# taz.de -- Finanzkrise in Spanien: Suche nach Notlösungen | |
> Madrid bekommt seine Bankenkrise nicht in den Griff und ruft nach Hilfe. | |
> Während sich die Lage verschlimmert, streiten Politiker in Berlin und | |
> Brüssel über die richtige Therapie. | |
Bild: Fallende Kurse an der Börse in Madrid. | |
BRÜSSEL taz | Die Eurokrise in Spanien wird immer bedrohlicher. Am Dienstag | |
räumte der spanische Finanzminister Cristóbal Montoro erstmals Probleme bei | |
der Kreditbeschaffung an den Kapitalmärkten ein. „Die Tür zum Markt ist | |
zu“, sagte er. Als Hauptursache gilt neben steigenden Kreditzinsen die | |
Bankenkrise, die Spanien seit dem Platzen einer Immobilienblase plagt. | |
Seither sitzen viele Banken auf faulen Krediten und brauchen dringend | |
frisches Geld. Allein die kürzlich verstaatliche Sparkasse Bankia benötigt | |
24 Milliarden Euro an frischem Kapital. | |
Insgesamt liegt der Kapitalbedarf des maroden spanischen Finanzsektors je | |
nach Schätzung zwischen 40 und 100 Milliarden Euro. Da die Anleger | |
misstrauisch geworden sind, können sich die Banken das Geld nicht wie | |
üblich am Kapitalmarkt besorgen. | |
Spanien setzt nun auf Hilfe von außen. Bereits beim EU-Sondergipfel vor | |
zehn Tagen fühlte Regierungschef Mariano Rajoy bei den Staats- und | |
Regierungschefs und bei der Europäischen Zentralbank (EZB) vor. Damals | |
ließen ihn die Chefs abblitzen. | |
## Zinsen steigen an | |
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) erklärte, sie vertraue darauf, dass | |
Rajoy die Probleme allein lösen könne. Doch seither hat sich die Krise | |
verschlimmert. Spanische und ausländische Anleger ziehen ihr Geld ab, die | |
Märkte fordern immer höhere Zinsen für spanische Staatsanleihen. | |
Derzeit liegen sie mit 6,5 Prozent nur knapp unter der Schwelle von 7 | |
Prozent, ab der die „Todeszone“ beginnt: danach wird es zu teuer, sich an | |
den Kapitalmärkten Geld zu leihen. | |
Deshalb hat die Suche nach Notlösungen begonnen. Denkbar wäre, maroden | |
Banken mit Krediten aus dem Eurorettungsschirm aus der Patsche zu helfen. | |
Auch die EZB könnte den Banken zur Seite springen. Neuerdings wird gar über | |
eine „Bankenunion“ mit gemeinsamen Einlagesicherungen und gegenseitiger | |
Nothilfe diskutiert. | |
Rajoy würde eine schnelle und gezielte Hilfe bevorzugen. Denn die | |
Bankenunion ist bisher nur eine ferne Vision; es wird noch Monate, wenn | |
nicht Jahre dauern, bis sie funktioniert. | |
## Merkel stellt sich quer | |
Eine Flucht unter den Eurorettungsschirm hätte hingegen den Nachteil, dass | |
Spanien dann unter internationale Aufsicht gestellt würde – und wie | |
Griechenland mit drastischen Spar- und Reformauflagen rechnen müsste. | |
Außerdem hat bisher noch kein Land unter Aufsicht der Euro-„Retter“ die | |
Rückkehr an den Markt geschafft. | |
Doch Merkel stellt sich quer. Sie lehnt es ab, nach überschuldeten Staaten | |
nun auch noch wankende Banken zu retten. Die Kanzlerin will auch keine | |
Bankenunion mit gegenseitiger Haftung. Stattdessen brachte sie die für | |
Spanien schmerzhafteste Lösung ins Gespräch: Madrid solle den | |
Offenbarungseid leisten und sich unter den Eurorettungsschirm flüchten. | |
Die Spanier lehnen das strikt ab. „Eine Rettung Spaniens ist technisch | |
unmöglich“, warnt Montoro: dafür sei sein Land – immerhin die viertgröß… | |
Volkswirtschaft der Eurozone – viel zu groß. Streng genommen wäre sie auch | |
unnötig: Die Gesamtverschuldung liegt in Spanien trotz Bankenkrise | |
niedriger als in Deutschland. | |
5 Jun 2012 | |
## AUTOREN | |
Eric Bonse | |
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