# taz.de -- Gender-Debatte: Piraten wollen weiblicher sein | |
> Die Piraten wollen mehr Frauen in der Partei. Eine Arbeitsgruppe soll | |
> jetzt Abhilfe schaffen. Schnelle Änderungen sind allerdings nicht zu | |
> erwarten. | |
Bild: Das übliche Bild: Piratenparteitag im Januar in Neumünster | |
Die Piraten wollen etwas gegen ihr notorisches Frauendefizit tun. Einen | |
"Squad, der inhaltlich und mit einer Außenwirkung zu Genderthemen | |
arbeitet", verspricht der künftige frauenpolitische Sprecher der Fraktion, | |
Simon Kowalewski. "Squads" nennen die Piraten ihre Arbeitsgruppen. Bislang | |
gibt es unter anderem Gruppen zu den Themen Bildung und Antirassismus. | |
Spätestens mit dem Einzug ins Abgeordnetenhaus ist der Frauenmangel in der | |
Partei in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. Zwar gibt es keine genauen | |
Zahlen, wie viele Frauen Mitglieder sind, weil die Piraten anders als | |
andere Parteien die Erfassung des biologischen Geschlechts ablehnen und | |
beim Parteieintritt auch nicht abfragen. Dass das Verhältnis auch nur | |
annähernd ausgeglichen wäre, behauptet aber niemand. Auch alle Zahlen, die | |
es gibt, sprechen dagegen: Unter 15 Abgeordneten ist eine einzige Frau, und | |
in den Bezirksparlamenten sitzen über viermal so viele Piraten mit Männer- | |
als solche mit Frauennamen. | |
Die Gründung des Gender-Squads wäre für den Berliner Landesverband ein | |
Novum. Zwar hat die Bundespartei bereits mit den 2009 gegründeten AGs | |
"Frauen" und "Gender" feste Strukturen, um genderpolitische Themen zu | |
verankern, in Berlin ist das jedoch nicht der Fall. Auch der "Kegelclub", | |
eine informelle innerparteiliche Vereinigung, die Genderfragen diskutiert, | |
kümmert sich nicht ausschließlich um Berliner Themen. Der Versuch einer | |
Piratin vor zwei Jahren, eine eigene Mailingliste für Frauen als | |
geschützten Kommunikationsraum aufzubauen, scheiterte an Widerständen | |
innerhalb der Partei. | |
"Ich denke, es ist wichtig, eine offizielle Struktur zu schaffen, die sich | |
in der Partei mit diesen Themen beschäftigt", sagt Dorothee Scholz, die | |
sich an der Squad-Gründung beteiligt. Im Gegensatz zu informellen Treffen | |
könne eine feste Arbeitsgruppe kontinuierlicher zu bestimmten Zielen | |
arbeiten. Darüber hinaus sei die Gründung ein Zeichen nach außen, dass man | |
die Beteiligung von Frauen stärker fördern wolle. | |
Scholz ist selbst keine Piratin. "Ich glaube, es ist von Vorteil, dass ich | |
kein Mitglied bin, das könnte den kritischen Blick verstellen", sagt sie. | |
Beim Thema Geschlechterpolitik erkenne sie in der Partei "immer noch ein | |
Vakuum, auch wenn mittlerweile stärker wahrgenommen wird, dass es da ist". | |
Wie es zu diesem Vakuum kam, erklärt Julia Schramm vom "Kegelclub" so: | |
"Bislang waren einfach viele andere Sachen viel wichtiger und virulenter, | |
zum Beispiel Unterschriften sammeln, Plakate aufhängen, Wahlkampf machen, | |
dass man gar nicht so auf die Struktur geachtet hat." Schramm sieht die | |
Gründung positiv: "Der Squad kann inhaltlich ganz anders arbeiten, | |
beispielsweise auch Zuarbeit für die Fraktion im Abgeordnetenhaus leisten." | |
Laut Dorothee Scholz soll die Arbeitsgruppe unter anderem inhaltliche | |
Positionen für die Partei erarbeiten, Veranstaltungen organisieren, | |
Diskussionen anstoßen. "Die Mitglieder sind sich bewusst, dass sie sich mit | |
dem Thema auseinandersetzen müssen", glaubt Scholz. Sie rechne damit, dass | |
es dauere, bis sich in der Partei etwas verändert habe. "Solche Positionen | |
müssen von innen heraus entstehen, nur dann sind sie stabil." | |
Aus diesem Grund würde sie den Piraten auch gerade nicht zu einer Quote | |
raten: "Die würde im Moment nicht akzeptiert werden." Überhaupt sei das | |
Problem bei den Piraten derzeit nicht, dass von den vorhandenen Frauen zu | |
wenige auf Parteiämter gelangen würden, was eine Quote lösen könnte. Das | |
Problem liege vielmehr darin, Mechanismen zu schaffen, um mehr Frauen in | |
die Partei zu holen. Welche Mechanismen das sein könnten, das untersucht | |
derzeit der "Kegelclub" mit einer Umfrage unter Parteimitgliedern. | |
29 Jan 2012 | |
## AUTOREN | |
Svenja Bergt | |
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