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# taz.de -- Parlamentarische Aufklärung: Der Wasserausschuss taucht ab
> Der Sonderausschuss zu den Wasserverträgen steht vor dem Scheitern: Die
> Opposition fühlt sich von der rot-schwarzen Koalition blockiert - und
> schweigt.
Bild: Wasser kommt aus dem Hahn - aber zu welchem Preis?
Ab 12.54 Uhr herrscht nur noch Schweigen auf der Oppositionsbank. Da ist
der Sonderausschuss Wasserverträge gerade erst in die Tagesordnung
eingetreten. Keine 15 Minuten später ist die Sitzung beendet. Einzig ein
SPDler hatte ein paar Fragen gestellt. „Keine weiteren Wortmeldungen?“,
fragt Ausschussleiter Claudio Jupe (CDU) schließlich, leicht verdutzt. Die
Opposition schweigt weiter. Also Schluss.
Umso lauter wurde vor Eintritt in die Tagesordnung gestritten. „Eine
Farce“, „Gutsherrenmanier“, schimpfte die Linke. „Absurd“, so Grüne …
Piraten. „So ein Kasperletheater“, rief’s aus den Zuhörerreihen. Am Ende
forderte Linken-Chef Klaus Lederer den Rücktritt von Jupe und polterte, „ob
es überhaupt noch Sinn macht, hier teilzunehmen“.
Fünf Monate nach seiner Einsetzung steht es schlecht um den
Wasserausschuss. Achtmal tagte das Gremium, um aufzuklären, wie es 1999 zu
den Privatisierungsverträgen der Wasserbetriebe, inklusive einer
Renditegarantie, kam – und wie diese möglicherweise angefochten werden
können. Damals hatten CDU und SPD 49,9 Prozent der Betriebe an RWE und
Veolia verkauft. Ein Volksbegehren hatte 2011 die Offenlegung der Verträge
erstritten.
Der Ausschuss solle alle „bestehenden Verträge, Beschlüsse und
Nebenabreden“ prüfen, heißt es in der Aufgabenstellung. Tatsächlich aber
hat sich dieser längst in Formalfragen verheddert – und so selbst
lahmgelegt. Die Opposition macht die Schuldigen auf der Regierungsbank aus.
„Jede Sitzung ist ein erneuter Tiefpunkt“, klagt der Linke Lederer. Auch
Piraten und Grünen monieren, „systematisch“ ausgebremst zu werden. Nicht
genehme Initiativen würden von SPD und CDU blockiert, Besprechungspunkte
eigenmächtig von der Tagesordnung genommen, externe Gutachten abgelehnt.
Auch habe sich der zuständige Finanzsenator Ulrich Nussbaum (parteilos)
nicht einmal im Ausschuss sehen lassen.
„Es wird immer deutlicher“, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung, „d…
SPD und CDU kein Interesse haben, mögliche Verstöße ihrer damaligen
schwarz-roten Koalition aufzudecken“. Am Freitag gipfelte diese Klage in
offenem Protest: in kollektivem Verstummen. Längst wird in der Opposition
auch über die Einberufung eines Untersuchungsausschusses nachgedacht.
CDU-Mann Claudio Jupe widerspricht: Natürlich wolle auch die Koalition
aufklären. „Offenbar gibt es aber über den Weg unterschiedliche rechtliche
Auslegungen.“ Auch Nikolaus Karsten (SPD) sagte, dass „wir doch alle
wollen, dass das Wasser billiger wird“. Die Zeit der „Beutegemeinschaft“
zwischen Land und Privaten sei vorbei.
Am Freitag ist von Gemeinsamkeit nichts zu sehen. Der Streit entbrennt
schon an der Tagesordnung. Den Wunsch der Opposition, über die aktuellen
Rückkaufverhandlungen des Landes mit RWE zu sprechen, hatten SPD und CDU
abgeräumt. Man wolle die Verhandlungen nicht gefährden, begründete SPD-Mann
Karsten dies. Die Grüne Heidi Kosche warnte daraufhin davor, neue
Wasserverträge „geheim am Ausschuss vorbei“ abzuschließen.
Dann erneut Zoff: Linke, Grüne und Piraten beantragen ein externes
Gutachten, um zu prüfen, ob die damaligen Wasserverträge gegen das
„Demokratiegebot“ verstoßen. Die Gewinngarantie verstoße gegen die
Haushaltshoheit des Landesparlaments und entziehe sich demokratischer
Kontrolle. SPD und CDU stimmen unter Kopfschütteln der Opposition gegen das
Gutachten. Man wolle erst sehen, ob nicht auch andere Klagewege erfolgreich
sein könnten, hieß es schon in den Wochen zuvor. Am Ende schließt der
Ausschuss, ohne ein einziges Ergebnis erzielt zu haben.
Die Initiative Wassertisch motiviert das zu Drohungen: Wenn der Ausschuss
seinem Aufklärungsauftrag nicht nachkomme, „drängt sich eine Debatte über
ein neues Volksbegehren auf“.
25 May 2012
## AUTOREN
Konrad Litschko
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