# taz.de -- Streit um Wasserpreise in Berlin: Krasser Wasserschaden | |
> Das Bundeskartellamt verdonnert die Berliner Wasserbetriebe erneut zu | |
> einer Preissenkung. Die soll jetzt noch größer ausfallen. | |
Bild: Ist in Berlin immer noch viel zu teuer: Wasser. | |
Das ging nach hinten los: Mit ihrem Widerstand gegen eine Abmahnung durch | |
das Bundeskartellamt haben die Berliner Wasserbetriebe eine neuerliche | |
Abmahnung provoziert. Jetzt sollen die Wasserpreise noch stärker sinken. | |
Im Dezember hatte das Bundeskartellamt die Wasserbetriebe aufgefordert, die | |
Preise um 19 Prozent zu senken. Die Berliner sollten dadurch in den | |
kommenden Jahren um 205 Millionen Euro entlastet werden. Dagegen legten die | |
Wasserbetriebe Widerspruch ein – und erreichten das Gegenteil: In einer am | |
Montag veröffentlichten zweiten Abmahnung kommt das Kartellamt nun zu dem | |
Schluss, der abgabenbereinigte Wasserpreis müsse noch in diesem Jahr um 21 | |
Prozent sinken. Bis 2015 sollen die Berliner um 292 Millionen Euro | |
entlastet werden. | |
Die Wasserbetriebe hatten in ihrer Stellungnahme unter anderem darauf | |
hingewiesen, dass die vom Kartellamt zum Vergleich herangezogenen | |
Wasserbetriebe in Hamburg und München ihre Preise inzwischen erhöht hätten. | |
Die Nachermittlungen des Kartellamts zeigten jedoch, dass die Preise dort | |
nicht erhöht, sondern teilweise sogar gesenkt wurden. | |
Kartellamts-Präsident Andreas Mundt bezeichnete gestern die | |
Wasserversorgung als eines der letzten großen Monopole in Deutschland. „Das | |
Verfahren zeigt, wie wichtig eine effektive Kontrolle der Kartellbehörden | |
in diesem Bereich ist.“ | |
## Letzte Frist: 29. April | |
Die Wasserbetriebe haben nun bis zum 29. April Zeit für eine weitere | |
Stellungnahme. Danach kann das Kartellamt endgültig entscheiden. Die | |
Wasserbetriebe haben bereits angekündigt, gegen eine Senkung der Preise zu | |
klagen. In der ersten Instanz wäre das Oberlandesgericht Düsseldorf | |
zuständig. Danach würde der Bundesgerichtshof entscheiden – erfahrungsgemä… | |
in ungefähr drei Jahren. Das Kartellamt kann auch eine sofortige | |
Preissenkung während der Dauer des Verfahrens anordnen. | |
Der schwarz-rote Senat von Eberhard Diepgen hatte 1999 einen Anteil von | |
49,9 Prozent an den Wasserbetrieben verkauft. Die privaten Miteigentümer – | |
RWE und Veolia – zahlten 3,3 Milliarden DM und erhielten im Gegenzug eine | |
Gewinngarantie, die über Landesgesetze und private Verträge abgesichert | |
wurde. Seither stiegen die Preise deutlich. Nach Angaben des Statistischen | |
Bundesamtes zahlte ein Durchschnittshaushalt in Berlin mit einem | |
Wasserverbrauch von 80 Kubikmetern 555,52 Euro im Jahr 2010. Davon blieben | |
den Wasserbetrieben 136 Euro als Gewinn. | |
Nach Ansicht des Bundeskartellamts verlangen die Wasserbetriebe diese hohen | |
Preise missbräuchlich – also unter Ausnutzung ihrer Monopolstellung. Die | |
Wasserbetriebe finden, das Bundeskartellamt sei überhaupt nicht zuständig. | |
Sie verweisen darauf, dass sie sich bei ihrer Preisgestaltung an die | |
Landesgesetze halten. | |
Laut einem Urteil des Bundesgerichtshofs in einem anderen Fall dürfen | |
Wasseranbieter sich jedoch „nur auf solche Kostenfaktoren berufen, die auch | |
jedes andere Unternehmen in der Situation vorfinden würde“. Dazu zählt etwa | |
die geologische Situation. „Außer Betracht“ bleiben müssen hingegen „auf | |
die Struktur des betroffenen Versorgungsunternehmens zurückgehende | |
Umstände“, so das Urteil. Eine hohes Renditeversprechen für die Eigentümer | |
rechtfertigt also keine hohen Preise. | |
2 Apr 2012 | |
## AUTOREN | |
Sebastian Heiser | |
## TAGS | |
Wasserversorgung | |
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