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# taz.de -- Spanien bittet um Hilfe bei der Bankenkrise: Ein bisschen unterm Sc…
> Die Eurogruppe stellt bis zu 100 Milliarden Euro für die spanischen
> Banken bereit. Für die spanische Regierung ist das Hilfsgesuch ein
> schwerer Schlag.
Bild: Spaniens Wirtschaftsminister Luis De Guindos muss nun die vierte Finanzre…
MADRID taz | Europa gewährt Spanien Finanzhilfe. Dies ist das Ergebnis
einer fast drei-stündigen Videokonferenz der Wirtschafts- und
Finanzminister der 17 Staaten der Eurogruppe am Samstag Nachmittag. Für den
angeschlagenen Bankensektor des südeuropäischen Landes werden bis zu 100
Milliarden Euro bereitstehen.
Wenige Minuten nach der Konferenz bestätigte der spanische
Wirtschaftsminister Luis de Guindos in Madrid offiziell das Hilfegesuch.
„Spanien will seinen Beitrag zur Stabilität der einheitlichen Währung
leisten“, erklärte er auf einer Pressekonferenz.
„Der beantragte Betrag wird die Notwendigkeiten decken und einen
ausreichenden Sicherheitsrahmen beinhalten“, erklärte De Guindos. Eine
detaillierte Untersuchung durch zwei von der spanischen Regierung
beauftragte, private Beraterfirmen werde in der zweiten Monatshälfte den
endgültig notwendigen Betrag erbringen. Der Internationale Währungsfonds
(IWF), dessen Direktorin Christine Lagarde ebenfalls an der Konferenz
teilnahm, geht davon aus, dass 40 Milliarden Euro ausreichen könnten, um
die Finanzinstitute, die unter toxischen Aktivposten aus der geplatzten
Immobilienblase leiden, mit Liquidität zu versorgen.
In der Nacht zum Samstag hatte der IWF überraschend seinen eigentlich erst
für Montag erwarten Bericht über den Zustand des spanischen Finanzwesens
vorgelegt. Laut dem 76-seitigen Dokument, Ergebnis einer ausführlichen
Studie in den vergangenen Monaten, braucht Spanien im besten Falle 23
Milliarden Euro, um den angeschlagenen Finanzsektor zu sanieren. Im
schlechtesten Fall könnten es 40 Milliarden sein. Das entspricht rund vier
Prozent des spanischen BIP.
## Es könnte doppelt so viel werden
Darin sind allerdings Kosten für eine Reform und eventuelle
Umstrukturierung oder gar Abwicklung von Banken und Sparkassen ebenso wenig
eingerechnet, wie zusätzliche Kosten für faule Kredite. Der Betrag könnte
dann 1,5 bis 2 Mal so hoch ausfallen. „Es ist besser den Betrag zu hoch
anzusetzen, als zu niedrig“, erklärt Ceyla Pazarbasioglu, Subdirektorin der
IWF-Abteilung für Monetäre Märkte und Kapitalmärkte. Die Euro-Gruppe hat
dem Rechnung getragen.
Die gute Nachricht, die die Regierung Rajoy nicht müde wurde, den ganzen
Tag über zu wiederholen, lautet: „Der Kern des Finanzsystems scheint solide
zu sein.“ Nur 30 Prozent der spanischen Finanzinstitute hätten, so
Pazarbasioglu, den Stresstest nicht bestanden. Die Reformen, mit der die
Regierung den Banken zunehmend mehr Rücklagen für die vergebenen Kredite
auferlegt hat, gingen in die richtige Richtung.
Wirtschaftsminister De Guindos muss nun die vierte und hoffentlich
definitive Finanzreform seiner nur halbjährigen Amtszeit vornehmen. Bereits
am Freitag kündigte der Mann, der einst die Bankrottbank Lehman Brothers
auf der iberischen Halbinsel vertrat, weitere noch größere Rücklagen für
die Kreditinstitute an.
Die EU-Gelder werden an den spanischen Bankenrettungsfonds FROB ausgezahlt.
Das ist mit der Auflage, den Finanzsektor zu sanieren, verbunden. Erstmals
wird vom Euro-Rettungsfonds gezielt der Bankensektor eines Landes gestützt.
Spanien, das bis zum Schluss gepokert hatte, um nicht als gesamtes Land
unter den Rettungsschirm schlupfen zu müssen, ist damit nach Griechenland,
Irland und Portugal das vierte Euro-Mitglied, das nicht mehr alleine aus
der Krise weiß.
## Rajoy fährt trotzdem zur EM
Vor der Telefonkonferenz hatte der spanische, konservative
Ministerpräsident Mariano Rajoy den sozialistischen Oppositionschef Alfredo
Pérez Rubalcaba über seine Plänen informiert. Dieser hielt sich
erwartungsgemäß mit Kritik zurück. Rajoy trat ebenfalls nicht vor die
Presse. Er reist stattdessen unbeeindruckt von den Entwicklungen zur
Fußball-EM nach Polen.
Das Problem sind vor allem die Sparkassen. Sie wurden 2010 von der
damaligen sozialistischen Regierung zu Fusionen gezwungen. Doch aus
mehreren angeschlagenen Sparkassen wird auch nach einen Zusammenschluss
kein gesundes Geldinstitut. Das deutlichste Beispiel ist Bankia. Alleine
die Fusion aus sieben Kassen rund um die hauptstädtische Caja Madrid könnte
19 Milliarden Euro verschlingen. Die beiden größten Sparkassen im Verbund,
die aus Madrid und die aus Valencia, haben beim Immobilienboom ganz oben
mitgezockt. Wie viel für jede einzelne nötig sein wird, muss ein Bericht
zweier unabhängiger, privater Beraterfirmen zeigen, der für die zweite
Monatshälfte erwartet wird.
Für die spanische Regierung ist das Hilfsgesuch ein schwerer Schlag. Die
Konservativen hatten einen Gang nach Brüssel immer wieder ausgeschlossen.
Noch vor wenigen Tagen beteuerte Rajoy: „Es wird kein Rettungsgesuch für
die Banken geben.“ Deshalb versuchten die Konservativen das gesamte
Wochenende die Finanzhilfe herunterzuspielen. Der Fall Spanien sei mit
Griechenland, Portugal und Irland nicht vergleichbar. Als Erfolg führen sie
an, erreicht zu haben, dass das Land als solches nicht unter den
Rettungsschirm muss und somit keine neuen makro-ökonomischen Auflagen
fällig werden. Diese harte Kürzungen freilich hat Spanien bereits im Vorab
erfüllt. Die Niederlande, die kurz vor Wahlen stehen, und das europamüde
Finnland hatten sich bis zu Schluss gegen einen Sonderbehandlung Spaniens
gewehrt.
Jetzt warten alle gespannt auf die Reaktion der Märkte am Montag früh.
Nachdem die Ratingagentur Fitch am Freitag Spanien um drei Noten abgestuft
hat, kündigte wenige Stunden vor der EU-Telefonkonferenz Moody's an, ein
Rettungsgesuch würde zu einer schlechteren Note führen. Der Risikozuschlag
für Spanien liegt seit zwei Wochen bei um die 500 Punkten.
9 Jun 2012
## AUTOREN
Reiner Wandler
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