# taz.de -- Spanische Medien: In Massen entlassen | |
> In Spanien könnten bald tausende Journalisten arbeitslos sein, weil | |
> öffentliche Rundfunksender privatisiert werden. Ministerpräsident Rajoy | |
> greift auch in Führungsgremien ein. | |
Bild: Mariano Rajoy rettet nur die Banken – die Pressevielfalt lässt er fahr… | |
MADRID taz | Die Sparwut in Spanien hat die öffentlichen TV- und | |
Radiosender erreicht. Beim staatlichen Radio Televisión Española (RTVE) | |
wird ebenso reduziert wie bei den regionalen Sendern. Ein neues Gesetz der | |
konservativen Regierung unter Mariano Rajoy ermöglicht es, Sendeanstalten | |
zu privatisieren. Mehrere Regionen haben bereits angekündigt, dies auch | |
umzusetzen. Tausende Mitarbeiter fürchten nun um ihren Job. | |
Bei RTVE, der neben zwei Fernsehsendern und mehreren Themenkanälen ein | |
breites Angebot an Radioprogrammen unterhält, werden im kommenden Jahr 37 | |
Prozent (204 Millionen Euro) der staatlichen Zuschüsse gestrichen. Zusammen | |
mit einem Gesetz, das den Sendern bereits in der vergangenen | |
Legislaturperiode das Recht entzog, Werbung auszustrahlen, macht diese | |
Entscheidung einen weiteren Sendebetrieb auf hohem Niveau unmöglich. | |
„Wo genau sie das Geld einsparen wollen, ist noch nicht klar“, erklärt die | |
Nachrichtensprecherin und Mitglied im Betriebsrat bei RTVE, Ana Molano. Sie | |
befürchtet allerdings, dass es auf Kosten des Personals geht. „Denn der | |
Haushalt für den Sendebetrieb steht bereits für das gesamte Jahr fest. Da | |
kann nicht weiter gespart werden.“ Bleiben die 6.000 Beschäftigten. Zehn | |
Prozent davon haben nur einen Zeitvertrag. | |
„Mit der neuen Arbeitsgesetzgebung, die von der Regierung Rajoy eingeführt | |
wurde, sind sie ganz leicht zu entlassen“, befürchtet Molano, die auch | |
Mitglied von Spaniens größter Gewerkschaft, der unabhängigen CCOO, ist. | |
In der kommenden Woche wird die neue Geschäftsführung ihr Amt einnehmen. | |
Sie ist erstmals seit 2006 wieder vollständig regierungshörig. Rajoy hat | |
auch hier das Gesetz reformiert. Statt dass im parlamentarischen Konsens | |
ein Geschäftsführer gesucht werden muss, kann dieser jetzt durch absolute | |
Parlamentsmehrheit ernannt werden. Rajoys Volkspartei (PP) verfügt über | |
diese und hat einen engen Vertrauten durchgesetzt. Die Moderatoren, die | |
nicht mit den Konservativen sympathisieren, bangen um ihre Jobs. | |
## Regionen kündigen Massenentlassungen an | |
Die Präsidentin der Region rund um die Hauptstadt Madrid, Esperanza | |
Aguirre, macht sich zur Sprecherin von drei konservativen | |
Regionalregierungen. Madrid, Valencia und Castilla – La Mancha kündigten | |
an, ihre Sender per Massenentlassungen zu sanieren. Zu hoch verschuldet | |
seien die Anstalten. | |
In Valencia werden 1.000 der 1.800 Mitarbeiter entlassen, und der | |
Betriebsrat bei Telemadrid befürchtet, dass die Hälfte der 1.200 | |
Beschäftigten durch die Sparmaßnahmen das gleiche Schicksal ereilen wird. | |
„Als Aguirre 2003 die Regierung übernahm, war die Sendeanstalt völlig | |
gesund“, rechnet die zweitgrößte Gewerkschaft Spaniens, die sozialistische | |
UGT, in einer Untersuchung zu Telemadrid vor. 17,1 Prozent der Zuschauer in | |
der Region schalteten ihren Landessender ein. Heute sind es noch 6,4 | |
Prozent. Sinkende Einschaltquoten führen zu sinkenden Werbeeinnahmen. | |
Der Grund für diese Entwicklung: Der Sender wurde nach und nach zum | |
politischen Sprachrohr der Landesregierung. „Umfragen zeigen, das sieben | |
von zehn Madridern der Meinung sind, es handle sich um einen parteiischen | |
Sender“, beschwert sich die UGT. | |
19 Jun 2012 | |
## AUTOREN | |
Reiner Wandler | |
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