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# taz.de -- Rassistische Proteste in Leipzig: Kein Asyl in meiner Nachbarschaft
> In Leipzig sollen Asylsuchende über die Stadt verteilt in kleinen
> Unterkünften wohnen. Doch die Leipziger haben Angst vor ihren künftigen
> Nachbarn und protestieren.
Bild: Deutsche Kratzbürstenspießer in Leipzig entwickeln Stacheln, wenn es um…
LEIPZIG taz | Eigentlich verfolgt der Leipziger Sozialbürgermeister humane
Ziele. Mit seinem Konzept zur dezentralen Unterbringung von Asylbewerbern
geht Thomas Fabian (SPD) über das rückständige sächsische Landesrecht
hinaus.
Auch der Landesausländerbeauftragte Martin Gillo (CDU) spricht von einem
„hundertprozentig richtigen Ansatz“. Dennoch regt sich ausgerechnet in der
Bürgerschaft Leipzigs, das sich gern als weltoffene Stadt toleranter Bürger
sieht und seit 1989 den Nimbus der „Heldenstadt“ pflegt, Widerstand.
Fabians Konzept sieht vor, zwei große Wohnblöcke auf der Torgauer Straße zu
schließen. Der „Heim-TÜV“ des sächsischen Ausländerbeauftragten lobte z…
die Betreuungsverhältnisse in den beiden großen Leipziger
Asylbewerberunterkünften Grünau und Schönefeld-Ost. Der Standort Torgauer
Straße fiel aber wegen seines üblen baulichen Zustandes durch. Die mehr als
200 Bewohner sollen auf sieben Unterkünfte verteilt werden. Sechzig Prozent
der Asylbewerber in Leipzig sind bereits dezentral untergebracht.
Insbesondere in den kleinbürgerlichen Vororten Wahren und Portitz formieren
sich dagegen Bürgerinitiativen. Sozialbürgermeister Fabian wird bei
Einwohnerversammlungen niedergebrüllt. An kirchlichen Feiertagen werde
„orientalische Musik abgeleiert“, man befürchtet Straßenmüll, Drogen und
sinkende Grundstückspreise.
Schon mischt auch die rechtsextreme NPD beim „Volkszorn“ in den Stadtteilen
mit. Chefpropagandist Jürgen Gansel ruft zum „kreativen Widerstand“ auf.
Dagegen formiert sich wiederum eine „AG Dezentralisierung“. „Alles in all…
mischen sich Unwissenheit, Ängste, Rassismus und ein
sozialdarwinististisches Denken, wonach Arme und Sozialschwache per se eine
Gefahr darstellen“, sagt deren Sprecher Detlef Holz.
## Die Grenze der Diskussion
Linken-Stadträtin Juliane Nagel äußert ein gewisses Verständnis für die
Proteste, schließlich seien die Einwohner nicht rechtzeitig informiert und
einbezogen worden. Grenzen der Debatte sieht sie allerdings dort gezogen,
„wo Menschen stigmatisiert und diskriminiert werden“.
Der Ausländerbeauftragte Gillo hat sich als Vermittler angeboten. Das Thema
eigne sich überhaupt nicht zu parteipolitischen Zwecken, warnt er mit Blick
auf den anstehenden Oberbürgermeister-Wahlkampf.
Inzwischen hat der Stadtrat seine Entscheidung über das Konzept auf den 18.
Juli verschoben. Ursprünglich sollte an diesem Mittwoch darüber abgestimmt
werden. SPD, Linke und Grüne haben im Stadtrat einen wesentlichen
Änderungsantrag eingebracht. Er sieht die weitere Verkleinerung von
Standorten vor, denn einige Quartiere überschreiten das eigentlich
vorgegebene Limit von fünfzig Personen und tragen nach wie vor den
Charakter von Gemeinschaftsunterkünften.
Ab diesem Mittwoch nun will das Bundesverfassungsgericht die Geldleistungen
für Asylbewerber und geduldete Ausländer überprüfen. Die seit 1993
unveränderten Sätze liegen rund 40 Prozent unter denen von
Hartz-IV-Empfängern.
19 Jun 2012
## AUTOREN
Michael Bartsch
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