# taz.de -- Thüringer Landkreise: Mit Asylbewerbern Gewinne erzielt | |
> Mehrere Thüringer Landkreise haben Geld eingesackt, das für Asylsuchende | |
> bestimmt war. Und dabei erfüllen die Heime für Flüchtlinge nicht einmal | |
> Mindeststandards. | |
Bild: Schon das Leben in einem Flüchtlingsheim, das alles Standards erfüllt, … | |
DRESDEN taz | In Thüringen sparen Landkreise an den Landespauschalen für | |
Flüchtlinge und führen die erzielten Überschüsse ihren Haushalten zu. | |
Diesen Skandal [1][deckte jetzt der Mitteldeutsche Rundfunk auf]. | |
Ein Beispiel ist der Wartburgkreis. Obschon dort das einzige | |
Asylbewerberheim in Gerstungen nicht mal die Mindestbedingungen für den | |
Betrieb erfüllt, sparte der Kreis zwischen 2004 und 2007 etwa 800.000 Euro | |
an Kosten für Gebäude, Betreuung und Personal. Zuvor hatte das | |
Landesverwaltungsamt bereits „grobe Verstöße“ beim baulichen Zustand und | |
beim Brandschutz festgestellt. | |
Nach dem seit 1999 geltenden Thüringer Flüchtlingsaufnahmegesetz erhalten | |
Landkreise und kreisfreie Städte vom Freistaat monatliche | |
Kostenerstattungen von 177 Euro für die Unterbringung, 24,45 Euro für die | |
Betreuung und 272 Euro für sonstige Kosten, die für jeden aufgenommenen | |
Flüchtling entstehen. Die Höhe der Pauschalen muss alle zwei Jahre geprüft | |
werden. Abrechnung und Rückzahlungspflicht sind hingegen nicht vorgesehen. | |
Auch das Altenburger Land, der Kyffhäuserkreis und der | |
Unstrut-Hainich-Kreis haben nach Angaben des Landesverwaltungsamtes mit | |
Asylbewerbern Gewinne erzielt. Die beiden letztgenannten Kreise bestätigten | |
mehrjährige Überschüsse von jeweils etwa 170.000 Euro. | |
## „Unglaublicher Missstand“ | |
Nicole Gehret, parteilose Sozialdezernentin des Wartburgkreises, will die | |
Vorwürfe nun prüfen. Als einen „unglaublichen Missstand“ geißelte Petra | |
Albert, Migrationsbeauftragte der Evangelischen Kirche Mitteldeutschland, | |
die Tatsache, dass Landkreise auf Kosten von Migranten Haushaltslöcher | |
stopfen. | |
Zum Weltflüchtlingstag hatte die Landtagsfraktion der Thüringer Grünen | |
bereits die überwiegende Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften, | |
Abschiebungen und die Praxis der Verpflegungsgutscheine kritisiert. Astrid | |
Rothe-Beinlich, die migrationspolitische Sprecherin der | |
Grünen-Landtagsfraktion, fordert Konsequenzen für die Verantwortlichen. „Es | |
kann nicht sein, dass einige Landkreise sich an der Unterbringung von | |
AsylbewerberInnen bereichern, während diese in desolaten | |
Gemeinschaftsunterkünften oder Sammellagern unterhalb des Existenzminimums | |
leben müssen“, sagt sie der taz. | |
Statt wirksame Rahmenbedingungen für Flüchtlinge zu schaffen, habe die | |
Landesregierung dafür gesorgt, dass in Thüringen ein | |
„flüchtlingsfeindliches Klima“ herrsche. „Wer angesichts solcher Zustän… | |
von Willkommenskultur in Thüringen redet, macht sich lächerlich.“ | |
21 Jun 2012 | |
## LINKS | |
[1] http://www.mdr.de/thueringen/asylbewerber104.html | |
## AUTOREN | |
Michael Bartsch | |
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