# taz.de -- Spanien und der EU-Rettungsschirm: Geld bitte nur an die Banken | |
> Spanien schlittert immer tiefer in die Krise. Die Regierung will aber | |
> nicht unter den EU-Rettungsschirm – sondern Geld direkt für die Banken. | |
> Das ist so nicht vorgesehen. | |
Bild: Haben inzwischen ein eher schmuddeliges Image: Spanische Banken wie die C… | |
MADRID taz | „Wir bereiten nichts vor, wir haben einen Fahrplan“, sagt | |
Spaniens Wirtschaftsminister Luis De Guindos – und dementiert damit die | |
Gerüchte, dass sein Land schon bald unter den EU-Rettungsschirm schlüpfen | |
könnte. Der Konservative war am Mittwoch durch die EU-Verwaltung in Brüssel | |
getourt. | |
„Ich habe keinerlei Intervention für das spanische Bankensystem | |
besprochen“, beteuerte er danach. Er wolle zunächst den Bericht des | |
Internationalen Währungsfonds abwarten, dessen Emissäre diese Woche | |
routinemäßig in Spanien weilen. Außerdem hat die spanische Regierung | |
private ausländische Beraterfirmen beauftragt, den Zustand der spanischen | |
Banken und Sparkassen zu durchleuchten. | |
Denn Anfang Mai musste das viertgrößte Finanzinstitut Bankia – ein | |
Zusammenschluss aus sieben Sparkassen unter Leitung der hauptstädtischen | |
Caja Madrid – teilverstaatlicht werden. 4,5 Milliarden Euro kostete das. | |
Weitere 19 Milliarden könnten nötig sein, um Bankia wieder flottzumachen. | |
Die restlichen Banken und Kassen, die ebenfalls unter toxischen Aktivposten | |
aus der geplatzten Immobilienblase leiten, könnten je nach Schätzung | |
zwischen 50 und 90 Milliarden Euro kosten. | |
Zudem stürzt die spanische Wirtschaft ab. Die Industrieproduktion sank im | |
April im Jahresvergleich um 8,3 Prozent, wie die spanische Statistikbehörde | |
am Mittwoch mitteilte. Die Rezession führt dazu, dass immer mehr Spanier | |
ihre Kredite nicht zurückzahlen und die Banken in neue Schwierigkeiten | |
geraten. | |
Spanien hat jedoch kein Geld, um seine Banken zu retten. Denn auf den | |
Finanzmärkten kann das Land keine Kredite mehr aufnehmen, wie | |
Finanzminister Cristóbal Montoro am Dienstag zugab. Die Zinsen sind zu | |
hoch: Für zehnjährige Staatsanleihen liegen sie bei über 6 Prozent. | |
Bleibt also nur der europäische Rettungsschirm, den die Regierung Rajoy | |
jedoch nicht anzapfen will. Denn damit würde er sein Scheitern nach nur | |
sechs Monaten im Amt eingestehen. Neuwahlen könnten die Folge sein. Deshalb | |
pokert Madrid mit hohem Einsatz. Rajoy will, dass Europa den angeschlagenen | |
Banken direkt Geld gibt. | |
## Deutschland leistet Widerstand | |
Bisher ist jedoch in den Statuten nicht vorgesehen, dass die | |
Rettungsschirme Hilfskredite direkt an die Banken vergeben. Zudem leistet | |
die deutsche Regierung erbitterten Widerstand. Am Mittwoch wurde in Berlin | |
erneut betont: „Die Prinzipien sind klar: Der Antrag muss von einer | |
Regierung gestellt werden, diese Regierung haftet, und sie nimmt Auflagen | |
für die Gewährleistung von Hilfe in Kauf.“ | |
Doch Spanien hat gewichtige Argumente. Das Land ist mit 12 Prozent der | |
Wirtschaftsleistung die viertgrößte Volkswirtschaft der Eurozone. „Die | |
Gläubiger sind diejenigen, die am stärksten daran interessiert sind, dass | |
in Spanien alles gut geht. Denn sie wollen die Schulden komplett | |
wiederhaben“, warnte Montoro die internationalen Investoren. | |
Es mag nach Erpressung klingen, und an die Jahre der Regierung unter dem | |
ebenfalls Konservativen José María Aznar erinnern, der Europa immer wieder | |
mit einem Veto drohte. | |
Unterstützung kommt aus Frankreich: Präsident François Hollande kann der | |
Idee seiner südlichen Nachbarn durchaus etwas abgewinnen. Er weiß: Stürzt | |
Spanien, folgt Italien, und bis zu Frankreich ist es dann nicht mehr weit. | |
Die europäische Gerüchteküche hat bereits einen Kompromiss parat: Brüssel | |
könnte Gelder an den spanischen Bankenrettungsfonds FROB zahlen. Dies wäre | |
eine nationale Institution, die dem spanischen Staat untersteht, doch das | |
Land müsste nicht unter den Rettungsschirm. | |
6 Jun 2012 | |
## AUTOREN | |
Reiner Wandler | |
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