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# taz.de -- Abmahnung bei CC-Lizenzen: Frei, nicht wurscht
> Fehler bei der Quellenangabe können teuer werden: Nutzer, die Fotos der
> Online-Wikipedia veröffentlichen, bekommen Probleme mit Abmahnanwälten.
Bild: Sowas kann zu Problemen führen.
BERLIN taz | Jens Myrau ist wütend: „Ich bin davon ausgegangen, dass ich
Texte und Bilder der Wikipedia, frei nutzen darf.“ Nun fordert ihn eine
Anwaltskanzlei auf, 1.000 Euro dafür zu zahlen.
Myrau ist Rentner und gibt als Hobby einen Online-Pressespiegel heraus. So
nennt er es selbst. Es sind Nachrichten, die ihn beschäftigen. Er schreibt
über die Riesenschildkröte „Lonesome George“, über die Auswirkungen einer
großen Dürre auf die US-Landwirtschaft oder über Weltraum-Archäologen. „I…
hatte einen Schlaganfall. Seitdem kann ich nicht so gut reden, da ist das
Schreiben ein wichtiger Weg, mich auszudrücken“, sagt der 65-Jährige.
Im April schrieb Myrau über Volker Kauder, den Vorsitzenden der
Unionsfraktion im Bundestag. Und illustrierte den Text mit einem Foto von
Kauder, das er aus der Wikipedia kopierte. Dabei gab er nicht die richtige
Quelle an. Für dieses Bild und zwei weitere schrieb ihm eine Kanzlei eine
Abmahnung: Er habe die Urheberrechte an den Bildern verletzt und solle
dafür nun eine Strafe zahlen.
## Ein häufiges Missverständnis
Mit diesem Problem ist Myrnau nicht allein: Foren sind voll von Bloggern,
die Fotos aus der Wikipedia auf ihrer Seite veröffentlichten und später
Abmahnschreiben von Anwälten bekamen. Meist ist deren Forderung berechtigt.
Der Grund dafür ist ein Missverständnis: Viele Nutzer gehen davon aus, dass
die in der Wikipedia verwendeten Bilder der Wikimedia-Stiftung und damit
irgendwie der Allgemeinheit gehören. Das ist aber falsch: Die Bilder
gehören den Künstlern. Die haben sie unter einer sogenannten
[1][Creative-Commons-Lizenzen] (CC-Lizenz) veröffentlicht. Im Falle der
Wikipedia heißt die genaue Lizenz [2][CC-BY-SA]. Die Lizenzen machen die
Bilder zwar öffentlich nutzbar – allerdings nur unter bestimmten
Bedingungen.
Bei vielen unter CC-Lizenz veröffentlichten Werken müssen der Name des
Fotografen und die Art der jeweiligen CC-Lizenz genannt werden. Genau das
hat Myrau nicht getan und so den Lizenzvertrag verletzt. Für Künstler ist
das ärgerlich: Sie können nur schwer abschätzen, ob es Absicht oder Unfall
war, und manche antworten mit einer Abmahnung. Oder aber eine
Anwaltskanzlei verschickt sie.
Doch Abmahnungen treffen oft Nutzer, die es einfach nicht besser wissen.
Das kritisiert auch Markus Beckedahl vom Blog Netzpolitik.org: „Jeder, der
das Internet aktiv nutzt und Medienkompetenz zeigt, begeht die ganze Zeit
Urheberrechtsverletzungen.“ Da sei das Recht einfach veraltet.
## Über 200.000 Abmahnungen im Jahr
Auf diesen mehr oder weniger unbewussten Rechtsverstößen hat sich eine
komplette Industrie aufgebaut. Laut einer Statistik des „Vereins gegen den
Abmahnwahn“ kam es in Deutschland 2011 zu 218.560 Abmahnungen, mit denen
insgesamt über 165 Millionen Euro gefordert wurden. „Bislang blieben aber
die CC-Lizenzen davon großteils verschont“, sagt Frauke Andresen, die als
Anwältin Opfer von Abmahnungen vertritt. Ein potenzieller Markt für
Abmahn-Kanzleien sei das aber auf jeden Fall.
700 Euro zahlen Abgemahnte im Schnitt für den Fehler, den sie gemacht
haben. Oft unabsichtlich. Ein Gesetz, das den Betrag auf 100 Euro begrenzt,
hat die Bundesregierung angekündigt, aber noch nicht beschlossen.
Jens Myrau hat aus seinem Fehler Konsequenzen gezogen: Eigentlich wollte er
bei der Wikipedia mitarbeiten. Darauf hat er nun keine Lust mehr.
10 Sep 2012
## LINKS
[1] http://de.wikipedia.org/wiki/Creative_Commons
[2] http://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0/
## AUTOREN
Rasmus Cloes
## TAGS
Schwerpunkt Urheberrecht
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Creative Commons
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