# taz.de -- Creative Commons: Eine Gema für Freie | |
> Mit einer Verwertungsgesellschaft wollen Aktivisten der | |
> Offenen-Musik-Szene der Gema Konkurrenz machen. Auf der Konferenz Sigint | |
> stellten sie ihr Projekt vor. | |
Bild: Vorsicht, Gema hört mit! | |
KÖLN taz | Die Urheberrechtsdebatte ist schon seit Jahren verfahren, gerade | |
in letzter Zeit schlagen die Wellen immer höher. „Wir müssen verbal | |
abrüsten und wieder gegenseitig Respekt zeigen“, sagt Meik Michalke. Seine | |
Lösung ist ein neuer Ansatz, der eine Alternative zu immer restriktiveren | |
Urheberrechten bietet. „Wir wollen eine Form von Kompromiss, der das | |
nicht-kommerzielle Tauschen erlaubt, den Urhebern aber gleichzeitig eine | |
faire Vergütung zukommen lässt“. | |
Michalke ist seit Jahren in den Creative-Commons-Szene aktiv und hat | |
maßgeblich den OpenMusicContest mitgestaltet. Derzeit arbeitet er aber an | |
einem neuen Konzept: die Cultural Commons Collecting Society – kurz C3S. | |
Ausgangspunkt waren die Probleme, die Künstler in Deutschland hatten, wenn | |
sie ihre Werke unter freien Lizenzen veröffentlichen. So besteht die | |
Verwertungsgesellschaft Gema, die für viele Musiker einen nicht | |
verzichtbaren Teil ihres Einkommens bereitstellt, darauf, dass sie alle | |
Stücke unter konventionellen Lizenzen veröffentlichen. | |
Wer freie Musik veröffentlichen will, muss daher auf Gema-Einnahmen | |
verzichten – für viele Musiker ein zu schmerzlicher Schritt. Zudem komme es | |
durch die Vormachtstellung der Verwertungsgesellschaft zu teilweise | |
absurden Situationen. So erhalten Veranstalter selbst dann Rechnungen von | |
der Gema, wenn sie frei lizensierte Musik spielen – es sei denn, sie weisen | |
haarklein nach, dass die Musik gemafrei ist. | |
## Konkurrenz zur „Kulturwertmark“ | |
„Künstlerinnen sollen nicht-kommerzielles Kopieren ermöglichen, indem sie | |
freie Lizenzen wählen“, sagt Michalke. Um ihnen diese zu ermöglichen und | |
trotzdem nicht auf alle Einnahmen zu verzichten, will er mit seinen | |
Mitstreitern eine Konkurrenz zur Gema schaffen. Das ist laut Gesetz kein | |
Problem: Lediglich das Deutsche Patent- und Markenamt, das die juristische | |
Aufsicht über die deutschen Verwertungsgesellschaften hat, müsste der neuen | |
Verwertungsgesellschaft ihren Segen geben. | |
„Dafür müssen wir zeigen, dass wir tatsächlich Künstler vertreten“, erk… | |
Michalke. Deshalb sucht er derzeit Künstler, die sich von der neuen | |
Verwertungsgesellschaft vertreten lassen wollen. Zwar gebe es „interessante | |
Gespräche“, mehr will Michalke aber nicht verraten. Auch die | |
Anschubfinanzierung von 20.000 Euro wird noch gesucht. | |
Mit dem Vorschlag geht Michalke in Konkurrenz zum Konzept, das der Chaos | |
Computer Club vor einem Jahr selbst vorgeschlagen hat: Die Hacker wollen | |
mit der | |
[1][//taz.de/Streit-um-das-Urheberrecht-im-Netz/%2190672/%E2%80%9C:Kulturwe | |
rtmark] ein völllig neues Verwertungsmodell schaffen, bei dem die | |
Konsumenten Künstler in einer Kunstwährung, der „Kulturwertmark“ bezahlen. | |
Jeder Inhaber eines Internetanschlusses soll in einen Topf bezahlen, der | |
anschließend unter den Kreativen verteilt wird. Das Konzept sieht strenge | |
Regeln vor: Wenn ein bestimmter Höchstbetrag erreicht ist, sollen Werke | |
automatisch in den Besitz der Allgemeinheit, der Allmende, übergehen. | |
## CCC zu radikal | |
Für Michalke ist das Konzept zu radikal. „Im Prinzip müsste man das | |
Urheberrecht ganz neu schreiben, um alle Punkte des CCC-Konzepts | |
umzusetzen“, kritisiert er. Sein Modell hingegen sei schon heute ohne | |
Anpassungen des Urheberrechts umzusetzen. Dafür würde es aber nicht viele | |
Probleme lösen: Abmahnungen wegen des Tauschens von Stücken der heute | |
erfolgreichen Künstler wären immer noch illegal und von teuren Abmahnungen | |
bedroht. | |
CCC-Sprecherin Constanze Kurz begrüßt die Initiative dennoch: „Ich glaube, | |
dass wir gemeinsam neue Ideen entwickeln können.“ Die Kulturwertmark sei | |
nicht in Stein gemeißelt, zusammen mit Studenten arbeitet der Club gerade | |
an einer neuen Fassung des Konzepts. „Ich sehe das nicht dogmatisch“, sagt | |
Kurz, „die Kulturwertmark ist eine Blaupause zur konstruktiven Diskussion, | |
über die einzelnen Parameter kann man noch diskutieren.“ | |
Unter anderem suchen die Hacker auch einen griffigeren Namen, mit dem man | |
das Konzept für die Öffentlichkeit verständlicher machen kann. | |
20 May 2012 | |
## LINKS | |
[1] http://typo3/%E2%80%9Chttp | |
## AUTOREN | |
Torsten Kleinz | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Urheberrecht | |
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