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# taz.de -- Putin besucht China: Die neue Seelenverwandtschaft
> Zu seinem ersten großen Staatsbesuch nach seiner Wiederwahl reist der
> russische Präsident Putin nach Peking. Er will ein Zeichen setzen. Und
> Gas verkaufen.
Bild: Dynamisch gen Osten: Putin kommt in Peking an.
PEKING taz | Auf der ersten Auslandsreise seiner dritten Amtszeit besucht
Wladimir Putin zunächst den Nachbarn Weißrussland. Das gehört sich für
einen russischen Präsidenten. Seine zweite und dritte Reise unternahm er am
Freitag immerhin nach Deutschland und Frankreich, auch wenn es mit jeweils
wenigen Stunden nur Stippvisiten waren. Sein eigentlicher großer
Antrittsbesuch beginnt am Dienstag – in China.
Drei Wochen nach seinem Wiedereinzug in den Kreml setzt Putin damit bewusst
neue außenpolitische Akzente. Nicht mehr um die USA buhlt er wie noch vor
10 Jahren, als er den damaligen US-Präsidenten George W. Bush als seinen
„Seelenverwandten“ bezeichnete. Und auch in den Europäern sieht er nicht
mehr die ganz wichtigen Partner. Er setzt auf die immer mächtiger werdende
Volksrepublik.
In erster Linie geht es bei dem Besuch in Peking um Energie. Und allein das
Thema dürfte Russlands Strategie in der Außen- und Wirtschaftspolitik
bereits verändern. War bisher Europa Russlands größter Absatzmarkt für
seine enormen Gasvorkommen, sucht Moskau angesichts der anhaltenden
Schuldenkrisen der Europäer nun nach neuen Absatzmärkten. Und da bietet
sich das nach Energiequellen lechzende China an. Der Vorteil aus russischer
Sicht: Anders als von den EU-Ländern und den USA muss sich Putin von den
Chinesen keine Belehrungen über Demokratie und Menschenrechte anhören.
Doch sind auch die Gespräche zwischen Moskau und Peking nicht einfach. Um
das hohe Wirtschaftswachstum aufrechtzuerhalten, bezuschusst Chinas
Regierung die Energiepreise im eigenen Land. Auch deshalb ist sie daran
interessiert, schon beim Einkauf günstige Preise zu erzielen. Die
ehemaligen Sowjetrepubliken Zentralasiens deckten bisher Chinas Bedarf.
Doch langsam reicht die Menge nicht mehr aus. Russland hingegen will sein
Gas zu ähnlich hohen Preisen verkaufen, wie die Europäer bislang zu zahlen
bereit waren. „Ja, wir werden hart verhandeln“, kündigte der russische
Botschafter in Peking, Sergej Rasow, an.
## Beide wollen eine multipolare Weltordnung
In anderen Fragen sind sich China und Russland sehr viel einiger. Beide
stehen für eine multipolare Weltordnung und lehnen Einmischungen von außen
in innere Angelegenheiten ab. Was die Auseinandersetzungen über Syrien und
Iran betrifft, wollen sie im UN-Sicherheitsrat auch künftig entsprechende
Resolutionen des Westens blockieren. „Beide sind zwar gegen eine atomare
Aufrüstung des Iran“, sagt Jia Qingguo, Politologe an der
Peking-Universität. Doch seien sie sich einig, dass sie einen Militärschlag
des Westens ablehnen. Diese Haltung schweißt China und Russland zusammen.
Doch auch das nur bis zu einem gewissen Punkt. Nach wie vor ist vor allem
auf russischer Seite das Misstrauen gegen China groß. Wenn es etwa um
Waffenhandel geht, achtet Moskau tunlichst darauf, dass nicht die
allerneueste russische Waffentechnik nach Peking gelangt. Bei
Waffenverkäufen an die Inder seien die Russen viel großzügiger, so
Politologe Jia. Der Außenpolitikexperte spricht von „strategischem
Misstrauen“.
Direkt nach dem russisch-chinesischen Gipfel werden Putin und Chinas
Präsident Hu Jintao am 6. und 7. Juni ebenfalls in Peking am Treffen der
Schanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SCO) teilnehmen. Zu diesem
kommen auch die Staatschefs von Kasachstan, Kirgisien und Usbekistan. Das
seit 2001 bestehende Bündnis hat sich bisher vor allem mit
Grenzstreitigkeiten seiner Mitgliedsstaaten beschäftigt.
Künftig will sich dieser bisher als Regionalbündnis definierte
Zusammenschluss stärker weltpolitischen Themen zuwenden. Die Chinesen als
Gastgeber machen einen Anfang: Sie haben auch Irans Präsidenten Mahmud
Ahmadinedschad eingeladen.
5 Jun 2012
## AUTOREN
Felix Lee
## TAGS
Schwerpunkt Syrien
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