# taz.de -- Anke Domscheit-Berg tritt den Piraten bei: Piratin als Programm | |
> Anke Domscheit-Berg und ihr Mann sind den Piraten beigetreten. „Schlimmer | |
> als bei eingefleischten Managern mittleren Alters kann das nicht werden“, | |
> sagt die Kämpferin für die Quote. | |
Bild: „Die Piraten sind frauenpolitisch nicht da, wo ich sie gern hätte", sa… | |
BERLIN taz | Es war der gefühlt hundertste Dialog von Anke Domscheit-Berg | |
mit den Piraten: „Ich: Ihr habt zu wenig Frauen. Piraten: dann mach doch | |
mit! Ich: eure kultur gefällt mir nicht. Piraten: dann komm und hilf sie zu | |
ändern.“ Aber diesmal ließ Domscheit-Berg das Gespräch nicht versanden, | |
diesmal schickte sie ein „okay“ zurück. | |
Die Piraten haben damit einen kapitalen Fang gemacht: zusammen mit ihrem | |
Mann, dem Wikileaks-Sprecher Daniel Domscheit-Berg ist Anke Domscheit-Berg | |
in die Partei eingetreten. Beide sind seit Langem in den Tiefen des Netzes | |
unterwegs, Daniel Domscheit-Berg etwa gründete nach einem Krach mit | |
Wikileaks-Chef Julian Assange seine eigene Whistleblower-Plattform | |
OpenLeaks. | |
Anke Domscheit-Berg hat vor allem zwei Qualifikationen, die sie für die | |
Seeräuber interessant macht: Zum einen beschäftigt sich die | |
Ex-McKinsey-Beraterin und Ex-Microsoft-Managerin seit Jahren als Lobbyistin | |
für „Open Government“. Open Government, das ist der Spezialbegriff für da… | |
was die Piraten eigentlich wollen: eine transparente Verwaltung mit offenen | |
Prozessen, an denen die AdressatInnen der Verwaltung mitwirken können. „So | |
gut haben mir die Piraten das noch nie erklärt,“ hörte sie öfter bei ihren | |
Lobbygesprächen zum Thema. | |
Zum anderen könnte sie als Feministin die Piraten geschlechterpolitisch | |
alphabetisieren. Die Trägerin des Berliner Frauenpreises hat etwa bei | |
McKinsey die beiden berühmten Studien initiiert, nach denen | |
geschlechtergemischte Führungsgremien bessere Umsätze erzielen als | |
homogene. Sie wirkt in mehrere überparteilichen Fraueninitiativen mit und | |
setzt sich nachdrücklich für eine Quote in Vorständen und Aufsichtsräten | |
der Privatwirtschaft ein. | |
## Die Vision des Postgender | |
„Die Piraten sind frauenpolitisch nicht da, wo ich sie gern hätte“, erklä… | |
sie freimütig. Aber die Partei hätte sich in den vergangenen 12 Monaten | |
sehr verändert. „Die Vision des Postgender ist richtig“, meint | |
Domscheit-Berg. Nur auf dem Weg dahin müsse man die sozialen Effekte | |
bedenken, die dazu führen, dass Frauen anders auftreten als Männer. „Man | |
kann nicht nur feststellen, dass Frauen leiser reden und sich nicht in den | |
Vordergrund drängen. Man muss diese ungleichen Chancen aktiv ausgleichen. | |
Mit Ignorieren kann man das Problem nicht lösen.“ | |
Weil aber die Piraten nicht aus geschlossenen Männerzirkeln bestehen, | |
sondern sich gleiche Chancen auf die Fahnen geschrieben hätten, seien sie | |
offen für geschlechterpolitische Interventionen. „Schlimmer als bei | |
eingefleischten Managern mittleren Alters kann das nicht werden.“ Erste | |
Aktion: Anke Domscheit-Berg wird sie nicht Pirat nennen, wie es weibliche | |
Piraten häufig tun. Sie ist Piratin. Und das ist Programm. | |
Update 18.05.: In einer früheren Version dieses Textes wurde Daniel | |
Domscheit-Berg als Mitbegründer von Wikileaks bezeichnet. Richtig ist, dass | |
er Sprecher der Whistleblowing-Plattform war. | |
11 May 2012 | |
## AUTOREN | |
Heide Oestreich | |
## TAGS | |
Piratenpartei | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Piratenpolitikerin Anke Domscheit-Berg: Der übliche Karrieristenalarm | |
Nur sehr knapp haben Brandenburgs Piraten Anke Domscheit-Berg zur | |
Landeschefin gewählt. Die Ex-Grüne hat einen schweren Stand in der Partei. | |
Assanges Flucht in die Botschaft Ecuadors: Ein unerwarteter Gast | |
Julian Assanges Flucht in die ecuadorianische Botschaft in London beruht | |
möglicherweise auf einem gravierenden Missverständnis – oder gleich auf | |
mehreren. | |
Piraten und Geschlechterpolitik: Jenseits der Quote | |
Nichtquoten, Extrawürste und nachhaltige Geschlechterpolitik: Die Piraten | |
sind postgender und überwiegend gegen die Quote. Nun denkt die Partei nach, | |
was das eigentlich heißt. | |
Domscheit-Berg über Grüne und Piraten: „Die Piraten sind noch in der Pubert… | |
Die Exgrüne und Neupiratin Anke Domscheit-Berg über Basisdemokratie, | |
kostenlosen Nahverkehr, Open Government und ihre Karriereaussichten. | |
Die Grünen und die Piraten: Holzkeule oder Wattebäuschchen? | |
Die Grünen ringen um den richtigen Umgang mit dem neuen Konkurrenten | |
Piratenpartei. Die Mehrheit setzt auf demonstrative Gelassenheit – und ist | |
alarmiert. | |
Aufstieg und Fall der schwedischen Piraten: „Niemals 30-Prozent-Partei“ | |
Wir haben uns nicht breit genug aufgestellt, sagt Rick Falkvinge, Gründer | |
der schwedischen Piraten. Die wollen jetzt das Parteiprofil ändern. Ihr | |
Vorbild: Die deutschen Piraten. | |
Erfolg der Piraten in NRW: Ein bisschen „Chili“ im Landtag | |
Piraten im vierten Landesparlament: Spitzenkandidat Paul verspricht, dass | |
die Partei bald auch im Bundestag vertreten sein wird. Und DJ Dosenbier | |
übernimmt. | |
Piratin Julia Schramm: Die „Privilegienmuschi“ | |
Die Piratin Julia Schramm polarisiert. Obwohl sie kein Amt inne hat, ist | |
die 26-Jährige meinungsstark und in den Medien präsent – für einige Piraten | |
zu stark. | |
Frauen in der Piratenpartei: Progressiv? Ja! Postgender? Nö! | |
Die Piratenpartei stellt Ergebnisse einer parteiinternen Umfrage vor. Thema | |
– Gender. Das Ergebnis zeigt: In der Partei muss noch viel Aufklärung | |
geleistet werden. | |
CCC macht Entscheidung rückgängig: Domscheit-Berg zurück im Club | |
Erst raus, nun wieder rein: Der Chaos Computer Club hat den Rausschmiss von | |
Daniel Domscheit-Berg rückgängig gemacht. Ein anderer scheidet aus dem | |
Vorstand aus. | |
Gender-Debatte: Piraten wollen weiblicher sein | |
Die Piraten wollen mehr Frauen in der Partei. Eine Arbeitsgruppe soll jetzt | |
Abhilfe schaffen. Schnelle Änderungen sind allerdings nicht zu erwarten. |