leben im Schatten des Re… | |
> Das Bundesamt empfahl der lesbischen Iranerin Samira G., „nicht mit ihrer | |
> Neigung zu provozieren“. Der Ugander Eric Bwire bekam nach langem Kampf | |
> Asyl. | |
Bild: In über 70 Staaten wird Homosexualität derzeit bestraft. | |
BERLIN taz | 100 Peitschenhiebe gibt es beim ersten Mal, für die vierte | |
Verfehlung sehen die Tugendwächter der Islamischen Republik nur eine Strafe | |
vor: den Tod. Homosexualität, auch unter Frauen, ist in der Heimat von | |
Samira G. verboten. Doch nicht nur der Staat toleriert die | |
gleichgeschlechtliche Liebe nicht: „Seit die Religionspolizei meiner | |
Familie erzählt hat, dass ich lesbisch bin, will mein eigener Vater mich | |
töten“, sagt G. „Ich hätte seine Ehre zerstört.“ | |
Die 24-Jährige floh 2010 aus Teheran. Ihr Architekturstudium hatte sie da | |
gerade beendet, gewohnt hat sie noch bei ihren Eltern. Dass sie seit ihrer | |
Teenagerzeit Gefühle für Frauen hegte, hatte sie vor der Familie verbergen | |
können. „Ich hatte eine Partnerin, die ich an der Uni kennengelernt habe“, | |
sagt G. „Im Internet haben wir uns mit anderen lesbischen Frauen | |
ausgetauscht und auch verabredet.“ | |
Einmal ging das schief: Die Religionspolizei sei auf einer Party | |
aufgetaucht, habe ihre Freundin in Haft genommen, während sie selbst | |
entwischen konnte. Doch nachdem die Polizei bei ihrer Familie aufgetaucht | |
war, konnte sie nicht mehr zurück. Für das Asyl-Bundesamt zählt dies nicht. | |
Im April 2011, fünf Monate nach ihrer Anhörung, lehnte es den Asylantrag | |
der jungen Frau ab. Zum einen sei sie über einen „sicheren Drittstaat“ nach | |
Deutschland gekommen, zum anderen nahmen die Entscheider G. die Geschichte | |
nicht ab. | |
Zwar sei die Todesstrafe für homosexuelle Frauen im Iran „rechtlich | |
vorgesehen“. Doch nur eine „übereinstimmende Aussage von vier | |
rechtschaffenen Männern“ tauge als Beweis für lesbische Unzucht, so das | |
Bundesamt. Es sei „nicht zu erwarten, dass ein solcher Beweis herbeigeführt | |
werden könne“. | |
Vor allem aber sei Asyl nicht nötig, denn ihr Schicksal hätten homosexuelle | |
Iraner selbst in der Hand, argumentiert die Behörde. Die „Veranlagung als | |
solche“ sei schließlich nicht strafbar, so das Bundesamt. Und das Leben | |
Homosexueller im Iran sei „unproblematisch, falls diese nicht mit ihren | |
Neigungen auf der Straße provozieren“, heißt es im Bescheid, den die | |
Beamten G. schrieben. Sie könnten so „ein Leben im Schatten des Rechts“ | |
führen. | |
## Beispiel Uganda: Die Ehefrau kam nach | |
Es sei ihm „rätselhaft“, warum Homosexualität „gegen die Ordnung der Na… | |
verstoßen soll, sagt Eric Bwire. Doch in seiner Heimat Uganda droht für | |
„schwere Unzucht“ und „Geschlechtsverkehr wider die Ordnung der Natur“ | |
„lebenslänglich“. Bwire hat beides begangen. Der bisexuelle Ugander schlief | |
mit Männern und gründete ein Schwulennetzwerk in einem Land, in dem | |
Homosexualität wie in vielen Ländern Afrikas gesellschaftlich verpönt ist. | |
Bwire ist einer der wenigen Flüchtlinge, die hier in den letzten Jahren | |
wegen ihrer sexuellen Orientierung als Flüchtlinge anerkannt wurden. | |
Nachdem der heute 33-Jährige das Schwulennetzwerk Anti Homophobie Africain | |
gegründet hatte, waren seine Tage in Mukono, einem Vorort Kampalas, | |
gezählt: Wegen "Werbung für Homosexualität" verhaftete man ihn und brachte | |
ihn in das Gefängnis von Kololo. | |
Nach seiner Freilassung floh er nach Deutschland. Im April 2009 beantragte | |
er Asyl, schon im Mai 2010 wurde er anerkannt. Zu jener Zeit waren die | |
EU-Regierungen deutlich auf Abstand zu Ugandas Regierung gegangen. Ein | |
Abgeordneter der Regierungspartei mit engen Beziehungen zu | |
christlich-fundamentalistischen Kirchen aus den USA wollte die Todesstrafe | |
für gleichgeschlechtlichen Sex mit Minderjährigen, Behinderten oder | |
HIV-Positiven einführen. | |
Nach internationalen Protesten ist das Gesetzesvorhaben jedoch nun wohl vom | |
Tisch. Ugandas führender Homosexuellen-Aktivist Frank Mugisha sagte | |
kürzlich, die Diskussion habe dazu geführt, dass über Homosexualität heute | |
offener gesprochen werden kann als früher. | |
Bwire lebt jetzt in Deutschland. Als anerkannter Flüchtling hat Bwire | |
Anspruch auf Familiennachzug. Seit dem letzten Jahr leben auch seine Frau, | |
die er in Uganda geheiratet hatte, und ihre zwei Kinder mit ihm in | |
Nürnberg. Sie teilen sich eine Einzimmerwohnung. Bwire ist es nicht | |
gelungen, einen Job zu finden. Er spricht mittlerweile fließend Deutsch, | |
doch wenn er etwas nicht ganz direkt sagen will, benutzt er das englische | |
Wort. „Tight“ sei es hier, sagt er. Frei übersetzt soll das wohl so viel | |
heißen wie: „Alles nicht so einfach.“ | |
28 Mar 2012 | |
## AUTOREN | |
Christian Jakob | |
Christian Jakob | |
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